Die Fed hat Angst davor, bei 180km/h von Sommer- auf Winterreifen zu wechseln
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Zurzeit werden die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft getrimmt. Die OECD revidiert ihre Prognose von 3,1 auf 3 in diesem und von 3,8 auf 3,6 Prozent im nächsten Jahr. Verantwortlich seien die von den Schwellenländern ausgehenden Konjunkturrisiken. Im Rohstoffland Brasilien bricht die Investitionsneigung aufgrund der verminderten Einnahmen aus Industriemetallen und Öl ein. Und in China haben die gesamtwirtschaftlichen Investitionen ihren ungebremsten Abwärtstrend seit 2010 zu Jahresbeginn noch einmal verschärft.
Auch die Immobilieninvestitionen als weitere tragende Säule sind binnen Jahresfrist von knapp 15 auf aktuell gut 5 Prozent gesunken. Auf der Stimmungsebene ist keine Besserung in Sicht.
Die finanzwirtschaftliche Verfassung der Industrie in China wird zusätzlich durch eine hohe Verschuldung belastet. Die Unternehmensverschuldung liegt bei 125 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Ländern wie den USA oder Deutschland - die über eine deutlich längere finanzwirtschaftliche Historie verfügen - liegt sie gerade bei der Hälfte.
Der Versuch der KP in Peking, diese Verschuldung über eine künstliche Verbesserung der Börsenstimmung zu entschlacken, indem diese über Börseneinführungen an den chinesischen Anleger weitergeleitet wird, ist vorerst gescheitert. Man hat das Problem einfach wie eine heiße Kartoffel weitergegeben: Die Konsumenten haben im Vertrauen auf eine nachhaltige Kurserholung Aktien auf Kredit gekauft. Ihre Verschuldung mag zwar im Vergleich zu anderen Nationen nur etwa die Hälfte ausmachen, doch ist auch hier wieder anzumerken, dass Kredite in China noch keine lange Tradition wie in westlichen Industrieländern haben. Und nach dem Aktienverfall sehen sich die Chinesen in ihrem Finanzstatus deutlich geschwächt: Mehr Schulden bei weniger Vermögen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Konsumerwartungen bereits deutlich eingetrübt.
Nicht zuletzt ist vom Export keine konjunkturelle Besserung zu erwarten. Die Außenhandelsstimmung hat sich gemäß der Exportneuauftragskomponente des Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe weiter verschlechtert und deutet mittlerweile bereits seit 11 Monaten auf wirtschaftliche Schrumpfung hin. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte insgesamt auf offiziell 6 Prozent in 2016 verlangsamen. Tatsächlich ist es deutlich geringer.
Währungsabwertungen begünstigen Kapitalabzug
Internationale Investoren ziehen aus Angst vor Anlageverlusten, aber auch aus Angst vor Kollateralschäden in den Anrainerstaaten Chinas, wozu wirtschaftlich betrachtet auch Brasilien gehört, Kapital aus den Emerging Markets ab. Dabei nährt die Baisse die Baisse: Investoren verkaufen präventiv, was den Währungsverfall erneut beschleunigt. Der Kapitalabzug setzt vor allem dem brasilianischen Real mit knapp minus 31 Prozent, dem russischen Rubel mit rund minus 13 Prozent und auch der türkischen Lira mit minus 23 Prozent seit Jahresbeginn zu. Die Währungsabschwächung belastet nicht zuletzt deren Staatshaushalte über die teurere Bedienung der Auslandsschulden.
Die Unsicherheit in den Schwellenländern zeigt sich schließlich an der Volatilität seiner Aktienmärkte. Diese ist seit dem Beginn der Skepsis bezüglich der Stabilität der chinesischen Konjunktur im Juli 2015 spürbar gestiegen. Momentan hat sie sich zwar wieder etwas beruhigt. Dies scheint vor allem darin begründet zu sein, dass die ausländischen Investoren ihr Engagement in China mittlerweile bereinigt haben und die inländischen Anleger nicht in gleichem Ausmaß verkaufen dürfen. Ein Ende der Volatilität ist aber noch nicht in Sicht. Noch hat die Wirtschafts- bzw. Geldpolitik die Dinge nicht im Griff. Längerfristig ist aber von ihrem Erfolg auszugehen.
