Kommentar
09:32 Uhr, 21.12.2011

Die größte Bankenrettungsaktion der Geschichte?

Im Angebot: Kredit in beliebiger Höhe, Laufzeit drei Jahre, Zinssatz 1%.
Anbieter: EZB. Adressaten: Europäische Geschäftsbanken. Geschäftsabschluss: Mittwoch, 21.12.2011

Gibt’s nicht? Sie wollen auch so einen Kredit? Pech gehabt. Banklizenz beantragen!
Die EZB widersetzt sich zwar weiterhin der Staatsfinanzierung im großen Stil, weil es die EU-Verträge verbieten. Aber Geschäftsbanken bekommen schon seit Ende 2008 beliebig viel Liquidität in Finanzierungsgeschäften, die verschiedene Laufzeiten haben – bisher bis zu einem Jahr. Drei Jahre bringen eine neue Qualität ins Liquiditätsspiel, insbesondere weil die EZB damit die Steuerung der Geldmenge ein wenig aus der Hand gibt. Als Spiel mit dem Feuer bezeichnen einige Medien das Vorgehen, wer weiß wieviel Geld sich die Banken heute besorgen? Ein paar 100 Milliarden oder noch mehr? Als „Sicherheiten“ werden die üblichen Papiere akzeptiert, natürlich auch Anleihen der europäischen Krisenstaaten.

Die kaum verheimlichte Hoffnung der EZB und der Politik beinhaltet, dass die Banken den alten impliziten Pakt erneuern, der die Staatenfinanzierung lange Zeit einfach machte. Wir geben Euch Kredit, ihr gebt den Staaten Kredit, wir nehmen die Anleihen als Sicherheit für weitere Kredite. Usw…

Das war immer ein schönes Geschäft (für die Banken versteht sich), denn der Leitzins der EZB lag spürbar unter den Renditen der Staatsanleihen. Der Pakt geriet in der Finanzkrise ins Wanken. Den nominell hohen Zinsen auf die Papiere der Krisenstaaten standen (auf einmal??) noch höhere Ausfallrisiken gegenüber. Der Nimbus der Unzerstörbarkeit einer europäischen Staatsanleihe war vernichtet.

Wird es der EZB gelingen, den Pakt wiederaufleben zu lassen? Kaufen die Banken wieder in Massen europäische Staatsanleihen?

Um diese Frage zu beantworten, müssten wir wissen welche Gespräche hinter den Kulissen laufen. Falls den Banken signalisiert wird, dass die EZB im Fall der Fälle, entgegen öffentlicher Bekundungen, doch als Retter in der Not agieren wird und unlimitiert Staatsanleihen kauft, dann wird der Plan gelingen. Das würde dann aber auch bedeuten, dass erneut Gewinnchancen privatisiert werden, während die Verlustrisiken die Öffentlichkeit trägt. Anders gesagt: Es wär ein reines Geschenk an die Finanzindustrie

Wir wissen es nicht. Man darf jetzt erst mal gespannt sein, welch gigantische Summen die Banken sich für drei Jahre leihen. Und dann werden wir beobachten, wie sich die Renditen der Krisenbonds entwickeln. Einen Profiteur der EZB-Aktion gibt es auf jeden Fall: Die Banken. Kein Wunder, dass sie die Gewinnerliste im DAX anführen.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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