Deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr von Orkan erfasst
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1. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist im ersten Quartal in bundesdeutschem Rekordtempo um 3,8 5 qoq geschrumpft (Bloomberg-Median: -3,0 % qoq; DekaBank: -3,8 % qoq). Da zudem das Schlussquartal 2008 um 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert wurde, wird das Vorjahresniveau nun kalenderbereinigt um 6,9 % unterschritten. Wie immer wurden mit der Schnellschätzung keine Details veröffentlicht. Aus den Indikatoren lassen sich aber bis zu deren Publikation am 26. Mai nachfolgende Aussagen ableiten.
2. Die deutsche Rezession ist zuallererst eine importierte. Im ersten Quartal brach die Wirtschaftskraft der Abnehmerländer deutscher Exporte um 1,7 % qoq ein, nachdem sie schon im Schlussquartal 2008 um 1,4 5 qoq gefallen war. Das klingt nicht dramatisch, doch wenn man bedenkt, dass in der bundesdeutschen Geschichte die Konjunktur in den Abnehmerländern im schlimmsten Fall nur um 0,2% qoq gesunken war, wird klar, welchen erdrutschartigen Nachfrageverlust die deutschen Exporteure zu verkraften hatten. Aufgrund der vorliegenden Ausfuhrdaten erwarten wir einen Kollaps der deutschen Exporte. Verglichen mit dem Einbruch der Exporte blieben die Importe noch vergleichsweise stark, was wohl dem widerstandsfähigen privaten Konsum und der Abwrackprämie zuzuschreiben sein dürfte. Damit steuerte der Außenbeitrag allein gut drei Prozentpunkte zur Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts bei.
3. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft musste also einen Kollaps der Nachfrage hinnehmen, der sich in einer noch nie dagewesenen Unterauslastung der Produktionskapazitäten niederschlug. In nur zwei Quartalen, sank diese um über 14 Prozentpunkte auf ein Allzeittief von 71,8 5. Allein diese Unterauslastung erstickt schon jede Investitionsabsicht im Keime. Da aber gleichzeitig die Geschäftserwartungen der Unternehmen in sich zusammenfielen, wurde die Investitionstätigkeit (in Ausrüstungen) massiv zurückgefahren. Klar: Wenn man sich nicht sicher sein kann, die durch Investitionen neu geschaffenen Kapazitäten auszulasten, investiert man nicht.
4. Die Bauinvestitionen starteten mit Schwung in das erste Quartal: Der statistische Überhang in der Produktion betrug 4 5. Allerdings war die Auftragslage zuletzt schlecht und der Jahresbeginn litt unter ungünstigen Witterungsbedingungen, die die Bautätigkeit spürbar hemmten. Erst im März konnte diese Baubehinderung mit einem fulminanten Produktionsplus nachgeholt werden. Unterm Strich verbleibt damit nur ein leichtes Minus bei den Bauinvestitionen.
5. Der private Konsum konnte mitten in der Rezession sogar geringfügig zulegen. Ein ganzes Bündel an Faktoren stützte ihn: So steht die Verschlechterung des Arbeitsmarktes in Deutschland erst an ihrem Anfang – noch sind zu wenige Menschen direkt von der Misere betroffen. Ferner wirken die hohen Tarifabschlüsse des vergangenen Jahres noch nach und schließlich bedeutet der Verfall der Energiepreise einen beachtlichen Kaufkraftgewinn. Zu einem gewissen Teil – nämlich insofern es zu keiner Verdrängung anderer Nachfrage kam – brachte die Abwrackprämie ebenfalls Impulse für den Konsum. Die Inanspruchnahme durch die Haushalte sprengte alle Erwartungen: So war Deutschland eines von nur zwei Ländern in Europa, in dem die Pkw-Neuzulassungen seit Jahresbeginn im Vorjahresvergleich angestiegen sind – und hierzulande kräftig.
6. Eine zentrale Bedeutung für den kurzfristigen Ausblick kommt den Lagerinvestitionen zu. Unsere Berechnungen wie auch die Umfragen des ifo Instituts zu den Fertigwarenlagerbeständen deuten darauf hin, dass es in Deutschland – anders als in den USA – immer noch nicht zu einer echten Korrektur des ungeplanten Lageraufbaus gekommen ist. Sollte sich das bestätigen, gehen im zweiten Quartal von dieser Komponente wohl Bremseffekte aus. Dann werden die Unternehmen ihre als zu hoch empfundenen Lagerbestände verringern und die Nachfrage zuerst aus den Lagern statt aus der Produktion bedienen.
7. Im Winterhalbjahr (2008-Q4 bis 2009-Q1) zog der Orkan der globalen Finanz- und Immobilienmarktkrise über Deutschland hinweg. In den kommenden Quartalen wird die zerstörerische Kraft dieses Orkans merklich abklingen, die Sturmausläufer bringen aber weiterhin Regen und Sturm mit sich. Die Krisis (der Tiefpunkt) liegt hinter uns, die Rezession ist aber noch nicht beendet. Wir erwarten daher in den kommenden Quartalen eine im Schnitt weiter rückläufige Wirtschaftsentwicklung, die allerdings kurzfristig durch ein positives Quartal durchbrochen werden kann. Das zweite Quartal wird dies allerdings nicht leisten können. Mit dem schwachen ersten Quartal liegt unsere (bis zum Vorliegen der Detaildaten vorläufige) Prognose für das Gesamtjahr 2009 beim einem Rekordrückgang des Bruttoinlandsprodukts um 6,0 %.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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