Die Zweiklassengesellschaft unter den Schwellenländern
Fundamental bieten die Schwellenländer ein differenzierteres Bild. Setzt man die Leistungsbilanzqualität der Schwellenländer in Bezug zu ihrer Finanzstärke, gemessen als Quotient aus Auslandsreserven und kurzfristiger Auslandsverschuldung, sind vor allem die Länder für eine Austrocknung der Kapitalzuflüsse anfällig, die von Güterimporten wie Energie und ausländischem Kapital abhängig sind. Das gilt insbesondere für die Türkei, Südafrika, Brasilien und Indonesien.
Im Gegensatz dazu weisen Südkorea, China, Russland und mit Abstrichen Indien eine positive Leistungsbilanz aus, die sie in die Lage versetzt, ihre kurzfristige Verschuldung durch Währungsreserven zu decken. De facto zeigt sich ein für die Stabilität der Weltwirtschaft bedeutender Teil der Schwellenländer gegen Kapitalflucht grundsätzlich gut gewappnet und hebt sich deutlich von der „Peripherie“ ab.
Allerdings kommen die steigenden Risiken in klar aufwärtsgerichteten Kreditausfallprämien zum Ausdruck. Hatte man es in ähnlichen Fällen 2011 im Rahmen von Ausstrahleffekten der Euro-Krise auf die Schwellenländer und 2013/2014 aufgrund der Tapering-Debatte in den USA allerdings nur mit externen Verunsicherungseffekten zu tun, die vom fundamental positiven Binnenumfeld kompensiert wurden, sorgt nun die fundamental schlechtere Einschätzung der Schwellenländer für hausgemachte Probleme.
Die Konjunkturabschwächung in den Schwellenländern dämpft auch den Ausblick für die exportorientierte deutsche Industrie. Während das deutsche Wirtschaftswachstum bislang stark von der Außenhandelsnachfrage geprägt war, dürften vom Export laut ZEW künftig weniger positive Impulse ausgehen.
Die Fed hatte früher zwei Aufgaben, heute hat sie drei
Und schon wieder hat sie es nicht getan: Frau Yellen und ihr Offenmarktausschuss haben sich mit 9 zu 1 sehr klar gegen eine Zinswende ausgesprochen. Auf den ersten Blick hätte man aus rein nationalem Blickwinkel diesen Zinserhöhungsschritt zwar machen können. Denn Arbeitslosigkeit ist grundsätzlich - wenn man die Statistik an geschaffenen Jobs allein bemüht - wirklich kein großes Problem mehr. Doch muss man hier einhaken. Wenn man sich vor Augen führt, dass in den USA vor allem die schlecht bezahlten Jobs wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und ausgerechnet Amerikas Wunderwaffe der Reindustrialisierung - die Öl- und Gas-Fracking-Industrie - aus Gründen schwacher Energiepreise dabei ist, qualifizierte Arbeitsplätze abzubauen, bekommt das Jobwunder in Amerika sehr schnell einen anderen Zungenschlag. D.h. die erste Aufgabe der Fed, nämlich Jobs zu schaffen, ist immer noch nicht endgültig erledigt.
Die zweite Aufgabe, die die Fed laut ihrer Satzung hat, ist für ein stabiles Preisumfeld zu sorgen. Stabil heißt heute jedoch nicht mehr Inflation zu bekämpfen, sondern das Gegenteil davon: Deflationstendenzen entgegenwirken. Amerika hat kein Inflationsproblem, übrigens auch nicht auf der Erwartungsebene. Vor diesem Hintergrund ist eine restriktive Zinswende nicht erforderlich.
Frau Yellen liegt die Weltwirtschaft und die Finanzwelt sehr am Herzen
Die Fed hat eine dritte Aufgabe bekommen, auch wenn diese in ihrer Satzung nicht festgehalten ist. Aufgrund der Globalisierung der Real- und Finanzwirtschaft ist eine weitgehend autonome Geld- und Zinspolitik selbst von der bedeutendsten Notenbank der Welt, der Fed, nicht mehr möglich. Veränderungen ihrer Zinspolitik haben Auswirkungen auf andere Regionen und Länder, im positiven wie negativen Sinn. Wenn sich die Fed zinspolitisch bewegt, bewegt sie damit auch Kapitalströme. Bei US-Leitzinserhöhungen steigt zeitgleich auch der US-Dollar. Damit haben die globalen Anleger gleich zwei Argumente, Anlagegeld aus Asien oder Lateinamerika in den sicheren US-Hafen zu bringen.
