Kommentar
08:50 Uhr, 12.01.2024

Durchkreuzt der Arbeitsmarkt das Goldilocks-Szenario?

Ein starker Arbeitsmarkt bedeutet hohes Lohnwachstum und anhaltend hohe Inflation. Das bisher gefeierte Goldilocks-Szenario ist gefährdet.

Der US-Arbeitsmarkt zeigt sich weiter robust. Ein Vorgeschmack auf das, was das bedeutet, haben Anleger bereits bekommen. Anleiherenditen steigen, Zinssenkungsfantasien werden gedämpft. Bleibt der Arbeitsmarkt zu robust, so die Logik, werden die Zinsen nicht gesenkt. Das erzwingt früher oder später doch noch eine Rezession. Das Goldilocks-Szenario einer weichen Landung tritt nicht ein.

Die Logik ist nachvollziehbar, übergeht jedoch einen wichtigen Faktor. Die US-Notenbank selbst weist auf diesen Faktor immer wieder hin. Anleger können ihren Augen und Ohren anscheinend nicht trauen. So führen starke Wirtschaftsdaten immer wieder zu kleinen Abverkäufen auf dem Aktienmarkt und steigenden Anleiherenditen.

Das muss nicht sein. Die Fed erkennt eine Normalisierung des Arbeitsmarktes, ganz ohne Abschwung. Anleger können sich das nicht vorstellen, doch genau das geschieht. Um zu verstehen, wieso ein starker Arbeitsmarkt ein Goldilocks-Szenario durch höhere Zinsen und damit Rezession nicht durchkreuzt, muss man in die Details des Arbeitsmarktes einsteigen.

Arbeitnehmer, die ihre Stelle nicht wechseln, haben tendenziell ein tieferes Lohnwachstum als Arbeitnehmer, die ihren Job wechseln. Zeitweise konnten die Löhne bei Jobwechseln um 8 % steigen. Für alle anderen lag das Lohnwachstum deutlich tiefer. Daran hat sich bisher nichts geändert (Grafik 1).

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Was sich hingegen geändert hat, ist die Anzahl an Personen, die die Stelle wechselt. Ausgedrückt wird dies durch die Kündigungsrate. Diese geht dem Lohnwachstum um sechs Monate voraus (Grafik 2). Die Kündigungsrate ist inzwischen wieder auf dem Niveau von 2018 angekommen. Das Lohnwachstum sollte bis Sommer 2024 nachziehen. Es wäre dann mit dem Inflationsziel von 2 % vereinbar.

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Die vielen Jobwechsel in den Jahren 2021 bis 2023 wurden in den USA als „Great Resignation“ bezeichnet. Arbeitnehmer kündigten in Scharen, um neue und besser bezahlte Jobs anzutreten. Da für diese Gruppe das Lohnwachstum höher ist und mehr Einkommen zu höherer Nachfrage und damit Inflation führt, war die Great Resignation ein wesentlicher Treiber der Inflation.

Betrachtet man das Verhältnis von Personen, die die Stelle wechseln zu den Personen, die einen Job antreten, ergibt sich eine solide Korrelation zur Inflation (Grafik 3). Die Great Resignation ist vorbei. Dadurch stellt der Arbeitsmarkt auch keine Gefahr mehr für das Erreichen des Inflationsziels dar.

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Ein zu stark wirkender Arbeitsmarkt muss durch langanhaltend hohe Zinsen nicht gebrochen werden. Auch mit hohem Stellenwachstum ist eine Normalisierung des Lohnwachstums zu erkennen. Die Zinsen können trotz robustem Arbeitsmarkt sinken. Der Arbeitsmarkt muss das Goldilocks-Szenario nicht durchkreuzen.

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1 Kommentar

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  • schelling
    schelling

    Tolle Analyse - fundiert wie immer! Vielen Dank!

    09:09 Uhr, 12.01.