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13:16 Uhr, 08.11.2013

Die geldpolitischen Tauben werden wohl nie mehr müde

Die Weltwirtschaft stabilisiert sich. So bestätigen überraschend um 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegende Exporte, dass sich die chinesische Wirtschaft auf einem stabilen Konjunkturpfad befindet. Auch die US-Wirtschaft entwickelt sich mit einem Wachstum im abgelaufenen III. Quartal von 2,8 Prozent zum Vorjahr dynamisch. Die Konjunkturstimmung zeigt sich ebenso optimistisch. So notiert der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe mit einem Wert von 56,4 - der höchste Stand seit 31 Monaten - komfortabel im expansiven Bereich. Ähnliches gilt für den US-Dienstleistungssektor. Offensichtlich hat die Unsicherheit über die Auswirkungen des government shutdown zu keiner Verschlechterung der US-Konjunkturstimmung geführt.

Selbst in Euroland zeigt sich die Konjunkturstimmung im IV. Quartal 2013 von ihrer optimistischen Seite. Setzt man die ifo Geschäftslage euroländischer Unternehmen zu den ifo Geschäftserwartungen gemäß den vier typischen Phasen eines Konjunkturzyklus zueinander in Bezug, ist eine Stimmungsverbesserung der euroländischen Wirtschaft ablesbar. Sowohl Geschäftslage als auch -erwartungen haben sich erneut aufgehellt.

Unterschiede ergeben sich jedoch bei der detaillierten Länderbetrachtung. Zwar weist der euroländische Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe insgesamt mit 51,3 weiterhin auf Expansion hin. Das ist jedoch insbesondere der sich aufhellenden Wirtschaftsstimmung in Deutschland - unser Einkaufsmanagerindex liegt mit 51,7 an der euroländischen Spitze - zuzuschreiben. Dagegen verhindern die anhaltenden Strukturprobleme in der Euro-Südzone eine breitere Konjunkturdynamisierung Eurolands. So deutet der italienische Einkaufsmanagerindex mit 50,7 lediglich auf ein maues Wachstum hin. In Frankreich entfernt sich der Index zuletzt mit 49,1 sogar noch weiter von der Expansion anzeigenden Schwelle von 50. Die in Italien oder Frankreich getätigten „Reförmchen“ reichen nicht aus, um deren wirtschaftliche Lage nachhaltig zu verbessern. Dies ist auch der Grund, warum die Rating-Agentur Standard & Poor’s die Bonität Frankreichs um eine Stufe auf „AA“ verringerte. Immerhin ist für 2014 gemäß Herbstprognose der Europäischen Kommission mit einem euroländischen Wachstum von 1,1 Prozent die Wirtschaftsschrumpfung von 2012 und 2013 beendet.

Euroland wird weiter mit Schulden gerettet

Um diesen Erholungsprozess nicht zu gefährden, wird man die prekären Euro-Staaten in punkto Sparvorgaben weiter schonen. So bleibt zwar Frankreich gegenüber den im Frühjahr deutlich reduzierten Sparvorgaben im Zeitplan, dies aber nur aufgrund von wirtschaftsfeindlichen Steuererhöhungen. Und in Italien wird die sich sogar weiter deutlich verschlechternde Verschuldungslage von der politisch gelähmten Regierung in Rom völlig ignoriert.

Die dramatischen Schuldenstände der Euro-Staaten einerseits und die solide Vermögenslage privater Haushalte andererseits wecken Begehrlichkeiten in der Politik. Ein Vorschlag von Frau Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds, zur Sanierung der Staatsfinanzen in Form einer Sondersteuer in Höhe von 10 Prozent auf privates Vermögen liegt bereits vor. Zwar steht eine Umsetzung nicht unmittelbar bevor. Allerdings scheint man Anlegern damit „Angst-Anreize“ geben zu wollen, das Ersparte entweder konjunkturwirksam auszugeben oder den Anleihemärkten zur weiteren Sicherung des Staatsschuldenabsatzes zur Verfügung zu stellen.

EZB im Kampf gegen das Deflationsgespenst

Trotz Widerstands im EZB-Rat wurde der Leitzins auf das historische Tief von 0,25 Prozent gesenkt. Darüber hinaus wurde den Banken die Vollzuteilung eines jeden Liquiditätswunsches bis mindestens Mitte 2015 zugesichert.