Das gilt umso mehr, als die realwirtschaftlichen Renditeaussichten in China und damit auch in den Anrainerstaaten von Investoren kritischer beäugt werden. Wenn dort Export, Investitionstätigkeit und Konsum eine verhaltenere Entwicklung zeigen, heißt das nicht zwangsläufig, dass diese Länder in die Rezession stürzen. Teilweise ist es auch gesund, wenn sich Entspannungseffekte einstellen. Aber das Kopfkino, die Psychologie, sagt: Lieber auf Nummer Sicher gehen. Lieber das Geld in die sicheren Häfen, übrigens auch nach Europa zurückholen.
Dieser Repatriierungseffekt zeigt sich auch in einem stärkeren Euro gegenüber dem US-Dollar, der von der ausbleibenden Zinswende profitiert. Die Gemeinschaftswährung gewinnt im Trend auch gegenüber seinen wichtigsten Handelswährungen. Eine ähnliche Entwicklung konnte schon während der Asien-Krise 1997/1998 beobachtet werden.
Grundsätzlich will Frau Yellen, die bereits im Vorfeld der Immobilienkrise ab 2008 gegen die Zinserhöhungspolitik ihres Vorgängers Bernanke gewettert hatte, weil sie das Ungemach von teureren Zinsen auf die Immobilienwirtschaft hat kommen sehen, heute diesen Fehler nicht mehr machen. Sollte im Extremfall Asien und Lateinamerika auch nur im Entferntesten das gleiche Schicksal wie zur Asien-Krise 1997/1998 erleiden, ist die Finanzwelt endgültig ruiniert.
Die allmächtige Fed wird langsam ohnmächtig
Leider muss man dann aber auch feststellen, dass die US-Notenbank nicht mehr Herr oder besser die Dame im eigenen Haus ist. Sie kann nicht mehr eine autonome Zinspolitik betreiben, die sich an nationalen Gegebenheiten orientiert, sondern ist gezwungen, immer mehr Rücksicht auf weltwirtschaftliche Gegebenheiten zu nehmen.
Wenn aber Frau Yellen ihre Zinspolitik, wie sie sagt, an der Datenlage orientieren will, wird sie nach Asien insbesondere China schauen müssen. Aber wie will man dies quantifizieren? Soll man Zinspolitik an dortigen Konjunkturdaten festmachen, die teilweise geschönt sind, also mit Verlaub nicht stimmen. Oder ist der chinesische Aktienmarkt das Maß aller Dinge, weil steigende Aktien die Konsumstimmung der Chinesen steigern und umgekehrt. Ist also wirklich das planwirtschaftliche Management einer typischerweise marktwirtschaftlichen Börse in China relevant für die Zinspolitik der größten Notenbank der Welt? Dann ist die Planbarkeit von Leitzinsveränderungen, auf die die Amtsvorgänger von Frau Yellen immer Wert gelegt haben, dahin. Sitzungstermine werden zu Wettspielen, ob sich die Fed bewegt oder nicht. Das ist keine gesunde Entwicklung, weil sich die bislang oberste Rettungsinstanz der Finanzwelt - konkret die mächtigste Frau der Welt - im Extremfall wie ein Fähnchen im Wind bewegt.
Die Fed und ihr fataler Zinskopplungseffekt
Jetzt im Oktober oder Dezember die Zinsen zu erhöhen, um sich wieder vor aller Welt zum Herrn des Verfahrens zu machen, ist aber auch gefährlich. Der Zins-Schuss könnte sozusagen nach hinten losgehen. Es könnte Asien und Lateinamerika erschüttern, wenn die von ihnen verabreichten Beruhigungspillen nicht wirken. Der möglicherweise stattfindende Kapitalabfluss könnte aus einer Mücke einen Elefanten machen und stimmungsseitig die Wehrkraft einer fundamental immer noch soliden volkswirtschaftlichen Lage durch die Hintertür zersetzen.
