Kommentar
11:32 Uhr, 20.11.2012

Die Gefahr einer Immobilienblase in Deutschland wächst

Die Unsicherheit an den Finanzmärkten sowie die historisch niedrigen Hypothekenzinsen bringen Schwung in den deutschen Immobilienmarkt. Inzwischen mehren sich jedoch die mahnenden Stimmen vor einer Immobilienblase.

Immobilien machen mit rund 87 Prozent den größten Anteil am deutschen Anlagevermögen aus. So liegt das Gesamtvermögen inklusiv der Grundstückswerte in Deutschland bei etwa 9,5 Billionen Euro. Auch bei privaten Haushalten ist rund jeder zweite angelegte Euro in Immobilien investiert, das geht aus dem aktuell vorgelegten Immobilienbericht der Bundesregierung hervor. Infolge der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Angst vor einer zunehmenden Geldentwicklung, bei gleichzeitig historisch niedrigen Hypothekenzinsen weit unter drei Prozent wird so mancher Deutsche schwach und greift zu, um sein Erspartes zu retten. Aber auch so mancher größerer Auslandsinvestor entdeckt den lange Zeit wenig beachteten deutschen Immobilienmarkt. Last but not least fließt nach Berichten des Bundeskriminalamtes in zunehmendem Maße Schwarzgeld im Zuge von Geldwäsche in deutsche Immobilien. So sind die Geldwäsche-Verdachtsfälle im Immobilienbereich stark angestiegen. Gerade die Steuerflucht aus EU-Schuldenländern wie Griechenland, Portugal, Zypern, Italien oder Spanien verführt dabei wohl so manchen Vermögenden, sein Geld im Ausland sicher anzulegen, darunter auch in Deutschland. Das alles zusammen kurbelt den Immobilienbereich kräftig an. So stieg laut dem Immobilienbericht der Bundesregierung die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen im vergangenen Jahr um 22 Prozent zu, die Zahl der fertiggestellten Wohnungen stieg um 15 Prozent. Mit ähnlich hohen Zahlen dürften auch in diesem Jahr gerechnet werden. Befördert wird dieses Wachstum durch einen hohen Bevölkerungszuwachs in einigen der großen Ballungszentren. Das lässt die Immobilienpreise klettern. Sich berufend auf die Daten der BulwienGesa AG weist der Immobilienbericht einen durchschnittlichen Preisanstieg der Immobilienpreise im Jahre 2011 um 5,5 Prozent aus. In den großen Metropolen wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt oder Düsseldorf stiegen die Preise gar um sieben bis neun Prozent.

Der neue Allianz-Finanzchef Maximilian Zimmerer sieht diese Entwicklung mit Sorge. "Ich fürchte, es könnte zu einer Blase kommen", sagte Zimmerer der "Süddeutschen Zeitung". "Ich sehe, dass sich für die Zukunft Risiken aufbauen. Die Zentralbanken überfluten die Welt mit billigem Geld. Niedrige Zinsen führen auf Dauer immer zu einer Fehlsteuerung von Investments. Das haben die Immobilienblasen in den USA, Spanien oder Irland gezeigt." Skeptisch sieht die Entwicklung auch Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: "Immer mehr Menschen wollen jetzt Immobilien kaufen, die sich das gar nicht leisten können". Auch Verbraucher, die gar kein Eigenkapital haben, würden sich nun für Häuser oder Wohnungen interessieren.

Anleger, die sich jetzt noch eine selbst genutzte Immobilie erwerben möchten, sollten sich auf jeden Fall keinesfalls unter Zeitdruck entscheiden. Zuvor sollten sie auf jeden Fall genau kalkulieren, wie viel Eigenkapital sie dabei einsetzen können und wieviel Geld sie zur Bestreitung des täglichen Lebens zur Verfügung haben, um die Kredite zurückzuzahlen. Um keine böse Überraschung angesichts künftiger Zinsen zu erleiden, sollten die derzeit niedrigen Zinsen durch langfristige Finanzierungen gesichert werden. Wichtig bei der Kalkulation ist auch die Beachtung häufig weniger beachteter Kosten wie Maklerprovision, Notarkosten, Grunderwerbssteuer etc. Sie können den Immobilienpreis laut der Verbraucherzentrale um weitere 19 Prozent erhöhen. Und natürlich ist in der Kalkulation auch beachten, dass im Laufe der Jahre auch weitere Instandhaltungskosten auflaufen.

Entscheidet man sich dann unter Beachtung dieser Gesichtspunkte tatsächlich für einen Kauf, kommt es insbesondere auf die Lage des Standortes an. Ein Blick in die Bebauungspläne der jeweiligen Gemeinde kann sich dabei auch lohnen. Denn wer mag schon beispielsweise eine geplante vielfrequentierte Hauptstraße vor seiner Haustür, die den Wert der Immobilie stark minimieren würde. Wichtig ist zudem die genaue Klärung des Bauzustandes des Hauses, der möglichst nur unter Zuhilfenahme eines erfahrenen Bauexperten abgenommen wird. Bei Gebrauchtimmobilien zwingend geboten ist ein Blick ins Grundbuch. Denn nur mit einem Vermerk darin ist man tatsächlicher Eigentümer. Zudem erfährt man dort, ob das Haus durch Hypotheken belastet ist oder ob es womöglich eingeschränkte Nutzungsrechte gibt.

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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