Kommentar
15:47 Uhr, 07.09.2018

Dunkles Geheimnis? Sichere Bank wird nicht zugelassen

Die US-Notenbank will eine neuartige Bank mit einem besonders sicheren Geschäftsmodell nicht zulassen. Was steckt dahinter?

Die Welt der Hochfinanz und der Notenbanken ist eine geschlossene Gesellschaft, in die man als Normalsterblicher kaum Zugang erhält. Um so spannender ist es, wenn zum Beispiel durch Gerichtsakten aus dieser Welt etwas an die Öffentlichkeit dringt, was andere gerne unter Verschluss halten würden.

So etwas ist nun in den USA geschehen. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Federal Reserve Bank von New York will eine innovative Geschäftsidee umsetzen und hat dazu eine Bank gegründet, die im US-Bundesstaat Connecticut bereits eine Banklizenz erhalten hat. Die Bank firmiert unter der Bezeichnung TNB USA Inc., wobei TNB für "The Narrow Bank" steht, was so viel wie "Die schlanke Bank" bedeutet.

Schlank ist in der Tat auch das angestrebte Geschäftsmodell der TNB. Während eine "normale" Geschäftsbank einerseits Spareinlagen von natürlichen Personen und Unternehmen annimmt und andererseits Kredite vergibt, ist das Geschäftsmodell der TNB USA Inc. sehr einfach. Die Bank will keine Kredite vergeben (und damit wirtschaftliche Risiken eingehen), sondern ausschließlich das Geld von großen Kunden wie Unternehmen oder Pensionsfonds entgegennehmen und dieses Geld zu einem höheren Zins anlegen, als andere Banken das können. Gleichzeitig soll das Geld der Kunden "vollkommen sicher" sein, denn die Bank will keinerlei wirtschaftliche Risiken eingehen.

"Vollkommen sicher" will die TNB USA das Geld anlegen, indem sie es einfach bei der Notenbank parkt. In den USA werden Guthaben der Geschäftsbanken bei der Notenbank seit der Finanzkrise mit einem Zinssatz von 1,95 Prozent verzinst. Allerdings kommen eben nur Geschäftsbanken in den Genuss dieses Zinssatzes, denn Bürger und Unternehmen können kein Konto direkt bei der Notenbank eröffnen.

TNB will nun den Zinssatz von 1,95 Prozent, mit dem die Notenbank die Geschäftsbanken beglückt, fast vollständig an seine Kunden weitergeben - und dazu alles einsparen, was eine normale Bank ausmacht. TNB wird keine Kredite vergeben und macht auch keine Geschäfte mit Privatkunden. Eigentlich soll TNB nicht viel mehr als ein Vehikel sein, das Geld von Unternehmen und Pensionsfonds annimmt, das Geld bei der Notenbank parkt und dafür Zinsen kassiert, die zum größten Teil an die Kunden weitergegeben werden sollen. Für die Kunden hätte das den Vorteil, dass ihr Geld mutmaßlich sicherer ist als bei einer "normalen" Bank, denn TNB geht keinerlei wirtschaftliche Risiken ein, sondern parkt die Kundengelder einfach bei der Notenbank. Eine Notenbank aber kann niemals pleite gehen, denn sie kann sich Geld, das sie benötigt, einfach selbst "drucken".

Doch bisher kann TNB das neuartige Geschäftsmodell nicht umsetzen, denn die New York Fed, die für TNB zuständige regionale Notenbankniederlassung, weigert sich, für TNB ein Notenbankkonto, einen sogenannten Master Account, zu eröffnen. Der entsprechende Antrag von TNB aus dem August 2017 wurde nicht etwa abgelehnt, sondern er wurde einfach nicht bearbeitet. Aus diesem Grund hat TNB nun Klage vor dem US-Bezirksgericht für den südlichen Distrikt von New York eingereicht.

Wie aus der Klageschrift hervorgeht, sah zunächst alles danach aus, als würde die New York Fed den heiß ersehnten Master Account für TNB eröffnen. Doch dann folgte die Kehrtwende. Auf Druck von ganz oben, namentlich dem Fed-Verwaltungsrat unter Leitung von Fed-Präsident Jerome Powell, soll die New York Fed die Anweisung erhalten haben, kein Notenbankkonto für TNB zu eröffnen.

