Kommentar
13:57 Uhr, 01.04.2009

Deutschland: Einzelhandelsumsätze - Abwracken was das Zeug hält

1. Die deutschen Einzelhandelsumsätze (ohne Kfz-Handel) sind im Februar real um 0,2 % mom zurückgegangen. Damit stehen die Einzelhändler vor einem Rückgang ihrer Umsätze im ersten Quartal von (mindestens) 0,4 % qoq, wenn man für den letzten Quartalsmonat Stagnation unterstellt. Das ist allerdings wohl eher nicht zu erwarten, denn die Deutschen sind derzeit davon besessen, ihre alten Autos abzuwracken.

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2. Seit dem 14. Januar haben die Konsumenten in Deutschland die Möglichkeit, beim Neuwagenkauf eine im Volksmund „Abwrackprämie“ genannte staatliche Unterstützung von 2500 € zu erhalten, wenn sie ihre mindestens neun Jahre alten Fahrzeuge verschrotten. Diese im Rahmen des Konjunkturpaket II beschlossene Maßnahme sah eine Beschränkung auf insgesamt 600.000 Fahrzeuge vor. Doch es setzte ein Run auf die Prämie ein, mit der keiner gerechnet hatte. Schätzungen gingen ursprünglich von einer Inanspruchnahme für bis zu 300.000 Fahrzeuge aus. Inzwischen wurden schon über 890.000 Anträge eingereicht und die Bundesregierung sieht sich genötigt, die Regelung zu verlängern. Welche Dynamik sich hinter der Inanspruchnahme der Abwrackprämie verbirgt, zeigt die Entwicklung der Anträge nach dem seit dem 30. März gültigen neuen Verfahren: Vom 31.3. auf den 1.4. wurden neue 452.817 Anträge eingereicht!

3. So erklärt sich auch der dramatische Anstieg der Umsätze des Kfz-Handels. Im Januar stiegen sie nominal um 3,8 % mom, im Februar um 11,9 % mom. Das ist fast doppelt so viel wie im Vorfeld der Mehrwertsteuererhöhung vom 1.1.2007 (Schaubild oben rechts). Angesichts der rasanten Entwicklung der Anträge auf die Abwrackprämie ist mit weiteren Zuwächsen dieser Art zu rechnen. Auch bei den Pkw- Neuzulassungen spiegelt sich die Abwrackprämie wider: Während im europäischen Durchschnitt die Neuzulassungen von Januar bis Februar im Vorjahresvergleich um über 20 % zurückgingen, nahmen sie in Deutschland um 4 % zu (Schaubild unten links).

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4. Das beschert dem Konsum im ersten Quartal trotz Weltwirtschaftskrise einen bemerkenswerten Impuls. Allein im ersten Quartal dürfte der Konsum um bis zu 1½ % gestützt worden sein. Für das Bruttoinlandsprodukt kommt unterm Strich aber deutlich weniger heraus. Das liegt an der hohen Importquote der von der Abwrackprämie besonders begünstigten Kleinwagen. Aktuell zeigt sich, dass rund 29% der bestellten Fahrzeuge auf deutsche Hersteller entfielen, wobei zu beachten ist, dass davon ein guter Teil auch importiert werden muss. Unterstellt man eine Importquote von 75 % so ergibt sich ein Importstimulus von ebenfalls 1½ % und ein Konjunkturstimulus von 0,3 % im ersten Quartal.

5. Laut einer Umfrage des FORSA-Instituts wollen rund eine Million Käufer die Abwrackprämie nutzen; prämienfähig wären sogar gut 16 Millionen Fahrzeuge. Wir rechnen daher damit, dass auch im zweiten Quartal noch beachtliche Konsumimpulse von der Abwrackprämie ausgehen werden, sie dann aber auslaufen werden. Die Erfahrungen Frankreichs mit zwei Abwrackprämien in den Jahren 1994 bis 1996 zeigen, dass es im Nachgang zu beträchtlichen Nachfrageausfällen kommen wird. Es dauerte jenseits des Rheins rund zwei Jahre bis das Durchschnittsniveau vor der Abwrackprämie wieder erreicht wurde (Schaubild oben rechts). Die Nutzungsdauer eines – privat genutzten – Fahrzeugs ist eben deutlich höher als die einer Digitalkamera oder anderer Konsumgüter. Das bedeutet für den deutschen Konsum nach dem Auslaufen der Prämie merklich dämpfende Effekte, wenn keine Anschlussimpulse kommen. Diese Verschiebung von Nachfrage ist kein Makel, sondern eine Eigenschaft staatlicher Eingriffe in den Wirtschaftsablauf – egal ob Mehrwertsteueränderungen, befristete Abschreibungen oder Abwrackprämie – und im Zusammenhang mit der Konjunkturglättung sogar erwünscht.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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