Du bist Trader
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Guten Tag Herr Dr. Schriek, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen:
Sie sind seit mehr als 10 Jahren als Trader-Coach in der Szene bekannt und gelten als Vorreiter auf dem Gebiet der „Behavioral Finance“.
Was hat sich Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren verändert bzw. wie hat sich die Wahrnehmung der Trader auf diesem Gebiet verändert?
Das Thema „Behavioral Finance“ ist im Bewusstsein von Banken, Brokern und Emittenten angekommen. Präsenzveranstaltungen enthalten mittlerweile immer ein bisschen „Behavioral Finance“. Wenn Sie sich die Vortragsprogramme der World of Trading oder der Invest ansehen, finden Sie einige Beiträge, die Tradern und auch Anlegern den Spiegel vorhalten. Mittlerweile wird fast 50 Jahre auf diesem Gebiet geforscht. Gerne werden Angst und Gier bemüht, um Trading- oder Verhaltensfehler zu erklären. Bei Herdenverhalten sind es eher die Begriffe rational und irrational. Mir sind diese Erklärungen zu einfach. Es gibt tiefere Gründe, warum Menschen Fehler machen. In meinem Wortschatz gibt es keine Begriffe wie rationales oder irrationales Verhalten. Die Verhaltensweisen sind einfach menschlich und deren Folgen leider oft auch kostspielig.
Der Begriff„Behavioral Finance“ sollte weiter gefasst werden, damit Trader umfassend lernen können. Wenn wir uns darauf beschränken, das bloße Verhalten als Erklärung für Fehlverhalten heranzuziehen, bewegen wir uns nur an der Oberfläche. Wir haben heutzutage ganz andere Möglichkeiten, Persönlichkeitsmerkmale einzuschätzen und auch nachhaltige Änderungen einzuleiten. Die Errungenschaften der Neurowissenschaften z. B. erlauben tiefe Einblicke in die beim Trading im Körper stattfindenden Prozesse.
Vor zehn Jahren hatten die wenigsten Trader das Bedürfnis an sich zu arbeiten. Mittlerweile verlangen Trader immer öfter nach Unterstützung. Dazu haben vermutlich auch verschiedene Finanzbücher beigetragen, die psychologische Themen in den Mittelpunkt stellen. Viele Trader haben begriffen, dass die Entwicklung ihrer Finanzen mit ihrer persönlichen Entwicklung einhergehen. Und das trägt dazu bei, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, indem z. B. Coaching-Stunden oder Trader-Check-Tage gebucht werden.
Nach Ihrem erfolgreichen Buch „Besser mit Behavioral Finance“, das in den letzten Jahren in mehreren Auflagen ausverkauft war, kam vor wenigen Monaten Ihr neues Buch „Du bist Trader“. Was hat Sie dazu bewogen ein weiteres Buch zu schreiben?
Um an den Finanzmärkten erfolgreich zu sein, reicht es nicht aus, das Verhalten der Masse der Marktteilnehmer zu verstehen. Trader müssen sich verschiedenen Herausforderungen stellen, die in „Du bist Trader!“ beleuchtet werden. Letztlich zeige ich, wie Trader nachhaltig erfolgreich sein können. Sie müssen lernen, sich selbst zu managen. Im Speziellen kann das heißen, impulsive Gefühle, hinderliche Gedanken oder Glaubenssätze aufzulösen. Das neue Buch ist Sach- und Arbeitsbuch in einem.
Viele Trader haben mittlerweile einen Plan und verfolgen eine Strategie. Einige führen auch Trading-Tagebuch, was ihre Entwicklung unterstützt. Die wenigsten allerdings wissen, dass Trading-Erfolge im wesentlichen auf körperliche Fitness, geistige Frische und schnelle, angemessene Reaktionen zurückzuführen sind. Trader sollten im eigentlichen Sinn es Wortes Selbstbewusstsein entwickeln. Und dann: „Üben, üben, üben.“. Eine regelmäßige Trading-Praxis ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.