Die EZB ist gezwungen, ihre geldpolitische Offensive konsequent fortzusetzen. Mit der Notenbankzinssenkung reagiert sie auf die zuletzt stark rückläufige Inflation in der Eurozone, die sich seit September 2011 von drei Prozent auf aktuell 0,7 Prozent verringerte. Angesichts der Tatsache, dass die bisher schon ultralockere Geldpolitik der EZB noch nicht ausreichte, die eurozonale Wirtschaft nachhaltig aus der Misere zu bringen und sich jetzt sogar Deflationsrisiken zeigen, sieht sich die EZB dazu veranlasst, den Finanzmärkten mit - auch real, also inflationsbereinigt - weiter sinkenden Leitzinsen unmissverständlich klar zu machen, dass die Geldpolitik noch sehr lange ein fester verlässlicher Stützpfeiler für Konjunktur und Finanzmärkte in Euroland sein wird. Im Übrigen erlaubt ihr die massive Unterschreitung des EZB-Inflationsziels von zwei Prozent sogar noch eine weitere Zinssenkung bzw. die Senkung des Einlagenzinses für von Banken bei der EZB geparkten Geldes auf Null Prozent bzw. negatives Niveau.

Und selbst mit diesen qualitativen geldpolitischen Maßnahmen wäre das Ende der Möglichkeiten der EZB noch lange nicht erreicht. Bis dato hat die EZB noch für keinen Euro-Cent Anleihenaufkäufe getätigt. Und genau mit diesem quantitativen Instrument der Liquiditätsversorgung würde sie das zur Krisenbekämpfung absolut schärfste Schwert ziehen.

Dass damit nicht zuletzt auch der Euro gegenüber dem US-Dollar und dem japanischen Yen nachgegeben hat - mit bislang 0,5 Prozent Leitzins war die Eurozone gegenüber den USA und Japan ein Hochzinsland - nimmt die EZB mit Aussicht auf günstigere Exportaussichten Eurolands sehr gerne in Kauf.

Auch wenn die direkte realwirtschaftliche Wirkung der Leitzinssenkung begrenzt sein dürfte, hat die EZB einen indirekten Impuls fest im Blick. Denn für Banken ist es jetzt noch attraktiver, Fristentransformation - kurzfristig zum günstigen Leitzins ausleihen, langfristig zu höheren Staatsanleiherenditen anlegen - zu betreiben. Über diesen Weg kommen die Euro-Staaten in den Genuss einer erhöhten Nachfrage nach ihren neuen Schuldtiteln, die ihnen kurstreibend und damit renditesenkend die preisgünstige öffentliche Schuldenaufnahme für neue Konjunkturpakete gewährt. Eine gewisse Ersatzbefriedigung für die schwachen Nachfrageaggregate Konsum, Investitionen und Export ist insofern zu erwarten.

Insgesamt nimmt im Zuge der internationalen Nullifizierung der Notenbankzinsen die Renditedrückung bei Staatsanleihen kein Ende. Nach einem kurzzeitigen Anstieg in Folge der Tapering-Ängste seit Mai 2013 zeigt sich die Rendite einer angenommenen „Triaden-Staatsanleihe“ - ein gleichgewichteter Durchschnitt der Renditen 5-jähriger US-, japanischer und deutscher Staatsanleihen - wieder rückläufig. Anleihen sind weiterhin keine Alternative zu Aktien.

Deutsche Aktien mit weiterem Kurspotential

Die ifo Geschäftserwartungen für die Eurozone kommen exportseitig insbesondere deutschen Unternehmen zugute. Denn deren Exporte in die Euro-Länder konnten zuletzt um 4,4 Prozent zum Vorjahr steigen. Weltweit verzeichnet die deutsche Exportindustrie sogar einen Rekordüberschuss von 20,4 Mrd. Euro. Das schlägt sich insbesondere auch bei den konjunktursensitiven und exportstarken deutschen Mittelstandsaktien nieder, die seit 2009 - auf Basis MDAX im Vergleich zu den DAX-Werten - eine im Trend deutliche Outperformance zeigen.

Aber auch die großen DAX-Konzerne haben ihr Kurspotential noch nicht ausgeschöpft. Der DAX-Performance-Index - mit Dividendenberücksichtigung - befindet sich zwar auf hohem Niveau. Inflationsbereinigt ist er jedoch 11 Prozent von seinem Zwischenhoch vom 7. März 2000 entfernt.

Bezogen auf den DAX Kurs-Index - ohne Dividendeneinbeziehung - wäre das so berechnete Kurspotenzial noch höher. Bis zum Stand vom 7.3.2000 beträgt die Differenz 63 Prozent.

