Drei Deutsche wegen mutmaßlicher Spionage für China verhaftet
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Von Bertrand Benoit
BERLIN (Dow Jones) - In Deutschland sind drei Personen festgenommen worden, die verdächtigt werden, für China sensible Militärtechnologie ausspioniert zu haben. Die beiden Männer und eine Frau, alles deutsche Staatsangehörige, sollen laut Bundesanwaltschaft seit mindestens Juni 2022 im Auftrag des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit wertvolle Informationen und Dual-Use-Hardware beschafft und nach China transferiert haben.
Die mutmaßliche Gruppe wurde von einem Mann, Thomas R., geführt, der in direktem Kontakt mit einem Verantwortlichen des chinesischen Geheimdienstes gestanden haben soll. Die beiden anderen Verdächtigen, ein Ehepaar namens Ina F. und Herwig F., halfen bei der Beschaffung der Informationen und der Ausrüstung über ein von ihnen geführtes Unternehmen in Düsseldorf.
Die Anwälte der Verdächtigen waren für eine Stellungnahme nicht sofort zu erreichen. Das chinesische Außenministerium reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die Mitteilung über die Verhaftungen erfolgt nur wenige Tage nach der Rückkehr von Bundeskanzler Olaf Scholz von einer dreitägigen Chinareise. Ihr Ziel war es, mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping wieder ins Gespräch zu kommen und den Handel zwischen den beiden Ländern zu stärken.
Deutschland hatte 2021 kurz nach der Wahl von Scholz eine andere, skeptischere Haltung gegenüber China eingenommen. Das erste China-Strategiepapier des Landes, das im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, beschrieb Peking als Partner, Konkurrenten und Systemrivalen und forderte deutsche Unternehmen auf, ihre Abhängigkeit von China zu verringern.
In den vergangenen Monaten hat Berlin seine Haltung gegenüber Peking jedoch gelockert, um die exportorientierte, kränkelnde Wirtschaft zu stützen. Außerdem wollte die Bundesregierung China davon überzeugen, Druck auf Moskau auszuüben, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, sagten Regierungsvertreter. Scholz' Besuch in China vergangene Woche markierte sein drittes Treffen mit Xi.
Laut Staatsanwaltschaft hatten Ina und Herwig F. auf Anweisung von Thomas R. eine Kooperationsvereinbarung mit einer deutschen Universität unterzeichnet, die eine Studie über den aktuellen Stand von Maschinenteilen in Auftrag gegeben hatte. Die Teile können unter anderem für die Herstellung von leistungsstarken Motoren für Militärschiffe verwendet werden.
Die Studie wurde für einen chinesischen Vertragspartner erstellt, der selbst als Strohmann für einen Agenten der chinesischen Staatssicherheit fungierte, so die Bundesanwaltschaft. Finanziert wurde sie von China. Kurz vor ihrer Festnahme verhandelten die drei Verdächtigen den weiteren Angaben zufolge über ein neues Forschungsprojekt, das für den Ausbau der chinesischen Marine von Nutzen hätte sein können.
Darüber hinaus sollen die Verdächtigen einen Speziallaser erworben und ohne die erforderliche Genehmigung nach China geliefert haben, heißt es unter Berufung auf Ermittlungen des deutschen Inlandsgeheimdienstes. Auch hier seien die finanziellen Mittel vom chinesischen Geheimdienst bereitgestellt worden, hieß es.
Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts ist Deutschland als technisches Zentrum und fünftgrößter Waffenexporteur der Welt ein Ziel von Spionage, insbesondere von Industriespionage, durch Russland, Iran, China und andere Länder.
Zu einer Verhaftung von Spionen, die mit China in Verbindung gebracht werden, kommt es jedoch relativ selten, und bis vor kurzem ging man davon aus, dass sich Pekings Interesse auf den Erwerb von Geschäftsgeheimnissen, darunter Ausrüstung und Know-how für die Herstellung von hochwertigen Halbleitern, konzentriert.
Im Gegensatz dazu hat Deutschland in den vergangenen Jahren eine Reihe mutmaßlicher russischer Spione festgenommen: Erst in der vergangenen Woche wurden zwei Deutschrussen verhaftet, die mutmaßlich amerikanische und deutsche Militäreinrichtungen in Deutschland sabotieren wollten.
Unabhängig davon erklärte die britische Staatsanwaltschaft am Montag, sie habe die Polizei ermächtigt, Christopher Berry und Christopher Cash wegen Spionage für China anzuklagen.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
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