Kommentar
09:37 Uhr, 17.05.2012

Deutsches Gold heim ins Reich?

Die deutschen Goldreserven sind ein Quell ewiger Spekulation. Rund 3400 Tonnen des Edelmetalls befinden sich im Eigentum der Deutschen Bundesbank. Manch ein Goldbug behauptet, es sei zum Großteil verliehen, andere sagen es ist überhaupt nicht mehr da. Die Bundesbank selber hält sich zu dem Thema ziemlich bedeckt.

Bekannt ist, dass der Löwenanteil im Ausland lagert. Rund zwei Drittel sollen in New York verwahrt sein. Historisch ist die Lagerung im Ausland leicht erklärbar. Der große Goldschatz der Deutschen ist eine Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Krieg und repräsentiert die sehr hohen Handelsbilanzüberschüsse. Die Bundesbank hat ihre riesigen Devisenreserven damals zum Teil in Gold konvertiert, man muss aus heutiger Sicht sagen zum Glück. Über 130 Mrd. EUR in Gold, das ist schon ein Haufen Holz. Angenommen, aus irgendwelchen Gründen würden Papiergeldwährungen durch gedeckte Währungen ersetzt werden (müssen), hätte Deutschland eine sehr ordentliche Ausgangslage.
Das würde natürlich voraussetzen, dass man auf das Gold auch Zugriff hat. Eigentum ist ein sehr relativer Begriff, wenn man nicht auch den Besitz über eine Sache erlangen und damit die tatsächliche Herrschaft ausüben kann.

Man muss sich heute die Frage stellen, ob es noch einen Grund gibt, dieses immense Vermögen im Ausland zu verwahren. Man kann sich natürlich auch die Frage stellen, ob es Gründe geben könnte, das Gold NICHT nach Hause zu holen. Zu letzterem fällt einem einiges ein. Wenn man es nicht verdammt plausibel erklärt, dann dürfte es sogar recht dramatische Marktreaktionen geben. Die USA und Deutschland sind befreundet. Vertrauen die Deutschen den Amerikanern nicht mehr? Eine sehr sensible Angelegenheit.

Ich bin trotzdem dafür, das Thema anzugehen. Das eigene Gold gehört ins eigene Land. Die Kosten der Lagerung und des Transports dürfen überhaupt kein Argument sein, sie sind im Vergleich marginal. Dann bauen wir eben in Frankfurt einen monumentalen Tresor!
Was die Kommunikation angeht, muss man behutsam, aber bestimmt und entschlossen vorgehen. Es ist kein Affront gegen die USA, Frankreich, Großbritannien oder irgendein anderes Land. Ein souveräner Staat trifft die Entscheidung, sein Vermögen nach Hause zu holen. Das ist alles. Und das kann und muss auch von unseren Partnern akzeptiert werden
Bemerkenswerterweise hat sich erst kürzlich der Bundesrechnungshof auf eigene Faust der Gold-Thematik angenommen. Es geht dabei vor allem um die Inventur. Er wird dem Bundestag in Kürze einen Bericht vorlegen, der auch Handlungsempfehlungen enthält. Eine dieser Empfehlungen könnte lauten, die Option der Repatriierung der Goldreserven ernsthaft zu prüfen.

Im Internet haben sich zu dem Ansinnen auch bereits Aktionsgemeinschaften formiert, wie z.B. die Initiative „Holt unser Gold heim“. Man fühlt sich allerdings nicht mit jedem Unterzeichner wohl, das lässt sich bei diesem Thema aber kaum vermeiden.
Sollte es so weit kommen, bin ich schon auf die Reaktionen aus dem Ausland gespannt. „Deutschland holt Gold heim ins Reich“ dürfte noch zu den wohlwollenden Kommentaren gehören.

Daniel Kühn
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"Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor hatte Gold, hat Gold und wird immer Gold haben

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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