Die deutsche Berichtsaison

Die deutsche Berichtsaison stimmt insbesondere für den Ausblick positiv und unterstreicht damit die positiven Konjunkturprognosen. So hält BMW seine vielversprechende Gewinnprognose für 2013 aufrecht. Beiersdorf hob seine Umsatzprognose für 2013 leicht an. Adidas hält zumindest an der bereits im September um gut 7 Prozent gesenkten Jahresprognose fest. Mit Blick auf die 2014 anstehende Fußball-Weltmeisterschaft zeigt sich das Unternehmen ohnehin optimistisch. Continental fällt ebenfalls mit einem positiven Ausblick auf.

Aktuelle Marktlage und Charttechnik

Unter dem Strich dürften die weitere - wenn auch künstliche - Stabilisierung der Weltkonjunktur und natürlich das anhaltend positive geldpolitische Umfeld den Aktienmärkten im Trend weiter zu gute kommen. Vor diesem Hintergrund kann der DAX bis Ende des Jahres neue Höchststände bis zu 9.500 Punkte erzielen.

Jedoch sind zwischenzeitliche Korrekturen am Aktienmarkt einzukalkulieren. So deutet in den USA die aktuell sehr geringe Anzahl der Aktienpessimisten als Kontraindikator auf erhöhte Volatilitäten hin.

Aus charttechnischer Sicht dürfte dem DAX aufgrund der zuletzt überkauften Lage eine Atempause durchaus bevor stehen. Eine mögliche technische Reaktion trifft aber bereits bei 8.900 und darunter bei 8.850 Punkten auf ersten Halt. Sollte es zu einer stärkeren Korrektur kommen, rücken die Unterstützungen bei 8.770 und 8.692 Punkten in den Vordergrund.

Setzt der deutsche Leitindex seinen Höhenflug allerdings weiter fort, so trifft der bei 9.118 Punkten auf einen ersten Widerstand. Darüber erweist sich die psychologisch wichtige Marke bei 9.500 Punkten als Hürde.

Und das passiert in der nächsten Woche

Auf Unternehmensebene neigt sich die Berichtsaison für deutsche Unternehmen dem Ende zu. Eine schwächere Nachfrage aus Asien dürfte sich negativ im Ergebnis von Lanxess niederschlagen. Die Versorger E.ON und RWE bekommen die Folgen des Atomausstiegs zunächst weiter zu spüren. Bei K+S dürfte der starke Preisdruck bei Kalisalz Tribut gefordert haben. Merck dürfte trotz negativer Währungseffekte seine Gewinnprognose für 2013 bestätigen. Die Ergebnisse der Deutschen Post sowie von Henkel sollten nicht negativ überraschen.

Auf Makroebene bekräftigen die Zahlen zur US-Industrieproduktion das Bild einer sich abgeschwächt fortsetzenden US-Konjunkturerholung.

Auch in Japan dürfte sich die geldpolitisch begünstigte, positive Konjunkturentwicklung in den anstehenden BIP-Zahlen für das III. Quartal 2013 niederschlagen.

In Deutschland dürften die vorläufigen BIP-Zahlen für das abgelaufene III. Quartal zwar vergleichsweise schwächer ausgefallen sein. Jedoch handelt es sich hierbei lediglich um eine Wachstumsdelle auf dem Weg der weiteren Konjunkturerholung.

Die Aktienhausse geht an der deutschen Altersvorsorge leider vorbei

Die Aktien laufen zumindest in fast allen Industrieländern. Und sind die Deutschen mit dabei? Also in meinem Freundeskreis ist Aktienhausse kein Thema. Jetzt könnte man behaupten, ich habe die falschen Freunde. Aber genau mit diesen Freunden habe ich damals in der Sturm und Drang-Zeit der Aktie bis in die Nacht über diese Anlageklasse diskutiert. Jedoch hat das Trio Infernale - Neuer Markt, Immobilienblase, Schuldenkrise - wohl vielen die Aktienlust verdorben.

