Kommentar
08:00 Uhr, 09.04.2007

„Die Investoren sollten nicht nur blind auf die Standardwerte blicken“

Bei der Banca Transilvania handelt es sich um eine aufstrebende Bank, die ihren Sitz ausnahmsweise nicht in Bukarest, sondern in Cluj-Napoca hat. Das hindert das Institut aber nicht daran, zu expandieren und inzwischen belegt man im Rankingvergleich der Assets schon Platz fünf. Auch im Bereich der Vermögensverwaltung und Geldanlage drängt die Gesellschaft nach vorne. Es werden hausintern drei Fonds verwaltet und seit September 2006 gibt es auch einen Indexfund. Der Closed End Fund war mit plus 31,2 Prozent im Vorjahr der beste Fonds in Rumänien. Und auch in diesem Jahr stimmt die Performance. Nach den ersten beiden Monaten führen belegen drei Fonds die Plätze eins bis drei im Performance-Ranking. Im Bereich Asset Management werden mittlerweile 25 Mio. Euro verwaltet. Wir befragten in Bukarest Radu Hanga, Leiter des Asset Management-Geschäfts, zu seinen Ansichten über den rumänischen Aktienmarkt.

Herr Hanga, welche Faktoren treiben seit Jahren die Kurse an der rumänischen Börse nach oben?

Über die Jahre hinweg gesehen haben unter anderem die sinkende Inflation und die fallenden Leitzinsen dem Markt auf die Sprünge geholfen. Die Annäherung an die EU hat zudem niedrigere Risikoprämien bewirkt und das hat dazu beigetragen, mehr Ausländer an die hiesige Börse zu locken.

Wo lauern aus Ihrer Sicht die Risiken am rumänischen Aktienmarkt?

Es gibt noch immer zu wenig interessante, liquide Aktien. Außerdem hat durch den zunehmenden Einfluss ausländischer Großinvestoren die Korrelation mit den Weltbörsen zugenommen. Das war in den Vorjahren noch anders.

Wie beurteilen Sie das Bewertungsniveau?

Die Standardwerte sind mindestens fair bewertet. Die Bewertungen reflektieren die Erwartungen von weiterem Umsatz- und Gewinnwachstum. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sich die Ausländer bisher auf die Blue Chips konzentrieren. Wie manche Übernahme, etwa im Bankenbereich gezeigt hat, werden die hohen Preise aber auch real gezahlt.

Welche Standardwerte können Sie noch empfehlen?

Falls etwas im Iran passiert und der Ölpreis deswegen steigt, ist sicherlich Petrom eine gute Absicherung. Wegen der noch geringen Penetration mit Bankprodukten halte ich auch die Banken für interessant. Deutliches Kurspotenzial haben aber vor allem die Privatisierungsfonds. Abgesehen davon ist es aber ratsam, sich mehr mit den Nebenwerten zu beschäftigen. Wir irrational es momentan an der hiesigen Börse zugeht, zeigt sich übrigens an den SIFs. Auf diese Titel gibt es nämlich auf Futures und diese werden momentan unter dem Spotpreis an der Börse gehandelt. Das ist sonst nicht üblich und zeigt ein gehöriges Maß an Pessimismus in Bezug auf die SIFs

Was ist bei der Suche nach lukrativen Nebenwerten zu beachten?

Es ist da oft schwierig, die richtigen Unternehmen zu finden und die nötigen Informationen zu bekommen. Hier ist es wichtig, mit dem Management ins Gespräch zu kommen. Denn wenn die Verantwortlichen kein Interesse am Aktienkurs haben, steht man auf verlorenen Posten. Wir haben einmal den Fehler gemacht, trotzdem zu investieren, obwohl die genannte Voraussetzung nicht erfüllt war. Und bis heute haben wir mit diesem Engagement praktisch nichts verdient, obwohl wir schon einige Jahre investiert sind. Abgesehen davon muss man natürlich aufpassen, dass innerhalb einer Firma nicht Gewinne verschoben werden oder das Unternehmen ausgesaugt wird,

Welche Sektoren gefallen Ihnen?

Interessant sind die Branchen Dienstleistungen, Bau und Infrastruktur. In allen diesen drei Segmenten gibt es aber ein nur geringes Aktienangebot. Und die, die es gibt, haben nur eine geringe Liquidität.

Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Ausgangslage?

Die Konjunktur läuft gut und wir blicken auch weiterhin optimistisch nach vorne. Das Leistungsbilanzdefizit kann bestimmt noch in den kommenden beiden Jahren mit Hilfe der ausländischen Direktinvestitionen finanziert werden. Und danach kommt es über steigende Exporte hoffentlich zu Verbesserungen in der Handelsbilanz.

Welche Anregungen haben Sie für die an der Börse beteiligten Marktteilnehmer?

Vom Staat würde ich mir wünschen, dass er die Bedeutung des Aktienmarktes für die Wirtschaft besser verstehen lernt und entsprechend fördert. Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Investoren künftig mehr die mittleren und kleineren börsennotierten Unternehmen beachten, anstatt immer nur blind auf die Standardwerte zu blicken.

Quelle: www.ostboersen-report.de

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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