Denn dann kämen auch asiatische und lateinamerikanische Länder zur Bekämpfung von Kapitalflucht auf die Idee, mit eigenen Zinserhöhungen die Stärkung der eigenen Schwellenland-Währung zu betreiben. Leider zerstört diese Geldpolitik aber auch Wirtschaftspotenzial im Inland und macht die bereits bestehenden Kreditblasen immer unbeherrschbarer. Finanzhistorisch war genau diese Entwicklung regelmäßig zu beobachten: Die Fed prescht mit Zinserhöhungen vor und die anderen folgen. Nennen wir es den Fed-Zinskopplungseffekt. Die Leitzinssätze anderer Wirtschaftsregionen entwickeln sich im Schlepptau der USA, obwohl aus binnenwirtschaftlichen Gründen eine entspannende Zinspolitik betrieben werden müsste.
Selbst wenn dieser Zusammenhang heute nicht mehr so fest ist wie früher, findet er dennoch grundsätzlich statt.
Aktuell Marktlage und Anlegerstimmung: Es lebe die Volatilität
Es ist fraglich, ob in diesem Jahr noch eine Zinswende in den USA stattfindet. Das Votum des Offenmarktausschusses der Fed war zu eindeutig. Man wird zunächst wohl abwarten, wie sich die Weltwirtschaft und Rohstoffe bis Ende des Jahres entwickeln.
Geldpolitische Blasenbildungen werden zunehmen. Die Aktienmärkte werden unter zunehmender Volatilität weiter nach oben tendieren. Und für die Geldpolitik dürfte ein Faktor immer wichtig sein: Je größer die Aktienblase, je größer auch die Anleiheblase, umso weniger kann sie den Finanzmärkten ihr Lieblingsspielzeug „Billige Liquidität“ wegnehmen. Denn umso verheerender würde der Zusammenbruch der Finanzwelt werden. Dagegen wäre das Platzen der Immobilienblase ab 2008 nur ein Sturm im Wasserglas gewesen.
Die Geister, die sie rief, wird sie nicht mehr los.
Vor diesem Gesamthintergrund ist der Volatilität an den Finanzmärkten Tür und Tor geöffnet.
Immerhin, ein stärkerer Euro sollte fundamental nicht weiter irritieren. Er spielt sich eher im Kopfkino der Anleger negativ ab. Deutschlands Exportindustrie hatte auch mit Euro-Kursen weit über 1,20 keine wirklichen Probleme. Außerdem wirken die äußerst günstigen Rohstoffpreise, die die Margen der Unternehmen und die Kaufkraft der Konsumenten erhöhen, überkompensierend dagegen.
Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50: Nichts für schwache Nerven
Aus charttechnischer Sicht präsentiert sich der DAX weiterhin labil. Auf der Unterseite besteht weiterhin zwischen rund 10.000 und 9.900 Punkten ein solider Auffangbereich. Darunter verlaufen die nächsten Unterstützungen bei rund 9.800 und am Jahrestief bei 9.338 Punkten. Der seit 2009 bestehende langfristige Aufwärtstrend verläuft derzeit bei rund 8.320 Punkten. Gelingt ein überzeugender Spurt über den Widerstandsbereich zwischen 10.383 und 10.437, dürften die nächsten Barrieren bei 10.652 und darüber bei rund 10.800 Punkten in Angriff genommen werden.
Auch der Euro Stoxx 50 zeigt sich angeschlagen. Die erste, wenn auch schwache Unterstützung verläuft bei 3.160 Punkten. Deutlich tiefer wartet am bisherigen Jahrestief bei 2.970 Punkten eine relativ starke Auffanglinie. Darunter verlaufen weitere Unterstützungen bei 2.850 und 2.790 Punkten. Auf der Oberseite gilt es weiterhin, die Widerstandszone zwischen 3.290 und 3.325 Punkten zu überwinden. Gelingt das Unterfangen, ist der Weg bis zu den nächsten Hürden bei 3.417 und darüber bei 3.473 Punkten frei.
Wie reagiert der ifo auf die Großwetterlage?
Und was passiert in KW 39?
