DIHK erwartet 2024 "allenfalls Stagnation" der Wirtschaftsleistung
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Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) rechnet angesichts der Ergebnisse ihrer neuen Konjunkturumfrage nicht mit einem Aufschwung in Deutschland. "Die DIHK prognostiziert beim Wirtschaftswachstum aufgrund der Ergebnisse allenfalls eine Stagnation für dieses Jahr", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben bei der Vorstellung der Umfrage vom Frühsommer, an der sich laut der Kammerorganisation mehr als 24.000 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen beteiligt haben. "Der Aufschwung bleibt weiter aus", erklärte er. Die deutsche Wirtschaft komme nicht in Gang.
"Die aktuelle Lage der Unternehmen ist mau, in der Industrie sogar schlecht. Die Erwartungen zeigen keine kraftvolle Aufwärtsbewegung", konstatierte Wansleben. Die Hoffnung der vergangenen Monate, dass ein gutes Auslandsgeschäft oder eine wieder anziehende Inlandsnachfrage als Motor der heimischen Unternehmen wirken könnten, habe sich nicht bestätigt. "Im Gegenteil: Eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff." Der DIHK-Stimmungsindex zeige einen unterdurchschnittlichen Wert von 97,2 an. "Das ist etwas besser als zu Jahresanfang. Es gibt aber weiterhin mehr Pessimisten als Optimisten", so Wansleben.
Nur noch 28 Prozent der Unternehmen bewerteten ihre Geschäftslage als positiv statt 29 Prozent zum Jahresbeginn, während 23 Prozent nach 22 Prozent diese als schlecht einschätzten. Der Saldo der Lagebewertung zwischen positiver und negativer Einschätzung setze damit den Abwärtstrend fort und sinke von 7 auf nun 5 Punkte. "Damit bestätigen sich die negativen Geschäftserwartungen aus den vergangenen Monaten in der Gegenwart. Diese Eintrübung zieht sich fast durch die gesamte Wirtschaft", erklärte Wansleben.
Erwartungen verbessern sich
Besonders besorgniserregend sei, dass sich die Situation der Industrie gegenüber dem Jahresbeginn verschlechtert habe und damit weiter negativ bleibe. "Die Erosion der Industrie setzt sich fort", betonte er. In der Industrie bewerteten mit 28 Prozent mehr Betriebe ihre Lage negativ als positiv mit 23 Prozent. Allerdings zeigten sich bei den Geschäftserwartungen im Vergleich zum Jahresbeginn gewisse Verbesserungen. Vor allem der Anteil der Unternehmen mit negativen Erwartungen sei auf 26 Prozent von 35 Prozent gesunken. Jedoch überwögen weiterhin die pessimistischen Einschätzungen. Der Anteil der Unternehmen, die positive Erwartungen haben, bleibe mit 16 Prozent niedrig.
"Wir sehen an den Zahlen, dass die Konjunktur nicht wegbricht. Ein Wachstumsschub ist aber bislang nicht erkennbar", sagte Wansleben. Von den Exporten gingen aktuell keine positiven Impulse aus, und auch auf dem Arbeitsmarkt sei wenig Bewegung zu erwarten. Die Zahl der von den Unternehmen benannten Geschäftsrisiken bleibe unverändert hoch. Wegen der schwachen Binnenkonjunktur sehen laut der Umfrage 55 Prozent ein Risiko in der Inlandsnachfrage. "Aber auch die strukturellen Risiken bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau", betonte er. Mehr als die Hälfte der Betriebe seien besorgt über die Energie- und Rohstoffpreise, den Fachkräftemangel und die Arbeitskosten.
Schrittweise Deindustrialisierung droht
Trotz geringfügiger Verbesserung blieben die Investitionspläne der Betriebe restriktiv. Nur 24 Prozent der Unternehmen planten mit mehr Investitionen, 31 Prozent müssten hingegen kürzen. "Das sind alarmierende Anzeichen einer schrittweisen Deindustrialisierung", warnte Wansleben. "Wenn wir nicht zügig gegensteuern, verliert Deutschland seine industrielle Basis. Und damit die Grundlage für unseren Wohlstand." Sorge bereite der DIHK, dass die Investitionen insgesamt nach wie vor unter dem Niveau von 2019 lägen.
"Gerade auch, weil die internationale Lage wegen der Vielzahl der Krisen so unsicher ist, brauchen die Unternehmen zumindest aus Berlin und Brüssel deutliche Aufbruchssignale", sagte Wansleben. Diese müssten "in Richtung unternehmerische Freiheit zeigen - also mehr Innovation und weniger Bürokratie bringen". Dazu gehörten die von Bund und Ländern vorgesehenen Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus von Breitband, Industrie- und Windkraftanlagen. "Das muss von der Regierungskoalition endlich vollständig umgesetzt werden." Notwendig seien aus DIHK-Sicht auch steuerliche Entlastungen, da die Steuerbelastung der Unternehmen im internationalen Vergleich sehr hoch sei.
Sinnvoll wären "schnelle und wirksame Schritte". Die im Wachstumschancengesetz enthaltene degressive Abschreibung sollte auch über den Jahreswechsel hinaus möglich sein. "Außerdem brauchen wir die dort ursprünglich einmal geplante Investitionsprämie", forderte der DIHK-Hauptgeschäftsführer. Zudem solle die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern bis zu einem Wert von 5.000 Euro möglich sein. "Auch der Soli, der in seiner jetzigen Form überwiegend von Unternehmen gezahlt wird, sollte komplett abgeschafft werden", verlangte er.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/apo
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