Das zögerliche Verhalten der US-Notenbank kann man als Versuch interpretieren, die etablierten Geschäftsbanken vor neuer Konkurrenz zu schützen. Denn welches Unternehmen oder welcher Pensionsfonds will sein Geld noch bei einer "normalen Geschäftsbank" parken, wenn dort die Zinsen niedriger sind und das Geld gleichzeitig unsicherer ist als bei der neuen Konkurrenz, die das Geld einfach bei der US-Notenbank parken will? Benachteiligt die US-Notenbank also unfairerweise einen potenziellen neuen Wettbewerber, weil sie ihre Mitgliedsbanken, die etablierten Geschäftsbanken, vor zusätzlicher Konkurrenz schützen will? In diese Richtung argumentiert TNB jedenfalls in der Klageschrift.

Andererseits ist die zögerliche Haltung der US-Notenbank durchaus verständlich. Es gehört eigentlich zu den Kernaufgaben einer Geschäftsbank, wirtschaftliche Risiken einzugehen. Das von TNB angestrebte Geschäftsmodell versucht aber, eine Bank ohne wirtschaftliche Risiken zu führen und würde dadurch das Geschäftsmodell etablierter Banken untergraben. Statt das Geld der Kunden in der Realwirtschaft zu investieren, würde das Geld einfach bei der Notenbank geparkt, wo es sich, ohne jegliche wirtschaftliche Risiken und ohne jeglichen wirtschaftlichen Nutzen für die Gesellschaft, einfach vermehren könnte.

Zwar könnten auch andere Banken ein ähnliches Geschäftsmodell wie TNB verfolgen und Kundengelder einfach bei der US-Notenbank parken. Aber um Kosten und Risiken zu minimieren, müssten sie gleichzeitig ihren sonstigen Geschäftsbetrieb praktisch vollständig einstellen, denn die sonstigen Aktivitäten einer Bank verursachen unweigerlich Kosten und führen gleichzeitig dazu, dass die Risiken für die Kundeneinlagen steigen. Eine "normale" Bank geht nicht nur Risiken ein, um dadurch Geld zu verdienen, sondern sie erfüllt damit auch eine wichtige gesellschaftliche Funktion, schließlich ist beispielsweise die Vergabe von Krediten prinzipiell immer mit Risiken behaftet. Wer würde überhaupt noch wirtschaftliche Risiken eingehen, wenn alle Bürger und Unternehmen ihr Geld auch einfach risikolos bei der Notenbank parken könnten und dafür eine halbwegs attraktive Verzinsung erhalten würden?

Wie die Klage der TNB ausgehen wird, ist aktuell nicht absehbar. Durch die Klageschrift fühlt man sich auf jeden Fall an ein Zitat des Dramatikers Bertolt Brecht erinnert. Bankraub sei eine Initiative von Dilettanten, schrieb Brecht einmal. "Wahre Profis gründen eine Bank."


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11 Kommentare

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  • Powerseller61
    Powerseller61

    Als wenn die FED es zulässt die kleinen Arbeiter an deren Garantiemodell teilzuhaben. Das ist klar das die private FED sich nicht darauf einlässt.

    09:00 Uhr, 08.09. 2018
  • Max_Berlin
    Max_Berlin

    wie er wohl recht hat...

    Die Erwerbsarmut wächst welt weit!!!!!!!!!!!

    In den USA ist es gängig mehrer Jobs zu haben, ind Deutschland die letzten Jahre um mehr als 10% gestiegen, seit 2008 ...