In Asien deutet der von der Caixin-Mediengruppe veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China weiter auf eine konjunkturelle Verlangsamung hin, der sich auch das Anrainerland Japan mit einem negativer ausfallenden Index nicht entziehen kann.
In den USA signalisieren ein deutlicher Rückgang der Auftragseingänge für langlebige Güter, eine weitere Eintrübung des Verbrauchervertrauens gemäß finaler Zahlen der Universität von Michigan und stagnierende Neubauverkäufe zunehmenden konjunkturellen Gegenwind.
In der Eurozone dürfte das Ergebnis der griechischen Parlamentswahlen unabhängig von ihrem Ausgang für wenig Verunsicherung an den Märkten sorgen. Griechenlands finanzielle Versorgung ist schon aus Gründen des aktuell angeschlagenen Zustands der Eurozone gesichert. Die Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe in der Eurozone signalisieren eine Fortsetzung der zyklischen Konjunkturerholung.
Aktuell Marktlage und Anlegerstimmung: Es lebe die Volatilität
Es ist fraglich, ob in diesem Jahr noch eine Zinswende in den USA stattfindet. Das Votum des Offenmarktausschusses der Fed war zu eindeutig. Man wird zunächst wohl abwarten, wie sich die Weltwirtschaft und Rohstoffe bis Ende des Jahres entwickeln.
Geldpolitische Blasenbildungen werden zunehmen. Die Aktienmärkte werden unter zunehmender Volatilität weiter nach oben tendieren. Und für die Geldpolitik dürfte ein Faktor immer wichtig sein: Je größer die Aktienblase, je größer auch die Anleiheblase, umso weniger kann sie den Finanzmärkten ihr Lieblingsspielzeug „Billige Liquidität“ wegnehmen. Denn umso verheerender würde der Zusammenbruch der Finanzwelt werden. Dagegen wäre das Platzen der Immobilienblase ab 2008 nur ein Sturm im Wasserglas gewesen.
Vor diesem Gesamthintergrund ist der Volatilität an den Finanzmärkten Tür und Tor geöffnet.
Immerhin, ein stärkerer Euro sollte fundamental nicht weiter irritieren. Er spielt sich eher im Kopfkino der Anleger negativ ab. Deutschlands Exportindustrie hatte auch mit Euro-Kursen weit über 1,20 keine wirklichen Probleme. Außerdem wirken die äußerst günstigen Rohstoffpreise, die die Margen der Unternehmen und die Kaufkraft der Konsumenten erhöhen, überkompensierend dagegen.
Charttechnik DAX und Euro Stoxx 50: Nichts für schwache Nerven
Aus charttechnischer Sicht präsentiert sich der DAX weiterhin labil. Auf der Unterseite besteht weiterhin zwischen rund 10.000 und 9.900 Punkten ein solider Auffangbereich. Darunter verlaufen die nächsten Unterstützungen bei rund 9.800 und am Jahrestief bei 9.338 Punkten. Der seit 2009 bestehende langfristige Aufwärtstrend verläuft derzeit bei rund 8.320 Punkten. Gelingt ein überzeugender Spurt über den Widerstandsbereich zwischen 10.383 und 10.437, dürften die nächsten Barrieren bei 10.652 und darüber bei rund 10.800 Punkten in Angriff genommen werden.
Auch der Euro Stoxx 50 zeigt sich angeschlagen. Die erste, wenn auch schwache Unterstützung verläuft bei 3.160 Punkten. Deutlich tiefer wartet am bisherigen Jahrestief bei 2.970 Punkten eine relativ starke Auffanglinie. Darunter verlaufen weitere Unterstützungen bei 2.850 und 2.790 Punkten. Auf der Oberseite gilt es weiterhin, die Widerstandszone zwischen 3.290 und 3.325 Punkten zu überwinden. Gelingt das Unterfangen, ist der Weg bis zu den nächsten Hürden bei 3.417 und darüber bei 3.473 Punkten frei.
Und was passiert in KW 39?
In Asien deutet der von der Caixin-Mediengruppe veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China weiter auf eine konjunkturelle Verlangsamung hin, der sich auch das Anrainerland Japan mit einem negativer ausfallenden Index nicht entziehen kann.