In „Du bist Trader!“ finden Sie zahlreiche Coaching-Aufgaben, die Ihnen eine Selbstschulung ermöglichen. Interviews mit Praktikern wie einem Manager, einem Schiedsrichter oder Suchtforscher liefern Anschauliches, was sich aufs Trading übertragen lässt. Daneben sind es Exkurse, die Tradern ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge von Persönlichkeit und Trading-Erfolg vermitteln.
„Du bist Trader!“ beleuchtet sehr viele Aspekte des Tradings. Welche Punkte halten Sie hier für die wichtigsten, die sich jeder Trader anschauen sollte?
Viele Jahre dachte ich, dass es wichtig sei, nach einer Strategie zu traden. Irgendwann habe ich begriffen, dass es Menschen gibt, die sich einfach nicht an Regeln halten können, noch nicht einmal an die, die sie selbst aufgestellt haben. Daher sollten Trader ein auf ihre Persönlichkeit abgestimmtes Trading entwickeln. Die für mich entscheidende Frage lautet: „Wer bin ich?“. Wenn Trader darauf eine umfassende Antwort haben, ergeben sich Trading-Stil, Anlageprodukt, die Wahl des Hebels und des Kapitaleinsatzes fast wie von selbst.
Unerlässlich ist es, sich mit dem Familiensystem auseinanderzusetzen, also die Frage zu klären „Woher komme ich?“. Manche übernommenen und bereits überholten Glaubenssätze gefährden nachhaltige Trading-Erfolge. Wiederholungen im Verhalten in der Trading-Praxis (Festhalten an Verliererpositionen, Eingehen unverhältnismäßiger Risiken, Nachkaufen im Verlust, ...) und auch im Leben im Allgemeinen sollten unbedingt aufgespürt werden. Und dann dem Verhalten auf den Grund gegangen werden, um Veränderungen einzuleiten. Wichtig auch wahrzunehmen, wodurch es zu größeren oder ständigen finanziellen Verlusten kommt. Spielt ein wiederkehrendes Gefühl wie z. B. Wut eine Rolle? Ist es schlichtweg Unaufmerksamkeit? Oder handelt es sich um ein auch in anderen Bereichen gelebtes Mittelmaßprinzip?
Trader sollten sich unbedingt bewusst machen, ob Geld zu verdienen, der entscheidende Antrieb ist . Vielleicht geht es auch darum, Spiel, Spaß und Spannung zu haben? Möglicherweise ist Trading schlussendlich die unbewusste Suche nach irgendetwas anderem? Trading sollte also keinesfalls eine unbewusste Ersatzhandlung sein, vergleichbar bekannter Strategien wie Frustessen oder übermäßigem Alkoholkonsum.
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In Ihren zahlreichen Coachings sind Ihnen bestimmt viele verschiedene Trader begegnet. Gibt es Eigenschaften, die einen erfolgreichen von einem nicht erfolgreichen Trader unterscheiden?
Ja, ich durch die vielen Coachings habe ich sehr viel erlebt, bin also mit nahezu jede Situation vertraut. Bevor überhaupt Eigenschaften eine Rolle spielen, ist es die grundsätzliche Entscheidung Trader zu sein, zumindest für die Zeit der praktischen Umsetzung auf der Handelsplattform. Denn auch diejenigen, die nebenberuflich oder nach Feierabend traden, müssen professionell vorgehen. In erster Line geht es um die Haltung zu sich, anderen Menschen und auch dem Leben im Allgemeinen.
Erfolgreiche Trader haben gelernt, dass auch Verlieren dazugehört. Sie kleben nicht an einzelnen Trades, sondern denken in größeren Zeiträumen. Im Prinzip wiederholen sie Dinge, die fruchten. Außerdem beheben sie Schwierigkeiten zeitnah. Sie suchen die Lösung vor allem bei sich und wissen, dass es hinter jeder Erkenntnis noch weitere gibt, die zum tieferen Verstehen beitragen.