Und die deutsche Politik tut alles, um auch zukünftig jeden Lustgewinn in punkto Aktiensparen zu unterdrücken, obwohl es schizophren ist. Denn unsere börsennotierten Unternehmen - auch aus der zweiten Reihe - sind oft genug Weltklasse, wenn nicht sogar einsame Spitze. Sie sichern und schaffen Arbeitsplätze und zahlen ordentlich Steuern und Sozialabgaben. Es war goldrichtig, auch dann noch auf Industriekultur zu setzen, als man z.B. in Großbritannien die vermeintlich renditeschwache old economy Chemie, Maschinenbau, Elektrotechnik oder Autos wie lästige Pickel so schnell wie möglich loswerden wollte und sich stattdessen einseitig auf die entfesselte new economy fokussierte, die zwar lange Jahre Traumrenditen erzielte, aber heute die neue Sachlichkeit verspürt. Heute verfügt die deutsche Volkswirtschaft über viel Substanz und wenig heiße Luft.

Insofern müsste es für unsere Politiker selbstverständlich sein, uns diese börsennotierten Kronjuwelen - ähnlich wie früher Günter Schild bei Staatspapieren - für eine aktienbasierte Altersvorsorge schmackhaft zu machen, oder? Von wegen! Unsere Politiker betreiben regelrecht Aktien-Exorzismus. In den USA, bei den heutzutage deindustrialisierten Angeln und Sachsen, aber selbst in Schweden - nicht gerade für Marktradikalismus bekannt - wird die Alterssicherung mit Aktien bewusst gefördert. Dagegen werden deutsche Aktienanleger mit einem niedlichen Steuerfreibetrag auf Kapitalerträge von 801 Euro jährlich abgespeist.

Die Politik betreibt Aktien-Schelte

Die Politik lässt auch nicht zu, dass Versicherer sich als eine Art Oase für Aktienanleger herausbilden. Aufsichtsrechtlich wird der deutschen Assekuranz aufgegeben, selbst Investments in Aktien von Unternehmen mit Eigenkapital zu unterlegen, die alternativlose Grundbedürfnisse des Menschen wie Essen, Trinken oder Gesundheit abdecken. Dagegen entfällt dieser Risikoaufschlag, der für das „Teufelszeug“ Aktien aufgebracht wird, für die ach so sicheren Staatspapiere der Euro-Südzone. Nach Meinung der Politik gilt damit z.B. ein weltweit führender Konsumkonzern, der auf die unumstößlichen Fakten einer wachsenden und sich laufend besser ernährenden Weltbevölkerung bauen kann, als größeres Sicherheitsrisiko als völlig überschuldete, spar- und reformunwillige Euro-Staaten, die nur durch geldpolitische Aufbauspritzen überleben können. So ist es keine Überraschung, dass deutsche Versicherer im Jahr 2011 - auch die Zahlen für 2012 und 2013 lassen wohl kaum eine wirkliche Besserung erkennen - nur über einen Aktienanteil von knapp drei Prozent verfügen. Dagegen ist ihr Anlageschwerpunkt Zins- und Staatsvermögen, so weit das Anlegerauge reicht. Ähnliches gilt für Pensionskassen, denen unter dem Deckmäntelchen einer „Mündelsicherheit“ aktienfeindliche Daumenschrauben angelegt werden.

Und dann trifft Aktien noch der zweifache Steuerknüppel: Erstens die Unternehmensgewinn- und zweitens die Dividendenbesteuerung, obwohl diese bereits aus versteuertem Gewinn bezahlt wurden. Und jetzt dürfen wir uns als „Sahnehäubchen“ auch noch auf die Finanztransaktionssteuer freuen, die im Windschatten der Bekämpfung der bösen Euro-Spekulanten auch die privaten Aktienanleger heimsuchen dürfte. Der Aktionär als großkoalitionäre Melkkuh. Also weder Sie noch ich sind an der Finanz- und Schuldenkrise schuld.

Wirtschaftlich Weltspitze, anlagetechnisch ein Entwicklungsland

Auf den ersten Blick scheint es für Vater Staat sogar Sinn zu machen, der Aktie die kalte Schulter zu zeigen Er erfreut sich daran, dass neue Staatstitel weg gehen wie warme Semmeln. Dann bleibt der Finanzminister liquide und als Nebenprodukt die zu zahlenden Renditen günstig. Welcher Metzger schert sich schon um die Perspektiven für Tofu.

Aber auf den zweiten Blick entgehen dem deutschen Sparer mit dieser Politik langfristige Wohlfahrtsgewinne, um im Alter finanziell besser dazustehen. Das wäre ihr Preis gewesen. An einer mangelnden Sparquote in Deutschland liegt es wohl kaum. Wenn der Altersvorsorge der Aktienhebel für höhere Anlagerenditen fehlt, schneidet sich die Politik längerfristig in das eigene Fleisch. Denn Vater Staat wird früher oder später gezwungen sein, vielen Ruheständlern den Lebensunterhalt mit staatlichen Mitteln aufzustocken. Eine visionäre Alterssicherung ist das nicht.