In den USA signalisieren ein deutlicher Rückgang der Auftragseingänge für langlebige Güter, eine weitere Eintrübung des Verbrauchervertrauens gemäß finaler Zahlen der Universität von Michigan und stagnierende Neubauverkäufe zunehmenden konjunkturellen Gegenwind.
In der Eurozone dürfte das Ergebnis der griechischen Parlamentswahlen unabhängig von ihrem Ausgang für wenig Verunsicherung an den Märkten sorgen. Griechenlands finanzielle Versorgung ist schon aus Gründen des aktuell angeschlagenen Zustands der Eurozone gesichert. Die Einkaufsmanagerindices für das Verarbeitende Gewerbe in der Eurozone signalisieren eine Fortsetzung der zyklischen Konjunkturerholung.
In Deutschland ist mit Spannung zu erwarten, ob die ifo Geschäftsklimadaten dem angeschlagenen Weltkonjunkturklima erneut trotzen können. Die deutsche Binnenwirtschaft zeigt gemäß GfK Konsumklimaindex bereits Reibungsverluste, auch wegen der völlig ungelösten Flüchtlingskrise.
DER MARKT UNTER DER LUPE |
Die Fed hat Angst davor, bei 180km/h von Sommer- auf Winterreifen zu wechseln |
Zurzeit werden die Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft getrimmt. Die OECD revidiert ihre Prognose von 3,1 auf 3 in diesem und von 3,8 auf 3,6 Prozent im nächsten Jahr. Verantwortlich seien die von den Schwellenländern ausgehenden Konjunkturrisiken. Im Rohstoffland Brasilien bricht die Investitionsneigung aufgrund der verminderten Einnahmen aus Industriemetallen und Öl ein. Und in China haben die gesamtwirtschaftlichen Investitionen ihren ungebremsten Abwärtstrend seit 2010 zu Jahresbeginn noch einmal verschärft. |
Auch die Immobilieninvestitionen als weitere tragende Säule sind binnen Jahresfrist von knapp 15 auf aktuell gut 5 Prozent gesunken. Auf der Stimmungsebene ist keine Besserung in Sicht. |
Das gefallene Klima im Immobiliensektor steht insofern einer Erholung des chinesischen Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe oberhalb der Expansion anzeigenden Schwelle von 50 im Wege. |
Die Verschuldung bremst China |
Die finanzwirtschaftliche Verfassung der Industrie in China wird zusätzlich durch eine hohe Verschuldung belastet. Die Unternehmensverschuldung liegt bei 125 Prozent der Wirtschaftsleistung. In Ländern wie den USA oder Deutschland - die über eine deutlich längere finanzwirtschaftliche Historie verfügen - liegt sie gerade bei der Hälfte. |
GRAFIK DER WOCHE |
Verschuldung im II. Quartal 2014, in Prozent zur Wirtschaftsleistung |
Der chinesische Konsument ist betrübt |
Der Versuch der KP in Peking, diese Verschuldung über eine künstliche Verbesserung der Börsenstimmung zu entschlacken, indem diese über Börseneinführungen an den chinesischen Anleger weitergeleitet wird, ist vorerst gescheitert. Man hat das Problem einfach wie eine heiße Kartoffel weitergegeben: Die Konsumenten haben im Vertrauen auf eine nachhaltige Kurserholung Aktien auf Kredit gekauft. Ihre Verschuldung mag zwar im Vergleich zu anderen Nationen nur etwa die Hälfte ausmachen, doch ist auch hier wieder anzumerken, dass Kredite in China noch keine lange Tradition wie in westlichen Industrieländern haben. Und nach dem Aktienverfall sehen sich die Chinesen in ihrem Finanzstatus deutlich geschwächt: Mehr Schulden bei weniger Vermögen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Konsumerwartungen bereits deutlich eingetrübt. |
Nicht zuletzt ist vom Export keine konjunkturelle Besserung zu erwarten. Die Außenhandelsstimmung hat sich gemäß der Exportneuauftragskomponente des Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe weiter verschlechtert und deutet mittlerweile bereits seit 11 Monaten auf wirtschaftliche Schrumpfung hin. Vor diesem Hintergrund dürfte sich das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte insgesamt auf offiziell 6 Prozent in 2016 verlangsamen. Tatsächlich ist es deutlich geringer. |
Währungsabwertungen begünstigen Kapitalabzug |