Erfolgreiche Trader tun alles für den Erfolg und vor allem lassen sie alles, was positive finanzielle Ergebnisse gefährdet. Daneben sind Eigenschaften wie Geduld, Mäßigung, wertfreies Wahrnehmen, Aufgeschlossenheit und Begeisterung für persönliche Entwicklung förderlich.
Abschließend noch eine Frage die bestimmt viele Trading-Anfänger interessiert: Was muss ein angehender Trader mitbringen? Oder glauben Sie, dass jeder Trader werden kann?
Ich bin davon überzeugt, dass jeder sich zum Trader entwickeln kann. Ob es erstrebenswert ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Angehende Trader sollten Zeit haben, sich, die Märkte und deren Bewegungen kennen zu lernen. Sie sollten ihr Anlageprodukt vollumfänglich verstehen und lernen, Grenzen zu setzen. Konkret heißt das, feste Trading-Zeiten festzulegen und das Risiko einzelner Trades durch Stoppsetzung zur Risikobegrenzung und Sicherung von Gewinnen zu begrenzen. Dabei sollten sie unbedingt die Schwankungen der Märkte berücksichtigen. Anfänger, die anders vorgehen, laufen Gefahr sich im Trading und Geld zu verlieren. Regelmäßige Trading-Praxis trägt oftmals dazu bei, sich zu strukturieren.
Angehende Trader suchen zunächst Orientierung und da liegt der Hase im Pfeffer. Woran orientieren, wenn sie keine oder nur wenig Ahnung haben? Anfänger müssen verinnerlichen, dass es in diesem Bereich keine Experten gibt. Niemand weiß, ob die Kurse steigen oder fallen, auch wenn manche so tun. Daneben müssen sie sich bewusst machen, dass Finanzentertainment zwar unterhaltsam ist, in letzter Konsequenz vor allem Zeit und Geld kostet. Vieles fällt unter das Motto „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“ wie z. B. gekaufte Informationen, Trading-Signale oder auch Strategien. Anfänger sollten darauf verzichten, Vorbilder zu suchen. Es gibt kaum welche.
Vielmehr geht es darum, ein auf ihre Persönlichkeit abgestimmtes Trading selbst zu entwickeln. Und dabei kommt den in der Antwort auf Ihre letzte Frage erwähnten Eigenschaften besondere Bedeutung zu.
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Dr. Raimund Schriek ist ein ungewöhnlich vielseitiger Wissenschaftler, der viele Jahre an Universitäten gelehrt und geforscht hat, u. a. in Biochemie, Stressforschung, Neuro- und Ernährungswissenschaft. Wissenschaftsmanagement und die Rolle als Geschäftsführer eines universitätsübergreifenden Netzwerks haben ihn in die Welt der Finanzen geführt.
Der erfolgreiche Buchautor veröffentlichte zahlreiche Schriften zu Finanzthemen, darunter auch „Besser mit Behavioral Finance: Finanzpsychologie in Theorie und Praxis“.
Raimund Schriek konzipiert Seminare, Webinare und weitere Bildungsangebote in Zusammenarbeit mit namhaften Banken, Brokern und Emittenten. Nachhaltiges Trader-Coaching ist eng mit seinem Namen verbunden. Daneben tritt er vor allem als Keynote-Speaker auf finanzwissenschaftlichen Veranstaltungen im In- und Ausland auf.
Der erfolgreiche Entwicklungstrainer lässt langjährige Erfahrungen aus Systemaufstellung und Körpertherapie in seine Tätigkeiten einfließen. Raimund Schriek versteht sich als unvoreingenommener Sparringspartner und offener Zuhörer. Der Numerologe gilt als Experte in der Analyse von Namen, Zahlen und Rhythmen.
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