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13:26 Uhr, 27.03.2024

DIW fordert vom Bund mehr Hilfe für Kommunen bei Stilllegung der Erdgasnetze

BERLIN (Dow Jones) - Die Bundesregierung sollte nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) die Kommunen bei der Stilllegung der Erdgasnetze unterstützen. Im Zuge der Wärmewende würden Gasverteilnetze in Zukunft weniger genutzt und zum Teil stillgelegt werden müssen. Dies stelle die Kommunen jedoch vor erhebliche finanzielle und regulatorische Probleme - und deshalb gingen sie die Teilstilllegung der Gasnetze nicht mit der eigentlich nötigen Konsequenz an, wie eine Untersuchung des DIW ergab.

Die Studie blickte auf die Pläne zur Wärmewende in Baden-Württemberg, wo Kommunen bereits Ende vergangenen Jahres erstmals entsprechende Wärmepläne vorlegen mussten. Die Stilllegung von Erdgasverteilnetzen habe dort aber keine sonderlich große Rolle gespielt, wie die Analyse zeigt. Beteiligte verwiesen laut DIW meist darauf, dass die Entwicklung der Gasnachfrage unsicher sei und die Infrastruktur künftig womöglich für die Versorgung mit Wasserstoff gebraucht werde.

Hier riet das DIW aber zur Vorsicht. "Wasserstoff als Wärmequelle ist extrem ineffizient und wird in Deutschland für Gebäudeenergie voraussichtlich kaum zur Verfügung stehen", so Claudia Kemfert, Energieexpertin des DIW. "Dafür braucht es das Gasverteilnetz im heutigen Umfang sicher nicht - der Grund dürfte eher sein, dass es für viele Kommunen nach wie vor eine ergiebige Geldquelle ist und weniger Erlöse aus dem Erdgasgeschäft sie in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnten", so Kemfert.

Laut DIW ist der Rückkauf von Gasnetzen eine Möglichkeit, mit der Wärmewende umzugehen. Kommunen hätten so mehr Einfluss auf die Gasversorgung und könnten die Netze verkleinern.

Doch mit der sogenannten Rekommunalisierung allein wäre die Wärmewende noch nicht geschafft. Die Netze zu verkleinern sei bisher kaum möglich, so die Studie. Laut Energiewirtschaftsgesetz müssten bestehende Netze weiter betrieben werden, solange auch nur vereinzelt Haushalte an das Netz angeschlossen seien.

"Wenn weniger Erdgaskund*innen über die Netzentgelte dasselbe Gasverteilnetz wie heute finanzieren müssen, könnte die Akzeptanz der Wärmewende leiden, zum Beispiel bei Mieter*innen, die keinen Einfluss auf ihre Heizanlage haben", erklärte das DIW.

Außerdem wies das DIW auf die gesetzlichen Regelungen zu Abschreibungen von Gasnetzen hin, nach denen Gasnetzbetreiber die Netze innerhalb von 45 bis 55 Jahren abschreiben können. So seien 55 Prozent der Gasnetze erst zwischen 1990 und 2020 gebaut worden und damit wären die Gasnetze bis 2045 nur teilweise abgeschrieben. Daher steckten die Eigentümer, auch kommunale, in der Klemme, wenn der Erdgasverbrauch wie geplant bis zum Jahr 2045 fast auf null sinken soll, wie das DIW erklärte. Sie müssten abwägen zwischen wirtschaftlichen Interessen und Klimaschutz.

Das DIW forderte daher deutlich mehr Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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