Internationale Investoren ziehen aus Angst vor Anlageverlusten, aber auch aus Angst vor Kollateralschäden in den Anrainerstaaten Chinas, wozu wirtschaftlich betrachtet auch Brasilien gehört, Kapital aus den Emerging Markets ab. Dabei nährt die Baisse die Baisse: Investoren verkaufen präventiv, was den Währungsverfall erneut beschleunigt. Der Kapitalabzug setzt vor allem dem brasilianischen Real mit knapp minus 31 Prozent, dem russischen Rubel mit rund minus 13 Prozent und auch der türkischen Lira mit minus 23 Prozent seit Jahresbeginn zu. Die Währungsabschwächung belastet nicht zuletzt deren Staatshaushalte über die teurere Bedienung der Auslandsschulden. |
In den Emerging Markets sind die Dinge noch nicht geklärt |
Die Unsicherheit in den Schwellenländern zeigt sich schließlich an der Volatilität seiner Aktienmärkte. Diese ist seit dem Beginn der Skepsis bezüglich der Stabilität der chinesischen Konjunktur im Juli 2015 spürbar gestiegen. Momentan hat sie sich zwar wieder etwas beruhigt. Dies scheint vor allem darin begründet zu sein, dass die ausländischen Investoren ihr Engagement in China mittlerweile bereinigt haben und die inländischen Anleger nicht in gleichem Ausmaß verkaufen dürfen. Ein Ende der Volatilität ist aber noch nicht in Sicht. Noch hat die Wirtschafts- bzw. Geldpolitik die Dinge nicht im Griff. Längerfristig ist aber von ihrem Erfolg auszugehen. |
Man sieht, wer seine Hausaufgaben gemacht hat |
Die Zweiklassengesellschaft unter den Schwellenländern |
Fundamental bieten die Schwellenländer ein differenzierteres Bild. Setzt man die Leistungsbilanzqualität der Schwellenländer in Bezug zu ihrer Finanzstärke, gemessen als Quotient aus Auslandsreserven und kurzfristiger Auslandsverschuldung, sind vor allem die Länder für eine Austrocknung der Kapitalzuflüsse anfällig, die von Güterimporten wie Energie und ausländischem Kapital abhängig sind. Das gilt insbesondere für die Türkei, Südafrika, Brasilien und Indonesien.
Im Gegensatz dazu weisen Südkorea, China, Russland und mit Abstrichen Indien eine positive Leistungsbilanz aus, die sie in die Lage versetzt, ihre kurzfristige Verschuldung durch Währungsreserven zu decken. De facto zeigt sich ein für die Stabilität der Weltwirtschaft bedeutender Teil der Schwellenländer gegen Kapitalflucht grundsätzlich gut gewappnet und hebt sich deutlich von der „Peripherie“ ab. |
Allerdings kommen die steigenden Risiken in klar aufwärtsgerichteten Kreditausfallprämien zum Ausdruck. Hatte man es in ähnlichen Fällen 2011 im Rahmen von Ausstrahleffekten der Euro-Krise auf die Schwellenländer und 2013/2014 aufgrund der Tapering-Debatte in den USA allerdings nur mit externen Verunsicherungseffekten zu tun, die vom fundamental positiven Binnenumfeld kompensiert wurden, sorgt nun die fundamental schlechtere Einschätzung der Schwellenländer für hausgemachte Probleme. |
Deutschland spürt die Asien-Flaute |
Die Konjunkturabschwächung in den Schwellenländern dämpft auch den Ausblick für die exportorientierte deutsche Industrie. Während das deutsche Wirtschaftswachstum bislang stark von der Außenhandelsnachfrage geprägt war, dürften vom Export laut ZEW künftig weniger positive Impulse ausgehen. |
In den USA gibt es immer noch viel für die Zinspolitik der Fed zu tun |
Die Fed hatte früher zwei Aufgaben, heute hat sie drei |
Und schon wieder hat sie es nicht getan: Frau Yellen und ihr Offenmarktausschuss haben sich mit 9 zu 1 sehr klar gegen eine Zinswende ausgesprochen. Auf den ersten Blick hätte man aus rein nationalem Blickwinkel diesen Zinserhöhungsschritt zwar machen können. Denn Arbeitslosigkeit ist grundsätzlich - wenn man die Statistik an geschaffenen Jobs allein bemüht - wirklich kein großes Problem mehr. Doch muss man hier einhaken. Wenn man sich vor Augen führt, dass in den USA vor allem die schlecht bezahlten Jobs wie Pilze aus dem Boden geschossen sind und ausgerechnet Amerikas Wunderwaffe der Reindustrialisierung - die Öl- und Gas-Fracking-Industrie - aus Gründen schwacher Energiepreise dabei ist, qualifizierte Arbeitsplätze abzubauen, bekommt das Jobwunder in Amerika sehr schnell einen anderen Zungenschlag. D.h. die erste Aufgabe der Fed, nämlich Jobs zu schaffen, ist immer noch nicht endgültig erledigt.
