Kommentar
11:32 Uhr, 26.08.2008

Deutschland: Bruttoinlandsprodukt – ein verregneter Sommer und kein goldener Herbst

1. Das Statistische Bundesamt hat heute die Schnellschätzung für das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal bestätigt: Es schrumpfte um 0,5% qoq. Das zweite Quartal ist mit den heutigen Daten Geschichte. Wir wollen daher nach vorne blicken. Dabei interessiert natürlich insbesondere die Frage, ob es in Deutschland zu einer Rezession kommen kann.

2. Um es vorweg zu sagen: Wir erwarten eine zweite Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal, die jedoch mit -0,1% geringer qoq als im zweiten Quartal ausfallen wird. Dahinter werden folgende Entwicklungen stecken:

3. Der private Konsum ist im zweiten Quartal um 0,7% qoq zurückgegangen und im ersten Quartal wurde er um 0,7 %-Punkte auf -0,4% qoq herunterrevidiert. Im dritten Quartal wird er wohl wieder etwas zucken und damit ein kleines Lebenszeichen abgeben. Wir rechnen mit einem sehr schwachen Anstieg. Dieser wird möglich sein, weil die Inflation etwas an Brisanz verliert und somit die Realeinkommen entlastet werden. Dass die Bäume aber dennoch nicht in den Himmel wachsen, dafür sorgen zwei Faktoren: Die gefühlte Inflation bildet sich langsamer zurück als die amtlich gemessene, da Preissteigerungen von den Haushalten stärker wahrgenommen werden als Preissenkungen. Ferner und wohl bedeutender: Es besteht die Gefahr, dass die Konjunktursorgen die Inflationssorgen ablösen, sodass man also vom Regen in die Traufe kommen könnte. Hinweise darauf liefern die Details zum deutschen Verbrauchervertrauen.

4. Die Exporte werden nach dem Rückgang im zweiten Quartal (-0,2% qoq) weiter schrumpfen. Die Konjunktur in den Ländern Westeuropas trübt sich bislang ungebremst ein. Dorthin gehen immerhin knapp 60 % der deutschen Exporte. Betrachtet man die Entwicklung der Auftragseingänge aus der Eurozone, die im ersten Quartal um knapp 5 % qoq und im zweiten Quartal sogar nochmals schneller um über 8% qoq zurückgingen, dann wird schnell klar, dass man vom Export nicht viel zu erwarten hat. Bedenklicher noch: Die Stimmungsindikatoren der 30 wichtigsten Handelspartnerländer Deutschlands befinden sich in einem ungebremsten Fall und lassen kurzfristig keine Besserung bei den Auslandsaufträgen erwarten.

5. Die Ausrüstungsinvestitionen sanken im zweiten Quartal um 0,5% qoq und auch im Folgequartal werden sich die Unternehmen vorerst zurückhalten. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche veraltete Maschinen durch neue ersetzt und die Kapazitäten aufgestockt. Angesichts der stark eingetrübten Ertragsperspektiven und einer wieder sinkenden Kapazitätsauslastung werden die Unternehmen nur sehr eingeschränkt in neue Ausrüstungen investieren.

6. Von den Bauinvestitionen sollte man sich nichts erhoffen. Die Bauunternehmen haben ihr Pulver im ersten Quartal verschossen. Während des milden Winters wurden die damals vorhandenen Auftragsbestände abgearbeitet und in der Zwischenzeit sind kaum Neuaufträge dazugekommen. So sanken die Auftragseingänge im zweiten Quartal um knapp 8% qoq. Das ist der zweitstärkste Rückgang seit der Wiedervereinigung, nur zu Beginn der langen Baurezession ab 1995 gingen die Aufträge stärker zurück. Während die gewerblichen Bauaufträge nur geringfügig sanken, brachen die öffentlichen Bauaufträge mit einem Minus von über 12% qoq so stark wie noch nie ein. Nach dem eher moderaten Einbruch der Bauinvestitionen im zweiten Quartal um 3,5% qoq ist ein weiterer Rückgang zu erwarten.

7. Zwei Quartale Schrumpfung – also Rezession? Nein! Zwar wird gemäß der Faustformel „zwei Quartale Schrumpfung“ ein technisches Kriterium einer Rezession erfüllt, doch vieles spricht dagegen, die Jahresmitte 2008 als Rezession zu klassifizieren. Erstens sollten in einer „echten“ Rezession auch die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten unterausgelastet sein – das ist bislang noch nicht der Fall. Zweitens ist eine so geringe Schrumpfung – wie wir sie für das dritte Quartal prognostizieren – angesichts der Revisionsanfäligkeit der Statistik dem Unschärfebereich einer Stagnation zuzurechnen. Rezession hin, Rezession her, die Botschaft lautet: Deutschland befindet sich in einer sehr schwachen Konjunkturphase.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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