Grundsätzlich liegt das Problem jedoch in der deutschen 80-80-Regel, wonach 80 Prozent der deutschen Anleger durchschnittlich 80 Prozent ihres Vermögens in Zins- und damit auch in Staatsvermögen anlegen. Nach Abzug der Preissteigerung - die tatsächliche, nicht die offizielle - kann man zusehen, wie die zinsseitige Altersvorsorge wie Butter in der Sonne schmilzt. Und mit der kürzlichen Zinssenkung der EZB hat die Schmelzgeschwindigkeit noch an Dynamik gewonnen. Papa Staat freut sich wie ein Schneekönig über das günstige Schuldengeld und wir zahlen dafür die Zeche der Entreicherung. Wenn eine Anlageklasse überbewertet ist, dann ist es das Zinsvermögen. In Deutschland müsste der Weltspartag eigentlich Welt-Entspartag heißen.

Vermögensabgabe auf Spareinlagen oder was Frau Lagarde eigentlich will...

Sprechen wir noch über eine andere Form des Zinsvermögens, die Spareinlagen. Von Madame Lagarde - als Chefin des IWF nicht der sozialistischen Gesundbetung verdächtig - kommt ein bemerkenswerter Vorschlag zur Genesung der Haushalte der Euro-Länder. Sie schlägt eine Vermögensabgabe, eine „Schuldensteuer“ - bei Wortneuschöpfungen sind Politiker Spitze - von 10 Prozent u.a. auch auf alle euroländischen Spareinlagen vor. Und in der Tat können schon allein bei der Gegenüberstellung der rund 8,6 Bill. Euro Staatsschulden der Eurozone und der Spareinlagen von 6,2 Bill. Euro durchaus frevelhafte Gedanken aufkommen.

Käme es tatsächlich so weit, hätten wir es mit einer Loss-Loss-Situation zu tun: Die Anleger verlören über die Realrendite und über die Enteignung. Aber ich denke, Madame Lagarde hegt mit der Rüttelung an der heiligen Kuh von Spareinlagen andere Absichten. Sollte der ein oder andere aus Risikoüberlegungen das Geld ausgeben, käme es der Konjunktur zugute. Und wenn man anlagetechnisch von Spareinlage auf Staatspapiere umschwenkt, hat der Staat noch geringere Absatzprobleme von neuen Schuldtiteln. Denn diese wird man erst zuletzt mit einem Haircut versehen. Frau Lagarde ist definitiv smart.

Weg mit der politischen Aktienmuffelei

In diesem real existierenden Anlageuniversum erscheinen Aktien - mit oder ohne politische Unterstützung - als solide Ersatzbefriedigung zu dem entgangenen Lustgewinn bei Anleihen. Und wenn ich jetzt auch noch die auch zukünftig nicht enden werdende geldpolitische Vollkaskoversicherung zur finanzwirtschaftlichen Vorbeugung vor Kollateralschäden der Schuldenkrise, die früher oder später auch der Realwirtschaft auf die Beine helfen wird, berücksichtige, sind Aktien nicht der Saulus, sondern der Paulus meiner Altersvorsorge. Allein bis Jahresende hat der DAX ein Potenzial bis etwa 9.500 bzw. der MDAX eines bis ca. 16.800 Punkte.

Zwar sind auch Aktien kein Allheilmittel. Zwischenzeitliche Konsolidierungen müssen aufgrund nicht aussterbender Krisen einkalkuliert werden. Aber unsere Finanzindustrie bietet hierfür gute Instrumente zur Behandlung, wie z.B. regelmäßige Aktiensparpläne.

Es geht nicht um eine Vermögensstruktur, die sich zu 100 Prozent aus Aktien zusammensetzt. Es geht um Streuung von Anlagerisiken, man sollte weg von der deutschen 80-80-Regel kommen und sich zumindest auf 50 Prozent Sachkapital, wozu natürlich auch Aktien gehören, zu bewegen.

Aktien sind kein Teufelszeug, im Gegenteil. Wir müssen nicht die Aktien retten, sondern die Aktien uns, unsere Altersvorsorge. Wer heute bei Aktien nicht mitmacht, kann morgen bei der Altersvorsorge nicht gewinnen.

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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