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12:15 Uhr, 29.01.2010

Die Platin-Wette

Erwähnte Instrumente

  • Platin
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    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Die Entwicklung der Goldnotierungen ist im vergangenen Jahr nicht zuletzt wegen dem Bruch der „magischen“ 1000 US-Dollar Marke von vielen Anlegern genau verfolgt worden. Vergleicht man die tatsächliche Wertentwicklung auf den Edelmetallmärkten, erscheint die große Aufmerksamkeit jedoch beinahe übertrieben. Während Gold lediglich etwas mehr als 20 Prozent zulegen konnte, sind es bei Silber rund 57 Prozent, Platin verbuchte Gewinne von rund 61 Prozent, und bei Palladium reichte es mit mehr als 113 Prozent sogar für eine klare Kursverdoppelung.

Damit ist klar, das die tatsächlichen Gewinner der vergangenen Monate eindeutig der Gruppe der Platin-Metalle (PGM) zuzuordnen sind. Der Grund für diese Entwicklung ist relativ schnell ausgemacht: Platin und seine Schwestermetalle Palladium und Rhodium werden als Wette auf eine konjunkturelle Erholung gehandelt. Denn im Gegensatz zu Gold, das vor allem als Krisenwährung und sicherer Hafen für Investoren gilt, werden die PGM vorwiegend in der Industrie eingesetzt. Mehr als die Hälfte der globalen Platinnachfrage wird von Autobauern, Chemie- und Petrochemieunternehmen, Energieunternehmen, Glasherstellern und anderen Betrieben absorbiert.

Entsprechend wirkte sich die schwere Rezession des vergangenen Jahres desaströs auf die Industrienachfrage aus. Im schwer angeschlagenen Automobilsektor, in dem Platin vor allem als Katalysator eingesetzt wird, könnte die Nachfrage um mehr als 30 Prozent eingebrochen sein, schätzen die Experten von Johnson Matthey. Und auch für die anderen industriellen Anwendungsbereiche sei mit ähnlich starken Einbußen zu rechnen. Vor diesem Hintergrund erscheinen die starken Kurssteigerungen zunächst paradox. Schließlich wurde das globale Platinangebot trotz der sinkenden Industrienachfrage den Schätzungen zu Folge im selben Zeitraum um rund 2 Prozent auf 6,06 Millionen Unzen ausgeweitet.

Die Erklärung für die positive Entwicklung der Notierungen kann demnach nicht im Industriesektor gefunden werden. Ausschlaggebend war eine deutliche Veränderung der Nachfragestrukturen im Jahresverlauf. Das Nachfragedefizit der Industrie wurde zu einem großen Teil durch höheren Verbrauch der Schmuckhersteller und durch spekulative Nachfrage zu Anlagezwecken kompensiert. Alleine die Schmuckhersteller haben im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen ihre Nachfrage um rund 80 Prozent auf 2,45 Millionen Unzen Platin gesteigert.

Vor allem chinesische und japanische Juweliere haben sich mit Platin eingedeckt. Aber auch die physische Nachfrage der Finanzindustrie ist erneut angestiegen: Mit etwa 630.000 Unzen Platin legten sich die Anleger rund 13 Prozent mehr Platin in die Depots als vor Jahresfrist. Noch stärker präsentiert sich die Entwicklung auf dem „Papiermarkt“: Die Netto-Long-Positionen spekulativer Anleger an der ICE (US) stiegen um bemerkenswerte 163 Prozent auf mehr als 19.000 Kontrakte, und somit mehr als doppelt so stark wie die entsprechenden Goldengagements.

Das hohe Interesse der Investoren resultiert zum größten Teil aus dem Hybridcharakter des Metalls. Zum einen weist Platin typische Merkmale eines Edelmetalls auf, und wird deshalb zum Schutz gegen Inflation und eine weitere Abwertung des US-Dollars gekauft. Zum anderen besitzt es auch typische Merkmale von Industriemetallen. Optimistische und risikofreudige Anleger setzen durch Käufe auf eine zügige Erholung der Konjunktur, und somit auf eine Steigerung der industriellen Nachfrage. Normalerweise neigen diese beiden Investorengruppen zu unterschiedlichen Positionierungen.

Auch im neuen Jahr rechnen viele Anleger mit weiteren Kurssteigerungen. Bei einer Investorenumfrage der Barclays Bank im vergangene Dezember wurde Platin bezogen auf die Renditeerwartungen mit Abstand als aussichtsreichstes Metall angegeben. Dazu trägt auch die Einführung von Platin-ETFs in den USA und Japan in diesem Monat bei. Bisher waren entsprechende ETFs nur in Europa und Australien zum Handel zugelassen. Bereits rund zwei Wochen nach der Notierungsaufnahme ist der amerikanische ETF Platinum Trust mehr als 164.000 Unzen schwer. Das entspricht etwa dem weltweiten Verbrauch von 10 Tagen. In Europa und Australien sind es mehr als 440.000 Unzen. Die starken Zuflüsse unterstreichen die optimistische Grundeinstellung vieler Marktteilnehmer.

Allerdings gibt es auch Pessimisten, die eine Fortsetzung der Rallye bezweifeln. Sie stellen die antizipierte Erholung der industriellen Nachfrage nicht zuletzt unter Verweis auf jüngere Entwicklungen in Frage. Grundsätzlich bestehe weiter die Gefahr eines erneuten konjunkturellen Rücksetzers, lautet ein häufig genanntes Argument. Wie eine unlängst auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos vorgestellte Studie der Managementberatung Oliver Wyman zeigt, rechnet rund ein Drittel der CEOs in der Finanzindustrie mit einer W-förmigen Erholung der Konjunktur. Die Einschränkung der Kreditvergabe in China und der erwartete Ausstieg der Notenbanken aus der extrem expansiven Geldpolitik werden als Bedrohung für den Aufschwung angesehen. Sollten sich ihre Befürchtungen bewahrheiten, wären Einbußen an den Rohstoffmärkten unvermeidlich. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären auch Platin und Palladium davon betroffen, denn schließlich ist ein großer Teil des Kursanstiegs als Wette auf eine weltwirtschaftliche Erholung zu verstehen.

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