Deutschland und Frankreich wollen mit Agenda EU-Wettbewerbsfähigkeit stärken
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Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Deutschland und Frankreich haben eine gemeinsame Agenda zur Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums in der Europäischen Union (EU) beschlossen. Mit den Vorschlägen wollen die Regierungen beider Länder unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Widerstandsfähigkeit der EU nach der Europawahl im Juni erhöhen. Zuvor hatten beide bereits Teile dieser Ideen in Reden, auf einer Pressekonferenz und in einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag vorgestellt. Zu den Vorschlägen zählen etwa auch die Verwirklichung einer europäischen Kapitalmarktunion und der Bankenunion und der Abbau von Bürokratie.
Die Agenda für die kommenden fünf Jahre, die nach dem Treffen des deutsch-französischen Ministerrats auf Schloss Meseberg nördlich von Berlin beschlossen wurde, soll zugleich sicherstellen, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent der Welt wird.
"Europa darf nicht zurückfallen: Wir wollen ein starker Standort für Industrie und Technologie bleiben und bei den grünen und digitalen Technologien der Zukunft weltweit führend sein", heißt es in dem Papier, das neun Punkte umfasst.
Europa solle eine ehrgeizige, robuste, offene und nachhaltige Handelspolitik verfolgen und dabei auf den Erfolg des sogenannten Green Deals zum Umbau des Kontinents zur Klimaneutralität und des Industrieplans zum Green Deal aufbauen. Durch die Entwicklung und Umsetzung einer "wirksamen Industriepolitik" müsse gewährleistet werden, dass Europa ein "starker Produktionsstandort" bleibe.
Sichergestellt werden müsse außerdem, dass Europa angesichts neu entstehender Bedrohungen auch in seinen Verteidigungssektoren stark genug sei. Diese müssten hinreichend integriert sein. Investitionen in Sicherheit und Verteidigung müssten verstärkt werden, um Europas technologische und industrielle Basis im Verteidigungsbereich sowie die europäische Verteidigungsbereitschaft und diesbezügliche Widerstandsfähigkeit zu unterstützen.
"Insgesamt braucht die EU mehr Innovation, mehr Investitionen, fairere Wettbewerbsbedingungen und einen intelligenteren Regelungsrahmen", heißt es in dem neunseitigen Papier.
Binnenmarkt stärken und Investitionen ankurbeln
Beide Regierungen forderten, dass in der EU ungerechtfertigte Hindernisse im Binnenmarkt abgebaut werden sollten. Der effektive Wettbewerb im Binnenmarkt ist nach Ansicht der beiden Regierungen die Grundvoraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen.
Mit Blick auf die Investition forderten Berlin und Paris, dass die Kapitalmarktunion verwirklicht und die Bemühungen um die Vollendung der Bankenunion fortgesetzt werden sollte. Außerdem sollten verfügbare EU-Finanzierungsmöglichkeiten umfassend genutzt werden. Konkret versprechen sich beide Länder davon, dass Unternehmen so leichter an europäische Finanzierungskapital kommen können und nicht auf Mittel aus etwa den USA zurückgreifen müssen.
Energieintensive Industrie schützen
Bei der Umsetzung der Klimaziele wollen die deutsche und französische Regierung sicherstellen, dass der Dekarbonisierungszielpfad und die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien, die besonders stark dem internationalen Handel ausgesetzt sind, nicht beeinträchtigt werden. Außerdem müsse die Verlagerung von CO2-Emissionen im Rahmen der Überarbeitung des europäischen CO2-Marktes (ETS) und der Umsetzung des CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) wirksam verhindert werden.
Beide Regierungen forderten außerdem eine stärkere Integration des Energiebinnenmarktes in Europa, um so die Widerstandsfähigkeit und die Sicherheit der Versorgung mit ausreichender, erschwinglicher und sauberer Energie zu erhöhen.
Herausforderungen für Wettbewerbsfähigkeit nehmen zu
Deutschland und Frankreich mahnten zudem, dass die Notwendigkeit zur Verteidigung der Wettbewerbsfähigkeit Europas zunehme. "Um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit, den Wohlstand und die globale Rolle Europas als geopolitischer Akteur zu gewährleisten, müssen auf allen Ebenen und in allen Politikbereichen Anstrengungen unternommen werden, um Wachstums-, Produktivitäts- und Innovationslücken zwischen der EU und ihren internationalen Partnern und wichtigsten Wettbewerbern zu schließen", heißt es in dem Papier.
Deutschland und Frankreich mahnten an, dass "die richtigen Maßnahmen" ergriffen werden müssten, um private Investitionen und Innovationen in der gesamten EU anzukurbeln. Dazu zählen sie die Abschaffung von unnötigen bürokratischen Belastungen und eine Weiterentwicklung der europäischen Regelungsrahmen, damit die wirtschaftliche Dynamik gefördert wird, europäische Interessen besser vertreten und die Mobilisierung der nötigen öffentlichen und privaten Investitionen unterstützt werden.
Nach Schätzungen der Europäischen Kommission werden in der gesamten EU im Vergleich zum vergangenen Jahrzehnt zusätzliche private und öffentliche Investitionen von mehr als 620 Milliarden Euro pro Jahr nötig sein, um die Ziele des Green Deals zu erreichen und die Abhängigkeit Europas von fossilen Brennstoffen zu verringern, wie es in dem Papier heißt.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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