Kommentar
12:14 Uhr, 27.05.2008

Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – Einmalig!

1. Heute wurde die Schnellschätzung zum Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2008 wie erwartet bestätigt. Gleichzeitig wurden Details veröffentlicht, die es erlauben, die Quellen des Wachstums zu identifizieren.

2. Selten half der Blick in den Rückspiegel (erstes Quartal) so viel, um die vor uns liegende Wegstrecke (zweites Quartal) einzuschätzen. Dies liegt daran, dass das erste Quartal von Einmal- und Auslaufeffekten profitierte, die im zweiten Quartal negativ zu Buche schlagen werden. Das Pendel schlägt jetzt in die andere Richtung aus.

3. Der erste Einmaleffekt waren die Bauinvestitionen. Mit einem Anstieg um 4,5 % qoq trugen sie 0,4 Prozentpunkte zum Wachstum bei. Dieser Stimulus war nur möglich, weil der Winter ausgesprochen milde war und es erlaubte, die Auftragsbücher schneller als sonst abzuarbeiten. Da keine neuen Aufträge hinzugekommen sind, fehlen eben diese Aufträge nun schmerzlich. Im zweiten Quartal ist daher mit einem Einbruch der Bauinvestitionen zu rechnen. Wie groß der Rückprall ausfallen wird, lässt sich an den Märzproduktionsdaten für das Bauhauptgewerbe ablesen: Aufgrund des Rückgangs um 12,3 % mom starten wir mit einem statistischen Unterhang von -7,6% qoq in das zweite Quartal. Das heißt: Bei einer unterstellten Stagnation in den Monaten April bis Juni würde die Bauproduktion im laufenden Quartal mit dieser Rate schrumpfen.

4. Der zweite Einmaleffekt waren Lagerinvestitionen, die 0,7 Prozentpunkte zum Wachstum beitrugen. Diese Lagerinvestitionen beruhten auf einem Aufbau von Rohstofflagern – man hatte insbesondere im Januar den gesunkenen Ölpreis zum Kauf genutzt – und auf nicht abgesetzten Produkten (ungeplanter Lageraufbau). Die Rohstofflager werden in den Produktionsprozess eingehen und die Nachfrage wird mit den schon produzierten und bis dahin nicht verkauften Produkten bedient werden. Beides drückt das Wachstum im zweiten Quartal.

5. Der Auslaufeffekt betrifft die Ausrüstungsinvestitionen: Um noch in den Genuss der günstigeren Abschreibungsbedingungen zu gelangen, orderten die deutschen Unternehmen im letzten Jahr kräftig Investitionsgüter. Die Nachfrage überstieg allerdings die Produktionsmöglichkeiten, sodass ein großer Teil der Nachfrage erst im ersten Quartal bedient werden konnte (+4,0 % qoq). Der geringere Bedarf aufgrund der vorgezogenen Beschaffungskäufe, die verschärften Abschreibungsbedingungen und die Ungewissheit über den Fortgang der Konjunktur dämpfen nun die Investitionsfreude der Unternehmen. Im zweiten Quartal wird dieser Effekt am stärksten zu Tage treten. Hierauf deuten die schwachen Inlandsaufträge der Investitionsgüterproduzenten hin, die im ersten Quartal um 2 % qoq zurückgingen.

6. Zwei Entwicklungen sind für den mittelfristigen Ausblick relevant: Der private Konsum und der Außenbeitrag. Der private Konsum zeigte sich im Vergleich zum Schlussquartal 2007 erholt, doch das Konsumwachstum bleibt mit einem bescheidenen Plus von 0,3 % qoq im langjährigen Vergleich unterdurchschnittlich. Eine robuste Arbeitsmarktentwicklung und ein höheres Lohnwachstum haben zwar die nominalen Bruttolöhne um 3,9% qoq steigen lassen, doch unterm Strich bleibt nach Bereinigung um Steuern, Abgaben und Transfers sowie um Inflation nur ein Rückgang der realen verfügbaren Einkommen um 0,2 % qoq. Noch immer zehrt die Inflation einen zu hohen Anteil der Einkommenszuwächse auf. Daran ändert sich in der kurzen Frist noch nicht allzu viel, erst gegen Jahresende kommt die Inflation etwas zurück und eröffnet bei immer noch hohen Einkommenszuwächsen zusätzlichen Konsumspielraum.

7. Der Außenbeitrag bremste das Wachstum um 0,2 Prozentpunkte. Das lag an einem hohen Importzuwachs (3,5 % qoq). Während die deutschen Exporteure sich gegen die Eurostärke mittels Wechselkurssicherungsgeschäften oder durch geringere Gewinnmargen stemmen, können die ausländischen Produzenten von langlebigen Konsumgütern und Investitionsgütern ihre Produkte hierzulande zu günstigen Konditionen anbieten. Hinzu kamen Rohstoffimporte: Im Januar, als der Ölpreis vorübergehend sank, gingen die Importe aus den OPEC-Staaten sprunghaft in die Höhe. Die Exporte nahmen merklich zu (2,4% qoq), doch der Ausblick ist verhalten. Die Auslandsaufträge sanken im ersten Quartal um 2,5% qoq und die Konjunktur in den Handelspartnerländern Deutschlands gibt weiter nach. Dass es sich derzeit (noch) nicht um eine währungsbedingte Verschlechterung des Exportausblicks handelt, darauf deuten die Auslandsaufträge hin, denn es waren die wechselkursunabhängigen Orders aus der Eurozone, die um 5% qoq einbrachen.

8. Der Ausblick ist gedämpft: Das zweite Quartal wird eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukt bringen, die aber in erster Linie auf die negativen Rückpralleffekte aus dem ersten Quartal zurückzuführen sein wird. Dagegen dürfte sich der Außenbeitrag trotz einer Exportabschwächung aufgrund einer schwächeren Importaktivität stützend bemerkbar machen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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