Kommentar
09:26 Uhr, 26.05.2003

DWS - Marktüberblick diverse Branchen

Rohstoffe

Nachdem der Ölpreis zwischenzeitlich unter 23 US-Dollar notiert hatte und damit auf den niedrigsten Stand seit November 2002 gefallen war, hat er bis Anfang Mai zwischenzeitlich wieder leicht auf über 24 US-Dollar zugelegt. Als Begründung wurden von Marktteilnehmern die politischen Spannungen in Nigeria nach der Präsidentenwahl und Spekulationen über eine Kürzung der OPEC-Förderquoten angegeben. Einige Kartell-Mitglieder hatten sich besorgt über den jüngsten Preisverfall geäußert und mögliche Förderkürzungen ins Gespräch gebracht. In Nigeria war es zu Streiks unter den Ölarbeitern gekommen. Mit einer täglichen Förderung von 1,85 Mio. Barrel war das westafrikanischen Land im April sechstgrößter Produzent unter den elf OPEC-Mitgliedern; im Februar hatte die Produktion noch bei 2,225 Mio. Barrel pro Tag gelegen.

Für große Aufmerksamkeit hat die "Mega-Fusion" der russischen Ölkonzerne Yukos und Sibneft zum weltweit drittgrößten Ölmulti Yukos-Sibneft gesorgt. Mit Surgutneftegas, der Nummer vier im russischen Ölgeschäft, war vom Markt auch schnell ein Verlierer ausgedeutet worden. Allerdings hat sich für die Aktie schnell neue Phantasie ergeben, zumal es sich um den einzigen großen russischen Ölkonzern handelt, bei dem Ausländer noch einsteigen können.

Der neue Yukos-Sibneft-Konzern gilt angesichts seiner nunmehr internationalen Dimension als unterbewertet. Er verfügt über die größten Erdölreserven eines börsennotierten Unternehmens und kommt mit einer Tagesförderung von 2,3 Mio. Barrel an die Dimension von Royal Dutch/Shell heran. Allerdings bei weitem nicht, was den Börsenwert betrifft: Der liegt derzeit nur bei gut 20 Prozent der Marktkapitalisierung des anglo-niederländischen Konzerns. Durch die Fusion könnte auch der Druck auf Lukoil wachsen. Doch die bisherige Nummer eins des russischen Ölmarktes will aus eigener Kraft wachsen. Dabei könnten die Chancen nicht schlecht stehen, denn die Erdgas- und Ölreserven sind stärker diversifiziert als die der Konkurrenz und sollen sich binnen zehn Jahren verdoppeln. Zudem hat die Gesellschaft mehr Verarbeitungskapazitäten.

Freilich haben alle russischen Ölkonzerne ein gemeinsames Problem: Ihre Fördermengen steigen drastisch, doch die Export-Pipelines des staatlichen Monopolisten Transneft sind voll. Private Pipelines sind bislang nicht erlaubt.

Finanzwerte

Im April haben die Finanzwerte ihre Mitte März begonnene Erholungsrally fortgesetzt. Die höchsten Zuwächse erzielten europäische Versicherer, die im bisherigen Jahresverlauf den größten Wertverlust erlitten und anschließend im Zuge steigender Märkte das größte Erholungspotenzial offenbart hatten. Sehr gut performt haben auch amerikanische Assekuranztitel und europäische Bankwerte; Aktien US-amerikanischer und kanadischer Banken sind dagegen vergleichsweise zurück geblieben. Vor dem Hintergrund nach wie vor ungelöster Eigenkapitalprobleme haben sich japanische Banktitel verbilligt.

US-Banken haben im Rahmen der abgelaufenen Berichtssaison für das erste Quartal 2003 im Durchschnitt ein Gewinnwachstum von rund 8 Prozent im Jahresvergleich gemeldet. Generell verzeichnete der Bereich ein verlangsamtes Kreditwachstum (mit Ausnahme des Hypothekengeschäfts); Verbesserungen haben sich hinsichtlich der Kostenkontrolle, bei Kreditausfällen im Geschäft mit Unternehmen sowie im Anleihengeschäft eingestellt. Bei den europäischen Banken zeigt sich ein ähnlicher Trend wie bei den US-Banken, wenngleich die Gewinnentwicklung insgesamt gesehen zurück bleibt.

