Kommentar
12:05 Uhr, 11.11.2004

Deutschland: Faststagnation im dritten Quartal

1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt nahm im dritten Quartal unerwartet schwach um 0,1 % qoq zu. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten wie auch wir mit einem Anstieg um 0,3 % qoq gerechnet. Das Vorjahresniveau wird nur noch um 1,3 % überschritten.

2. Von den Nettoexporten kamen negative Wachstumsimpulse. Der Rückgang der Exporte im dritten Quartal kam zwar nach den monatlichen Außenhandelsdaten - auch für uns - überraschend, doch schon seit Jahresbeginn lässt die Exportdynamik von Quartal zu Quartal nach. Die langsamere Gangart der Weltwirtschaft beginnt Spuren zu hinterlassen. Gleichzeitig haben die Importe zugelegt. Die Außenhandelsstatistik hätte sogar verglichen mit unserer Prognose einen stärkeren Importzuwachs nahe gelegt, doch die bis September vorliegenden monatlichen Warenimporte sind nominal gerechnet und sollten zu einem guten Teil auch den höheren Ölpreis widerspiegeln. Eine Entkopplung der nominalen Warenimporte und der realen Importe gemäß der VGR ist in Zeiten eines rasch zunehmenden Ölpreises nichts Ungewöhnliches, wie der Blick auf das Jahr 2000 zeigt.

3. Offensichtlich kamen die Wachstumsimpulse ausschließlich von der Binnennachfrage, und deshalb hat das gesamtwirtschaftliche Wachstum - mit einem Augenzwinkern formuliert - auch an Dynamik eingebüßt. Immerhin, im Vorquartal bremste die Binnennachfrage die gesamtwirtschaftliche Entwicklung noch. Woher kamen also die Impulse?

Die Konsumausgaben dürften erneut stagniert haben. Zu schlecht war die Entwicklung am Arbeitsmarkt, zu verunsichernd die Reformdebatten und zu belastend der Ölpreisanstieg. Die Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen sollte aber nicht als ein Überspringen des Exportfunkens gewertet werden. Angesichts immer noch vorhandener Kapazitätsreserven und weiterhin ungewisser Absatzperspektiven im In- und Ausland beschränken sich die Unternehmen überwiegend auf Ersatzinvestitionen. Die für die Arbeitsmarktentwicklung so wichtigen Erweiterungsinvestitionen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Positiv haben sich auch die Bauinvestitionen entwickelt. Nach zwei kräftigen Rückgängen - im ersten Quartal um 2,9 % qoq, im zweiten um 2,0 % qoq - ist das jedoch nur eine leichte Gegenbewegung und keine Trendwende. Schließlich kam es zu einem spürbaren Wachstumsbeitrag durch Vorratsveränderungen. Dieser Lageraufbau ist wohl eher ungeplant und eine Reaktion auf die unerwartet schwache Exportnachfrage. Insofern ist er negativ zu werten.

4. Alles in allem hat sich das dritte Quartal schwächer entwickelt als es noch vielerorts vor einigen Monaten für möglich erachtet wurde; Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts von bis zu 0,6 % wurden damals nicht ausgeschlossen. Überschätzt wurde wohl überwiegend die Tragkraft der Nettoexporte. Doch auch für uns ergibt sich für das laufende Jahr nun ein Korrekturbedarf nach unten, zumal das zweite Quartal abwärts revidiert wurde. Wir erwarten nunmehr nur noch eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts um 1,7 %, arbeitstäglich bereinigt ist das eine Zunahme von lediglich 1,2 %.

5. Nach der Veröffentlichung der Daten für das dritte Quartal richtet sich der Blick nach vorne. Für die weitere Zukunft verbleiben wir unverändert skeptisch. Die Weltwirtschaft wird weiter an Schwung verlieren, der sukzessiv aufwertende Euro wird sich vorerst über verstärkte Importkonkurrenz negativ bemerkbar machen. Die Exportwirtschaft sollte zunächst mit Blick auf die Eurostärke gut aufgestellt sein: Die längere Phase der Seitwärtsbewegung des Wechselkurses konnte zu weiteren Wechselkurssicherungsgeschäften genutzt werden, und unverändert gilt, dass das Hightech-Produktsortiment und das Spektrum an produktbezogenen Dienstleistungen ein Verkaufsargument für deutsche Exportgüter ist. Auf mittlere Sicht fehlt aber - anders als bei der letzten Aufwertungswelle - der Rückenwind einer steigenden Weltnachfrage, sodass sich mit Verzögerung auch die Eurostärke belastend auswirken wird. Die Binnennachfrage, allen voran die Konsumtätigkeit, können diese fehlenden Impulse nicht kompensieren. Im kommenden Jahr können die Haushalte zwar mit einer Steuersenkung rechnen, doch Belastungen sind schnell ausgemacht. So stehen den Beitragssenkungen in der gesetzlichen Krankenversicherung die zusätzlichen Belastungen der privaten Absicherung für Zahnersatz und Krankentagegeld, aber auch die Gefahr einer Nullrunde bei den Renten und Belastungen infolge des hohen Ölpreises gegenüber. Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt sich nur zögerlich belebt und zudem die Arbeitslosenzahl infolge von statistischen Effekten im Zusammenhang mit Hartz IV spürbar ansteigen wird. Das sind negative Nachrichten für die Konsumenten, die kein Konsumfeuerwerk erwarten lassen.

Das Jahr 2005 wird unter den oben genannten Vorzeichen nur ein Wachstum von 1,0 % aufweisen können. Nach den heutigen Daten besteht für diese Prognose sogar ein gewisses Abwärtsrisiko, da sich der statistische Überhang verringert hat. Dass dies keine besonders pessimistische Sichtweise ist, zeigt der Blick auf die arbeitstäglich bereinigten Zuwachsraten für 2004 und 2005, die jeweils bei 1,2 % liegen. Das Bittere aber ist, dass wir im fünften Jahr in Folge unterhalb des Potenzialwachstums bleiben werden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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