Kommentar
08:22 Uhr, 27.10.2020

Die Wall of Worry stützt den Markt nicht mehr

Kurse steigen vor allem dann, wenn Anleger skeptisch sind. Das waren sie zur Genüge. Nun wendet sich das Blatt.

Die Wall of Worry oder Mauer der Angst ist eine zuverlässige Unterstützung für den Aktienmarkt. Solange Anleger Sorgen haben, sind sie nicht voll investiert. Steigen die Kurse trotzdem, wie zuletzt, werden Anleger mit der Zeit schwach. Es fließt immer mehr Geld in den Markt und trotz schlechter Stimmung steigen die Kurse immer weiter.

Genau das war in den letzten Monaten zu beobachten. US-Privatanleger waren überwiegend bärisch. Der Bullenanteil war tiefer als der Bärenanteil, sodass die Stimmung (Bullen minus Bären) im negativen Bereich lag (Grafik 1). Dort verharrte sie bis zur letzten Woche. Erstmals seit Krisenbeginn ist die Stimmung wieder positiv.

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Das dürfte nun auch die letzten Anleger noch in den Markt locken. Sie mussten monatelang zusehen wie die Kurse stiegen. Viel Performance wurde verpasst. Inzwischen stagnieren und fallen die Kurse wieder. Die Stimmung hellt sich hingegen weiter auf. Das ist ein Warnsignal.

Man sagt Privatanlegern ja nach, dass sie hoch kaufen und tief verkaufen. Genau das scheint sich gerade abzuspielen. Wieso die Stimmung gerade jetzt aufhellt, weiß niemand so genau. Die Medien dürften aber einen großen Einfluss haben. Das News Sentiment entwickelt sich weiterhin positiv (Grafik 2).

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Dieses Sentiment beschreibt die dargestellte wirtschaftliche Lage. Hier zeigt sich, dass sich die Perspektiven nach wie vor verbessern. Es gibt fundamentalen Rückenwind für den Markt. Man darf aber nicht vergessen, dass der Aktienmarkt historisch hoch bewertet ist. Viel von der Erwartung, dass sich die Lage bessert, ist eingepreist.

Aktive Vermögensverwalter sind jedenfalls schon wieder im Rückwärtsgang (Grafik 3). Insgesamt ist die Investitionsquote aber noch hoch. Eine Trendfortsetzung zur Verringerung der Investitionsquoten dürfte den Markt belasten.

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Die Stimmung unter Anlegern ist noch nicht euphorisch. Das ist positiv. Hochs entstehen selten ohne Euphorie. Man muss aber zwischen den verschiedenen Zeitebenen unterscheiden. Die Wirtschaft und der Aktienmarkt stehen erst am Anfang eines jahrelang anhaltenden Rebounds. Der Bullenmarkt ist noch jung und hat entsprechend auch noch viel Potential.

Kurzfristig wird die Stimmung jedoch zur Belastung. Das Geld an der Seitenlinie (gemessen an Geld, das in Geldmarktfonds liegt), schnellte zu Beginn der Krise um eine Billion Dollar nach oben. Ein Großteil von diesem Anstieg ist inzwischen wieder abgebaut.

Das Geld an der Seitenlinie wird knapper und selbst die US-Privatanleger, die zu den Permabären zählten, erkennen plötzlich Potenzial. Der Markt ist hoch bewertet und man fragt sich, wo da noch neue Allzeithochs herkommen sollen. Die zähe Kursentwicklung der letzten Wochen wird sich im besten Fall fortsetzen. Im schlechtesten Fall gibt es eine moderate Korrektur.

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2 Kommentare

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  • SquishyGod
    SquishyGod

    "Im schlechtesten Fall gibt es eine moderate Korrektur."

    Größere Korrektur also ausgeschlossen. Gut zu wissen. Muss man also bei einem Dip ALL IN gehen.

    08:33 Uhr, 27.10. 2020
  • Effe
    Effe

    Die Aussage „Die Wirtschaft und der Aktienmarkt stehen erst am Anfang eines jahrelang anhaltenden Rebounds. Der Bullenmarkt ist noch jung und hat entsprechend auch noch viel Potential“ finde ich dann doch beachtlich...

    Frage zu Grafik 3: ist es tatsächlich so, dass die Investitionsgrade teils über 100% (aufgrund gehobelter Positionen) liegen?

    08:33 Uhr, 27.10. 2020

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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