Die Gier, der Feind des Spekulanten. Kommt Ihnen bekannt vor?
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Max Gunther, Autor der [Link "„Zürich-Axiome“" auf books.godmode-trader.de/... nicht mehr verfügbar], stellte fest: Die Schweizer gehören zu den klügsten und besten Spekulanten der Welt – und orientieren sich dabei an Regeln, die als Zürich-Axiome bekannt wurden.
In einer 12-teiligen Serie behandeln wir im Traders Journal die Thesen Gunthers. In der letzten Ausgabe haben wir das Wesen des Risikos erörtert. Heute ist die Gier dran!
Axiom 1 (Risiko): Hier
Axiom 2 (Gier): Hier
Axiom 3 (Hoffnung): Hier
Axiom 4 (Prognosen):Hier
Axiom 5 (Muster): Hier
Axiom 6 (Mobilität): Hier
Axiom 7(Intuition): Hier
Axiom 8 (Okkultes): Hier
Axiom 9 (Optimismus und Pessimismus): Hier
Axiom 10 (Konsens): Hier
Axiom 11 (Sturheit): Hier
Axiom 12 (Pläne): Hier
Axiom 2: Nehmen Sie Gewinne zu früh mit! „Wenn Sie weniger wollten, würden Sie mit mehr nach Hause gehen“
„Greed is good“ - Gier ist gut. Michael Douglas alias Gordon Gekko fomulierte das Mantra der Spekulation im Klassiker „Wall Street“.
Während eine gewisse Grund-Gier tatsächlich die Basis eines erfolgreichen Spekulanten ist, kann sie in übersteigerter Form dazu führen, sogar alles zu verlieren.
Max Gunther definiert Gier im Kontext des zweiten Axioms als „exzessiven Erwerbssinn“. Mehr und mehr haben wollen - und nicht nur das, sondern auch mehr als man ursprünglich (als man die Spekulation einging) „mit Recht erwarten durfte“. Erwerbssinn ist in diesem Zusammenhang der natürlicherweise vorhandene Wunsch, seine (materielle) Situation zu verbessern.
Man könnte die Problematik so verdeutlichen: Wenn Sie eine gute Spekulation ausgemacht haben, die – wenn sie gut geht – Ihnen einen Kleinwagen als „Gewinn“ bescheren würde, dann verleitet sie die Gier dazu, einen Sportwagen zu wollen, sobald der Kleinwagen eingetütet ist. Und genau diese Gier kann dann so selbstzerstörerisch wirken, dass sie auch den Kleinwagen wieder verlieren und sogar ihren Einsatz.
Diese allzu menschliche Eigenschaft kann man besonders gut in Spielcasinos beobachten, hier insbesondere im Zusammenhang mit „Glückssträhnen“. Die Schweizer sagen gern: „Man soll sein Glück nicht überstrapazieren“. Wenn Sie also 5mal hintereinander auf rot gesetzt haben und es kam rot, dann heißt das nicht dass es noch weitere 5mal klappt. Die Gier treibt den Spieler aber dazu, nicht aufhören zu können. Er will nicht nur immer mehr, sondern beginnt auch sich einzubilden, dass er eine Glückssträhne hat, dass ihn das Glück an diesem Tag quasi ausgewählt hat (Roulette), oder er gar besondere Fähigkeiten hat, was bis zur Hybris (Selbstüberhebung) führen kann.
Die Quintessenz von Axiom 2 ist also: Gewinne lieber zu früh als zu spät mitnehmen. Einen Hype nicht bis zum Ende ausreizen, denn Sie kennen das Ende nicht! Einen Berg im Dunkeln nicht bis zum Gipfel erklimmen, denn Sie wissen im Dunkeln nicht wo der Gipfel ist und laufen Gefahr, auf der anderen Seite herunterzustürzen! Aber nun stellt sich die Frage? Wo steigt man aus??
Nebenaxiom 3: Legen Sie im Voraus fest, welchen Gewinn Sie erwarten, und steigen Sie aus, sobald Sie diesen Gewinn haben!
Was ist genug? Die Gier führt dazu, dass diese Frage immer „weiter nach oben“ geschoben wird. Hinzu kommt, dass man den Erfolg nach einer Spekulation als „neuen Startpunkt“ begreift. Wenn Sie also mit 10 TSD EUR in eine Spekulation gegangen sind und dann auf 20 TSD verdoppeln, dann sehen Sie diese 20 TSD EUR als ihre neue Basis. Und Sie denken, dieses Geld steht Ihnen zu, ganz genauso wie Ihr Startkapital.
Sich in finanziellen Dingen Ziele zu setzen und dann aufzuhören ist für die menschliche Psyche extrem schwierig, den es gibt keine klaren, logisch begründbaren Zielpunkte. Denken Sie im Gegensatz dazu an den Sport: Als Ungeübter einen Marathon zu schaffen ist ein klares, nachvollziehbares Ziel, das auch definiert ist.
Bei einer Spekulation ist eine klare Zielsetzung im Prinzip auch möglich, aber für uns Menschen ungleich schwerer durchzuhalten.
Nehmen wir mal an, Sie haben eine Aktie analysiert und kaufen für 10 EUR. Sie haben ein Kursziel von 13 EUR ausgemacht anhand von Fundamentaldaten und Chartmarken. Das Axiom sagt nun ganz klar: Nehmen Sie den Gewinn hier mit!
Stattdessen tendieren wir dazu, einfach weiter laufen zu lassen. Mal sehen wie weit die Aktie steigt? 14 EUR – super! Oha, Gewinnmitnahmen, nur noch 12,50 EUR. Die kommt schon wieder hoch! 12 EUR. 11 EUR. Nein jetzt verkauf ich nicht mehr. Ich war schon 40% vorne! 10 EUR. 9 EUR. Nein jetzt bin ich im Verlust. Ich sitze das jetzt aus!
Kennen Sie das? Das Befolgen des dritten Nebenaxioms bewahrt Sie vor diesen Psychokämpfen. Legen Sie VOR der Spekulation fest, was Sie wollen und seien Sie dann konsequent. Unzählige Male werden Sie leider feststellen, dass die Aktie weiter steigt, nachdem Sie verkaufen. Ignorieren Sie das!Auf lange Sicht führt Sie diese Strategie zum Erfolg.
Gunter empfiehlt, nach dem Erreichen von Zielmarken und der konsequenten Befolgung der Strategie, sich selbst (und andere, z.B. den Partner) zu belohnen. Sei es ein schönes Essen bei einer kleineren Spekulation oder eine schöne Uhr bei einer größeren. Dies verstärkt das gute Gefühl etwas richtig gemacht zu haben und konditioniert zu strategiekonformem Verhalten.
Fazit:
- „Verkaufen Sie zu früh“. Nicht warten, bis der Boom den vermeintlichen Höhepunkt erreicht hat.
- Definieren Sie sich Ziele und beenden Sie die Spekulation bei Zielerreichung konsequent.
- Ausnahme: Eine völlig neue Situation entsteht (z.B. ein Übernahmeangebot bei einem Unternehmen), die Sie von Ihrem Ursprungsplan abweichen lässt. Das dürfte sehr selten der Fall sein.
- Quälen Sie sich nach dem Verkauf nicht selber, indem Sie das Spekulationsobjekt weiter beobachten.
- Belohnen Sie sich selber bei erfolgreichen Spekulationen.
Ihr
Daniel Kühn
http://www.tradersjournal.de
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