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10:00 Uhr, 07.03.2024

DIW: Auf Stagnation folgt solides Wachstum erst nächstes Jahr

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die deutsche Wirtschaft kommt laut neuester Konjunkturprognose des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht so schnell in Fahrt wie erwartet. Demnach ist für dieses Jahr "nur ein Nullwachstum" zu erwarten, wie das Institut mitteilte. Die Wirtschaftsleistung werde im laufenden Quartal weiter um 0,1 Prozent schrumpfen, danach gehe es zwar graduell bergauf, wenn bei Unternehmen und Verbrauchern die trübe Stimmung angesichts ungewisser Zeiten schwinde. Im kommenden Jahr ziehe der Aufholprozess an: "Insbesondere eine immer bessere Konsumlaune der privaten Haushalte, aber auch steigende Ausrüstungsinvestitionen werden wohl 2025 für einen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts um 1,2 Prozent sorgen", so das DIW.

Trotzdem dürfte selbst Ende 2025 die Output-Lücke noch immer negativ sein. Auch, wenn die Portemonnaies wegen steigender Löhne und zunehmend sinkender Inflationsraten wieder besser gefüllt seien, hielten die Konsumentinnen und Konsumenten ihr Geld derzeit noch zusammen. "Viele legen es angesichts gestiegener Bankzinsen lieber auf die hohe Kante - zu groß ist die Verunsicherung über wirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen", konstatierten die Berliner Ökonomen. Eine weiter sinkende Inflationsrate und die für den Frühsommer erwartete Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) würden aber voraussichtlich einen Umschwung einläuten. Das DIW sieht die Inflation 2024 bei 2,3 Prozent und 2025 bei 2,0 Prozent.

Die Kauflaune dürfte wieder steigen, auch weil Sparen wieder unattraktiver werde. "Der private Konsum wird zum Haupttreiber des konjunkturellen Aufschwungs", sagte der Co-Leiter des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik, Timm Bönke. "Die Reallöhne steigen nachhaltig und die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre werden ausgeglichen." Als Wachstumsbremse wirke sich zunächst die aktuelle Investitionsschwäche aus. Im Jahr 2024 sinken die Ausrüstungsinvestitionen laut der Prognose zunächst, auch die Bauinvestitionen schwächeln weiter. Nach und nach dürfte aber die globale Industrieproduktion wieder anziehen und die derzeit schwache Auslandsnachfrage beleben, so dass die Exporte wohl stetig zunehmen.

Als wichtigsten konjunkturellen Beitrag der Finanzpolitik sehen die DIW-Konjunkturforschenden nach eigenen Angaben das Sondervermögen Bundeswehr. Rüstungsausgaben dürften ab der zweiten Jahreshälfte und vor allem im kommenden Jahr wichtige expansive Impulse liefern. Darüber hinaus trage die Finanzpolitik jedoch kaum zur konjunkturellen Entwicklung bei. Die Wirtschaftspolitik sei "mehr gefordert denn je", betonte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Der Weg zur wirtschaftlichen Erholung in Deutschland bleibe steinig, auch wenn das Narrativ vom "kranken Mann Europas" nicht zutreffe.

In Zeiten großer Verunsicherung und einer erheblichen Investitionsschwäche müsse der Staat mehr tun, damit Unternehmen durch bessere Rahmenbedingungen wieder mehr strukturelle Investitionen tätigen könnten und Bürgerinnen und Bürgern mit geringen und mittleren Einkommen entlastet würden. "Die Finanzpolitik ist zu restriktiv und muss deutlich mehr Investitionen tätigen, um kurzfristig einen konjunkturellen Impuls und langfristig wichtige Unterstützung für die wirtschaftliche Transformation zu geben", forderte er. "Die Obsession mit der Schuldenbremse ist zu einer der größten Zukunftsbremsen geworden." Zudem müsse sich die deutsche Politik konstruktiver in Europa einbringen - "von der Wettbewerbspolitik bis hin zur Industrie- und Energiepolitik".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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