Kommentar
20:22 Uhr, 19.09.2011

"Die Mitgliedschaft in einer Währungsunion ist Chance aber auch schwere Bürde"

Nun auch Wolfgang Schäuble; Nachdem Kanzlerin Merkel noch sanft und Schäuble eher schroff die FDP in ihre verbalen Schranken gewiesen hatte was die Diskussion zu Griechenland angeht, äußerte sich der Finanzminister am Wochenende wie folgt:
"Die Mitgliedschaft in einer Währungsunion ist Chance aber auch schwere Bürde. Die Anpassungsmaßnahmen sind sehr hart. Die Griechen müssen wissen, ob sie diese Last auf ihren Schultern tragen wollen."

Das hat gesessen! Der Ausschluss eines Landes aus der Währungsunion durch die anderen Mitglieder ist juristisch nicht vorgesehen. Der freiwillige Austritt zwar auch nicht, aber es wird wahrscheinlich de facto niemand ein Land davon abhalten können, eine neue Währung einführen zu können. Zur Not gibt es noch die Variante, dass gleichzeitig auch die Europäische Union verlassen wird. Ob das im Sinne des europäischen Gedankens sinnvoll ist, darf allerdings bezweifelt werden.

Fakt ist: Wenn jetzt sogar Schäuble so argumentiert, dann darf man damit rechnen, dass niemand den Griechen Steine in den Weg legen wird. Gleichzeitig sind genug Signale an die Märkte ausgesandt worden, so dass sich der Überraschungseffekt in Grenzen halten dürfte, sollte es denn wirklich passieren. Auf den Punkt gebracht: Der Austritt Griechenlands ist weitgehend eingepreist.

Die europäischen Banken, allen voran die französischen aber vielleicht auch deutsche, könnten im Fall X vor neuen milliardenschweren Kapitalinfusionen stehen. Darauf bereiten sich die Regierungen nach übereinstimmenden Presseberichten bereits vor.
Tatsächlich dürfte es sowohl aus französischer als auch deutscher Sicht schlauer sein, Geld in die heimischen Banken zu leiten statt in ein griechisches Fass ohne Boden.

Als überzeugter Anhänger der freien Marktwirtschaft kann man derartige Teilverstaatlichungen zwar generell nicht gutheißen, aber erstens stellt sich ohnehin die Frage inwieweit wir noch einen freien Markt haben und zweitens muss man die Überlebensfähigkeit der Banken ohne die doppelte Unterstützung durch Staat und Notenbanken massiv in Frage stellen. Sie hängen hilflos am Liquiditätstropf und an den impliziten Staatsgarantien. Eine massive Eigenkapitalaufstockung des gesamten Sektors ist dringend anzuraten, dabei sollte man auch vor drastischen Maßnahmen nicht zurückschrecken. Denkbar wäre z.B. ein vieljähriger Thesaurierungszwang (keine Ausschüttung von Dividenden mehr bis eine EK-Quote von x% erreicht ist), am Ende ist vielleicht auch eine organisatorische Aufspaltung der Banken eine Option. Die Finanzbranche steht vor dem wohl heftigsten Umbau ihrer Geschichte.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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