Kommentar
17:25 Uhr, 30.10.2002

DWS - Markteinschätzung Pharma/Biotech

Der 25. September setzt den bisherigen Höhepunkt in einer Reihe aufregender Schritte zur Zulassung neuer Behandlungsmöglichkeiten gegen Krebs: Das Medikament Iressa von Astrazeneca wurde zur Zulassung gegen Lungenkrebs empfohlen. Damit ist Iressa der erste Vertreter der neuen Medikamentenklasse von EGFR-Inhibitoren, der sich gute Chancen ausrechnen darf, es tatsächlich zur Markteinführung zu schaffen. EGF Rezeptor Blocker wie Iressa sind eine neue Gruppe von Medikamenten, die die Wirkung eines Wachstumsfaktors auf Krebszellen (z.B. Lungenkrebs, Darmkrebs) blockieren und damit zur Krebstherapie geeignet erscheinen.

Viel Wirbel entstand in den vergangenen Monaten um die verschiedenen Forschungsansätze bei EGFR-Inhibitoren. Allen voran ist Erbitux von Imclone und Bristol-Myers zu nennen. Dessen Entwicklungsfortschritt wurde bis Ende letzten Jahres mit regem Medieninteresse verfolgt, bis sich herausstellte, dass die Studiendaten von Imclone nicht so robust sind und evtl. keine Grundlage eines Zulassungsantrags sein könnten. Daraufhin wurde zunächst die mögliche Wirksamkeit von EGFR-Inhibitoren per se angezweifelt. Mit zunehmendem Abstand zu dem Ereignis gelang die Fachwelt zu der Überzeugung, dass sich mit dem richtigen Studiendesign doch das Potential dieser Medikamentenklasse beweisen ließe.

Später gelangte Iressa von Astrazeneca ins Rampenlicht. Im Laufe des Jahres waren die ersten Daten von Iressa als Monotherapie (=Therapie mit nur einem Medikament) zur Zulassung eingereicht worden - mit großer Spannung wurde der Durchbruch bei den EGFR Inhibitoren auf der Krebskonferenz ASCO erwartet. Aber es schien dann doch anders zu kommen. Im Sommer wurden weitere Studien von Iressa als Kombinationstherapie (=Therapie mit zwei oder mehr Medikamenten) abgeschlossen, die negativ ausfielen. An eine Erweiterung der eingereichten Daten bei der FDA für eine Kombinationstherapie war nicht mehr zu denken. Während eines zur Erklärung anberaumten Interviews von Astrazeneca kam es zu der unüberlegten Behauptung, Iressas Scheitern als Kombinationstherapie sei nicht produktspezifisch, sondern ein Klasseneffekt - dramatische Auswirkungen auf Aktienpreise anderer Unternehmen, die an EGFR-Inhibitoren in weit vorangeschrittenen Studien forschen, waren die Folge. Trotzdem empfahl eine Gutachterkommission bei der Zulassungsbehörde Ende September Iressa - zwar mit hohen Bedingen an die folgende vermarktungsbegleitende Studie verknüpft - zur Zulassung. Die endgültige Entscheidung obliegt allerdings der FDA, die sich in den kommenden Wochen dazu äußern wird.

Auch wenn Iressa auf einen relativ kleinen Teil der von Lungenkrebs betroffenen Patienten beschränkt sein wird, brächte sie doch den Durchbruch für diese neue Medikamentenklasse. Die relative Großzügigkeit, die die Kommission an den Tag legte, zeigt, wie verzweifelt nach Fortschritten gesucht wird. Entsprechend groß dürfte das Potential für die in diesem Gebiet führenden Unternehmen sein. Dies spiegelte sich bereits in der Kurserholung dieser Unternehmen wieder.

Quelle: DWS

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