Kommentar
09:00 Uhr, 05.11.2003

Dieses Jahr keine Zinsänderungen mehr

1. Gesamtergebnis: Der EZB-Kompass lag im Oktober mit 50,3 Punkten etwas niedriger als im Vormonat. Der Vormonat wurde aber ggü. der letzten Monat veröffentlichten Schätzung von 49,8 auf 51,7 hochrevidiert. Dies ist insbesondere auf die höheren Werte für die Kernrate des HVPI, die Erzeugerpreise, die Importpreise und die Industrieproduktion zurückzuführen gewesen. Auch der aktuelle Wert des Kompass liegt über dem Niveau, das im Vormonat geschätzt wurde. Dies geht auf die im Oktober zu beobachteten höheren Energiepreise zurück. Auch wenn sich diese Entwicklung im November wieder etwas moderieren sollte, liegt unser Prognoseprofil für die nächsten Quartale doch leicht über dem des Vormonats. Folglich ist die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung auf mittlere Sicht durch die Datenveröffentlichungen des letzten Monats leicht gestiegen. Weiterhin zeigen unsere Prognosen bis März aber einen Rückgang der Scores in beiden Analysebereichen an. Erst ab April sollte der gesamte EZB-Kompass aufgrund steigender Werte der wirtschaftlichen Analyse wieder leicht ansteigen. Zum Sommer hin sollte dies zu einer stärkeren Diskussion über die Notwendigkeit höherer Zinsen führen. Im September 2004 erwarten wir dann die erste und im Dezember 2004 die zweite Zinserhöhung um jeweils 50 Basispunkte.

2. Wirtschaftliche Analyse: Nachdem die Industrieproduktion im Vormonat schwächer als erwartet ausgefallen war, überraschte sie nun durch einen stärker als erwarteten Anstieg. Der HVPI liegt mit einem vorläufigen Wert von 2,1 % im Oktober ebenfalls über unserer Prognose. Unsere Schätzung für den Outputgap haben wir nochmal um ein Zehntel auf -0,8 % heruntergenommen. Dies signalisiert, dass konjunkturell bedingter Preisdruck weiterhin nicht zu erwarten ist. Auch vom Arbeitsmarkt ist mittelfristig über höhere Lohnabschlüsse kein übermäßiger Kostendruck zu erkennen. Das Beispiel der Niederlande, die zwei Nullrunden bei den Tariflöhnen vereinbart haben, zeigt sogar, dass von der Lohnseite eine stärkere Entlastung möglich ist. Die in den EZB-Kompass eingehenden Schätzungen der Lohnstückstückkosten durch die EU-Kommission liegen nun mittels des Herbstgutachtens der Kommission erstmals bis 2005 vor. Nach drei Jahren mit einem Anstieg der Lohnstückkosten von über 2 % (2,6 % in 2001, 2,3 % in 2002 und 2,1 %in 2003) geht die Kommission für 2004 und 2005 mit Anstiegen von 1,0 % bzw. 1,1 % von sehr geringem Lohn- und damit Preisdruck vom Arbeitsmarkt aus. Dieser sollte dazu führen, dass auch die Dienstleistungspreise von ihrem aktuellen Niveau von 2,6 % ggü. Vj. auf unter 2 % fallen und zu einer weiteren Entlastung der Kernrate beitragen.

3. Monetäre Analyse: Bei den Daten der monetären Analyse hat lediglich die im September geringer als erwartete Expansion der Kreditvergabe überrascht. Wir erwarten für die nächsten Monate jedoch einen Anstieg der Jahresveränderungsraten.

4. Cross-Checking: Eine Überprüfung der Signale der monetären Analyse ergibt wie im Vormonat keine konsistente Aussage, da die Geldmengenentwicklung weit über und die Kreditvergabe weit unter ihren jeweiligen Referenzwerten liegen. Das Gewicht der monetären Analyse am EZB-Kompass bleibt daher auf der Mindestgröße von 15 %. Die gegenseitige Überprüfung der Signale der beiden Säule ergibt ebenfalls kein konsistentes Bild, da die monetäre Analyse klar die Notwendigkeit einer restriktiven Geldpolitik anzeigt, während die wirtschaftliche Analyse weiter eine expansive Geldpolitik notwendig erscheinen lässt. Die weiteren Prognosen der Komponenten der monetären Analyse unterstellen einen kräftigeren Anstieg der Kreditvergabe. Geldmengenentwicklung und Kreditvergabe geben dann zwar weiterhin kein konsistentes Bild ab, die Ausprägung ihrer Signale ist jedoch nicht mehr so stark entgegengesetzt. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass ab November der Score der monetären Analyse wieder auf einen neutralen Wert von 20 % ansteigt. Aufgrund des höheren Scores der monetären als der wirtschaftlichen Analyse wird dies im nächsten Monat zu einem Anstieg des Indikators beitragen.

5. Prognose des Refisatzes: Der EZB-Kompass liegt insgesamt mit gut 50 Punkten in einem neutralen Bereich. Die für den Refisatz prognosestarke wirtschaftliche Analyse liegt etwas niedriger und die Aussichten für ein weiteres Sinken des EZB-Kompass sind gut, wenngleich der Tiefpunkt und damit eine Trendwende des EZB-Kompass mittelfristig absehbar ist. Für die Novembersitzung erwarten wir keine Zinsänderung. Dies entspricht der Consensus-Prognose. Den Äußerungen der meisten EZB-Beobachter nach zu urteilen, dürfte sich mit dem Wechsel der Präsidentschaft hin zu Trichet bei der Geldpolitik nichts verändern. Dies klingt plausibel, denn die EZB hat sich mit der neu überprüften und klarer formulierten Strategie einen engen Rahmen gegeben, innerhalb der sie agiert. Auch sind die ökonomischen Größen bekannt, auf die sie achtet. Dies hat im Übrigen erst die Entwicklung eines Scoring-Modells wie den EZB-Kompass möglich gemacht. Die Vorstellung, dass ein Wechsel im Präsidentenamt aber überhaupt keine Auswirkungen hat, fällt uns schwer. Jean-Claude Trichet tritt nicht deshalb aus dem Schatten von Wim Duisenberg, um nun lediglich ein Abbild seines Vorgängers abzugeben. Zwar ist die Geldpolitik in Euroland in einem gewissen Maße technokratisch, es bleiben aber genügend Spielräume für kleine Veränderungen. Diese dürften angesichts des großen Consensus, dass sich nichts verändert, um so wichtiger werden. Wir bleiben gespannt, ob sich diese bereits auf der Pressekonferenz am Donnerstag zeigen werden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.

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