Bei der Verbesserung ihrer technischen Versicherungsergebnisse haben die Versicherer erste Erfolge erzielt, in erster Linie durch Prämiensteigerungen im Sach- und Rückversicherungsgeschäft. Positive Nachrichten haben zu entsprechenden Kursreaktionen geführt. Daneben haben im Versicherungsbereich größere Aktienplatzierungen ihre Abnehmer gefunden: die Kapitalerhöhung der Allianz AG in Höhe von rund 4,4 Mrd. Euro und der fast vollständige Verkauf der Beteiligung von Suez an Fortis sind erfolgreich über die Bühne gegangen.

Die Kursentwicklung der Finanzwerte im weiteren Jahresverlauf könnte weiterhin entscheidend vom makroökonomischen Umfeld geprägt sein. Das gilt bei Banktiteln insbesondere für das Kredit-, Kommissions- und Handelsgeschäft. Risiken durch weitere Kreditausfälle im Unternehmens- und Konsumentengeschäft könnten eine bedeutende Rolle spielen. Sach- und Rückversicherer könnten von den anhaltenden hohen Prämiensteigerungen in diesen Sparten profitieren.

Das Management von DWS Finanzwerte praktiziert weiterhin eine selektive Titelauswahl, bei der die Qualität einzelner Unternehmen im Vordergrund steht.

Konsum

Hinsichtlich SARS besteht die Herausforderung für Investoren darin, zwischen "Hysterie" und Realität zu differenzieren und dabei zu analysieren, in welchem Umfang einzelne Branchen von den Auswirkungen der Krankheit tangiert werden. Auf Grund der vorliegenden Informationen sind wir der Ansicht, dass SARS weitgehend auf den asiatischen Raum beschränkt bleiben wird. Am härtesten könnten die Branchen mit direktem Kundenkontakt (Fluggesellschaften, Hotels, Einzelhandel) betroffen sein. Wir gehen davon aus, dass SARS in der Wirtschaft Hongkongs etwa zwei Quartale lang einen erheblichen Nachfrageschock auslösen wird. Mit einer starken Beeinträchtigung der Produktionsprozesse rechnen wir jedoch nicht.

Am meisten zu leiden hat möglicherweise der Luftverkehr. Laut Zahlen der Air Transport Association ist der Verkehr der US-Carrier in die Pazifik-Region in der dritten April-Woche im Vergleich zum entsprechenden Vorjahres-Zeitraum um nahezu 40 Prozent zurück gegangen, der europäische Luftverkehrsverband meldete einen Rückgang um 28 Prozent. All Nippon Airways und Japan Airlines haben in besagter Woche ein Reservierungsminus im internationalen Geschäft von 35 Prozent ausgemacht. Nahezu alle asiatischen Gesellschaften haben für die nächsten Monate eine um bis zu 50 Prozent geringere Auslastung angekündigt.

Schwerwiegend sind die Folgen auch für das asiatische Hotelgewerbe, zum Beispiel Mandarin Oriental und Peninsula Group. In Hongkong ist die Belegungsquote auf 10 Prozent gefallen. Die meisten US-amerikanischen Gesellschaften sind wegen ihrer begrenzten Präsenz in der "SARS-Region" weniger betroffen; auf Grund des eingeschränkten Flugverkehrs und weniger Touristen aus Asien ist es aber auf dem Heimatmarkt, d.h. in großen Städten der Westküste, zu Buchungsrückgängen gekommen.

Aus der Bekleidungsbranche sind bislang keine nennenswerten Störungen bekannt. Das Risiko liegt vor allem auf der Lieferseite, da China und Vietnam wichtige Bezugsquellen für Schuhe und Bekleidung sind. Die Lieferketten sind aber intakt, auch in China wird bislang "normal" gearbeitet. Auch im Einzelhandel könnte eher die Versorgungskette ein Problem darstellen. Bis jetzt sind - abgesehen vom eingeschränkten Überseeverkehr - keine Veränderungen bei Beschaffung und Warenfluss erkennbar, allerdings werden Kontingentpläne geschmiedet. Nachfrageseitig dürften die Folgen gering sein, zumal bei großen Gesellschaften wie Wal-Mart und Costco der Asien-Anteil an den Erträgen vor Zinsen und Steuern (EBIT) unter fünf Prozent liegt.

Eine Randnotiz: Die von Investoren befürchteten Ertragseinbußen im Glücksspielgeschäft in Las Vegas könnten sich in sehr engen Grenzen halten, auch wenn Baccara dort vor allem von Asiaten gespielt wird. Ein 20- bis 40prozentiger Rückgang der Zahl der Baccara-Spieler im saisonal bedingt ohnehin schwachen zweiten Quartal würde die Erträge in Las Vegas - insgesamt rund 1,2 Mrd. US-Dollar - nur marginal reduzieren.

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