    Aber wer wird gerettet?? Risiko banken, in denen wenige Menschen, als Führungskräfte für IHRE FEHLER auch noch Bonis erhalten, beste Beispiel Deutsche Bank.. Ackermann trieb diesen in den Ruin, kassiert hat er dafür Millionen. Super job gemacht ;)

    „Ich denke, dass Bankinstitute gefährlicher als stehende Armeen sind. […] Wenn die amerikanische Bevölkerung es zulässt, dass private Banken ihre Währung herausgeben, dann werden die Banken und Konzerne die so entstehen werden das Volk seines gesamten Besitzes rauben bis eines Tages ihre Kinder obdachlos auf dem Kontinent aufwachen, den ihre Väter einst eroberten.“

    – Thomas Jefferson (1743-1826), 3. Präsident der USA

    ach ja und wenn diese privat Banken pleite gehen, muss sie die Allgemeinheit das Volk retten, alles für die Bonis der macht kranken Menschen.

    und die Politik stützt dies

    „Die Wenigen, die das System verstehen, werden dermaßen an seinen Profiten interessiert oder so abhängig von seinen Vorzügen sein, daß aus ihren Reihen niemals eine Opposition hervorgehen wird.


    -Die große Masse der Leute aber, geistig unfähig zu begreifen, wird seine Last ohne Murren tragen, vielleicht sogar ohne je Verdacht zu schöpfen, dass das System ihnen feindlich ist.“-

    – Gebrüder Rothschild, London, am 28.Juni 1863 an US-Geschäftspartner

    https://freidenkertv.wordpress...

    https://www.geldsystem-versteh...

    19:19 Uhr, 07.09. 2018
  • Max_Berlin
    Max_Berlin

    Tja..

    .

    „Ich bin ein höchst unglücklicher Mann. Ich habe unbeabsichtigter Weise mein Land ruiniert. Eine große Industrienation wird nun von ihrem Kreditsystem beherrscht. Unsere Regierung basiert nicht länger auf der freien Meinung, noch auf der Überzeugung und des Mehrheitsbeschlusses, es

    - ist nun eine Regierung, welche der Überzeugung und dem Zwang

    einer kleinen Gruppe marktbeherrschender Männer unterworfen ist.”-

    .

    – Woodrow Wilson (1856 – 1924), 28. Präsident der USA, unterschrieb den Federal Reserve Act – das Gesetz zur Gründung der Fed 1913

    „In unserem Wahlprogramm steht: wir halten das Recht, Geld zu schöpfen und in Umlauf zu bringen, für die Sache der Regierung …

    .

    Diejenigen, die diese Ansicht nicht teilen, entgegnen uns, die Ausgabe von Papiergeld sei Sache der Banken, die Regierung solle sich aus dem Bankgeschäft heraushalten.

    .

    Ich teile Jeffersons Meinung … und genau wie er antworte ich wiederum: die Ausgabe von Geld ist Sache der Regierung und die Banken sollten sich aus der Regierungstätigkeit heraushalten.”

    – William Jennings Bryan (1860-1925), US-amerikanischer Politiker

    „Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.” – Bertolt Brecht (1898 – 1956), deutscher Schriftsteller

    19:13 Uhr, 07.09. 2018
  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn

    Man stelle sich das gleiche Modell bei der EZB vor :D

    17:13 Uhr, 07.09. 2018
  • Griesgram
    Griesgram

    dem „cleveren Kerlchen von Ex Fed Mitarbeiter ist die „Geschäfsidee“ abhanden gekommen, ich hätte es ihm auch verboten

    ...und das ist Godmode die Zeit wert, ist irgendwie Langeweile ausgebrochen bei Godmode, gibt es nichts wichtigeres an Nachrichten im Finanzsystem???

    16:46 Uhr, 07.09. 2018
    1 Antwort anzeigen
  • Alexperte
    Alexperte

    Es ist defakto ja schon so, daß Banken ihren eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Versuchen Sie doch mal einen Kredit für ein StartUp zu bekommen. Oder als Selbständiger Geld für einen Dispo oder gar Immobilie. Oder als Alleinerziehende Geld zum Leben. Das gibt es nicht mehr. Banken trauen sich ja noch nicht mal untereinander. Insofern vollkommen folgerichtig und ganz ohne Doppelmoral ganz unverholen gleich den ganz offiziell nur noch das machen, was man sowieso schon macht, frei nach Brecht: "Bank gründen und sich damit sein bedingungsloses Grundeinkommen schaffen".

    16:27 Uhr, 07.09. 2018
  • 1 Antwort anzeigen
  • Andreas Hoose
    Andreas Hoose

    Grandios. Toller Beitrag, Oliver!

    15:55 Uhr, 07.09. 2018
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Oliver Baron
Oliver Baron
Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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