Kommentar
16:07 Uhr, 06.08.2012

Die rote Maske fällt

SPD-Chef Sigmar Gabriel gilt gemeinhin als ausgebuffter Populist. Gerne hängt er die Fahne in den Wind uns lässt sie einfach wehen. Hetztiraden gegen die verhassten Banken gehören bei entsprechendem Support in der Bevölkerung ebenso zum Repertoire wie jedes andere xbeliebige Stammtisch-Thema, z.B. höhere Steuern für hohe Einkommen oder Vermögensteuern. Deswegen war es durchaus überraschend, dass Gabriel heute in der „Berliner Zeitung“ offen eine gemeinschaftliche Haftung für die Schulden aller Euro-Staaten gefordert hat. Natürlich bei strenger gemeinsamer Haushaltskontrolle. Dieses einschränkende Blabla dürfte der Bevölkerung reichlich egal sein, die laut allen mir bekannten Umfragen überwiegend gegen Eurobonds ist. Warum ein Opportunist wie Gabriel trotzdem derart deutlich gegen die Mehrheitsmeinung Stellung bezieht ist kaum verständlich. Will er als der bessere Europäer in den Wahlkampf ziehen?

Immerhin will der SPD-Vorsitzende von einem Verfassungskonvent eine Grundgesetzänderung ausarbeiten lassen, über die in einer Volksabstimmung entschieden werden soll.
Wie das Volk in diese Richtung noch massiv beeinflusst werden soll ist mir schleierhaft. Allenfalls eine dramatische Eskalation der Eurokrise inklusive der aufkeimenden Überzeugung, dass nur noch Eurobonds eine große Katastrophe abwenden können wäre in der Lage, einen Mehrheitsentscheid zugunsten gemeinschaftlicher Haftung herbeizuführen.

Sollte Gabriel mit einem derartig zugespitzten Programm in das Wahljahr 2013 gehen dann darf man auf Angela Merkels Reaktion gespannt sein. Als Euro-Beerdigungsinstitut wird sie die CDU sicherlich nicht präsentieren, zumal ja von ihr der legendäre Satz stammt „ Scheitert der Euro, scheitert Europa“. Aber wenn die Bürger zwischen 2 Alternativen zu wählen haben, die beide lauten: Ja wir wollen den Euro, die eine Seite aber will, dass Deutschland für die Schulden ganz Europas mithaftet, dann dürfte das Wahlergebnis so deutlich wie schon sehr lange nicht mehr ausfallen. Die nächste Volte Gabriels dürfte aber nicht bis zur Wahl warten – ich prophezeie Ihnen jetzt schon, dass der gnadenlose Meinungswellenreiter schon bald fordern wird, Deutschland dürfe keinesfalls für die Schulden der Südstaaten geradestehen.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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