Kommentar
21:50 Uhr, 18.05.2009

Ein Schritt näher an der Inflation – und das ist gut so!

Sehr geehrte Privatanleger, nachdem, ab Herbst 2008, die Staaten Konjunktur- und Stützungspro­gramme in nie dagewesener Höhe aufgelegt haben, können wir etwas besser sehen, wohin die Krise geht. In „Der Crash kommt“ sprach ich davon, dass sowohl eine deflationäre als auch eine inflationäre Krise möglich seien und dass es von Kleinigkeiten abhänge, was passieren werde.

Soviel vorab: Die große, deflationäre Krise wie 1929 schließe ich mittler­weile fast aus. Zu viel Geld ist in die Weltwirtschaft gepumpt worden, zu sehr war diese Gefahr den Staaten bewusst. Diesbezüglich werde ich mich auch am Freitag in der 3Sat-Börse äußern. Das heißt aber nicht, dass die Staaten die Wirtschaft beliebig steuern können. Wenn die Konsum- und Investitionsnachfrage nicht anspringt, könnten wir in eine schleichende Depression rutschen, wie dies in Japan nach 1990 der Fall war. Das andere Szenario ist eine scharfe Rezession und dann Inflation.

Nun sind wir der Inflation einen Schritt näher und das ist gut so!

Die amerikanische Federal Reserve und die Bank of England haben „unkonventionelle Methoden der Geldpolitik“ angewandt, indem sie Staatsanleihen direkt vom Staat und nicht über den Markt gekauft haben. Das ist die klassische „Gelddruckmaschine“ unter Ausschaltung einer Marktbewertung der Staatsanleihen. Nun kündigte die europäische Zentralbank an, dass sie für 60 Milliarden Euro Pfandbriefe kaufen will. Damit ver­hält sie sich fast wie eine Geschäftsbank. Zwar sind die Käufe, anders als bei der Fed und der Bank of England, „sterilisiert“, das heißt, sie werden keine Auswirkungen auf die Geldmenge haben. Aber überall sieht man, mit welch massiven Mitteln die Notenbanken versuchen, die Inflation in Gang zu bekommen.

In dieser Situation, in der als Alternative Depres­sion und Lohndeflation drohen, scheint mir dies eindeutig das geringere Übel. Bei der Deflation zahlen Schuldner drauf sowie Unternehmen und Menschen im besten Berufsalter. Bei der Inflation zahlen die Besitzer von Geldvermögen sowie Rent­ner und Pensionäre. Unter Geldvermögen verstehe ich: Spar- und Termineinlagen, Anleihen, Lebens­ver­sicherungen und Rentenansprüche. Immobilien, Gold, Aktien und die eigene Arbeitskraft sind Realvermögen.

Wenn das Inflationsszenario eintritt, werden alte Schulden abgewertet, und die Wirtschaft fasst hoffentlich wieder etwas Tritt. Eine Abwertung der Geldvermögen von 30 Prozent für die USA erscheint mir ausreichend. Das sind fünf Prozent über fünf Jahre (mit Zinseszinsen) oder sieben bis acht Prozent über fünf Jahre in den USA. Ord-nungspolitisch ist das natürlich alles Wahnsinn: Die Inflation ist eine Medizin mit schweren Nebenwirkungen. ABER ES GIBT DERZEIT REALISTI­SCHERWEISE KEINEN ANDEREN AUSWEG.

In einem solchen Fall sind Aktien von Unternehmen mit einer beherrschenden Marktstellung gut, die weitgehend ihre eigenen Preise bestimmen können, etwa Coca-Cola (WKN: 850663), Beiersdorf (WKN: 520000), Procter & Gamble (WKN: 852062), Novartis (WKN: 904278), Sanofi-Aventis (WKN: 920657). Weniger gut sind zum Beispiel Autohersteller, Maschinenbau- oder Stahlaktien.

Besonders schlecht sind lang laufende Anleihen

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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