Die zweite Aufgabe, die die Fed laut ihrer Satzung hat, ist für ein stabiles Preisumfeld zu sorgen. Stabil heißt heute jedoch nicht mehr Inflation zu bekämpfen, sondern das Gegenteil davon: Deflationstendenzen entgegenwirken. Amerika hat kein Inflationsproblem, übrigens auch nicht auf der Erwartungsebene. Vor diesem Hintergrund ist eine restriktive Zinswende nicht erforderlich. |
Das Wohl der Weltwirtschaft muss Frau Yellen auch in den Schwellenländern verteidigen |
Frau Yellen liegt die Weltwirtschaft und die Finanzwelt sehr am Herzen |
Die Fed hat eine dritte Aufgabe bekommen, auch wenn diese in ihrer Satzung nicht festgehalten ist. Aufgrund der Globalisierung der Real- und Finanzwirtschaft ist eine weitgehend autonome Geld- und Zinspolitik selbst von der bedeutendsten Notenbank der Welt, der Fed, nicht mehr möglich. Veränderungen ihrer Zinspolitik haben Auswirkungen auf andere Regionen und Länder, im positiven wie negativen Sinn. Wenn sich die Fed zinspolitisch bewegt, bewegt sie damit auch Kapitalströme. Bei US-Leitzinserhöhungen steigt zeitgleich auch der US-Dollar. Damit haben die globalen Anleger gleich zwei Argumente, Anlagegeld aus Asien oder Lateinamerika in den sicheren US-Hafen zu bringen.
Das gilt umso mehr, als die realwirtschaftlichen Renditeaussichten in China und damit auch in den Anrainerstaaten von Investoren kritischer beäugt werden. Wenn dort Export, Investitionstätigkeit und Konsum eine verhaltenere Entwicklung zeigen, heißt das nicht zwangsläufig, dass diese Länder in die Rezession stürzen. Teilweise ist es auch gesund, wenn sich Entspannungseffekte einstellen. Aber das Kopfkino, die Psychologie, sagt: Lieber auf Nummer Sicher gehen. Lieber das Geld in die sicheren Häfen, übrigens auch nach Europa zurückholen. Dieser Repatriierungseffekt zeigt sich auch in einem stärkeren Euro gegenüber dem US-Dollar, der von der ausbleibenden Zinswende profitiert. Die Gemeinschaftswährung gewinnt im Trend auch gegenüber seinen wichtigsten Handelswährungen. Eine ähnliche Entwicklung konnte schon während der Asien-Krise 1997/1998 beobachtet werden. |
Grundsätzlich will Frau Yellen, die bereits im Vorfeld der Immobilienkrise ab 2008 gegen die Zinserhöhungspolitik ihres Vorgängers Bernanke gewettert hatte, weil sie das Ungemach von teureren Zinsen auf die Immobilienwirtschaft hat kommen sehen, heute diesen Fehler nicht mehr machen. Sollte im Extremfall Asien und Lateinamerika auch nur im Entferntesten das gleiche Schicksal wie zur Asien-Krise 1997/1998 erleiden, ist die Finanzwelt endgültig ruiniert. |
Die Fed wie ein Fähnchen im Wind? |
Die allmächtige Fed wird langsam ohnmächtig |
Leider muss man dann |
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