Kommentar
12:29 Uhr, 13.07.2011

Der Poker mit dem Joker

Erwähnte Instrumente

  • Maxi-Zins Anleihe auf einen
    Aktueller Kursstand:  
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  • EMTN Europa Portfolio Anleih
    Aktueller Kursstand:  

Rufen Sie am besten gleich alles, was über zu große Komplexität oder mangelnde Nachvollziehbarkeit von bestimmten Zertifikate-Typen in den vergangenen Jahren geschrieben und gesagt wurde, wieder in sich wach. Bei den beiden neuen Retail-Produkten der Société Générale ist leider all das erfüllt, was Kritiker den sogenannten Equity-Basket-Bonds immer wieder vorwerfen.

Produkt Nummer eins, die noch bis 29 Juli zeichenbare MaxiZins-Anleihe, bei der wohl so mancher Anleger die verbleibende Zeit auch noch benötigen dürfte, um den nachträglichen Auffüllmechanismus wirklich zu verstehen. Wie bei vergleichbaren Produkten verbindet auch dieses Papier eine auf den Nennwert bezogene Kapitalgarantie zum Laufzeitende in fünf Jahren mit der Aussicht auf eine erhöhte Kuponzahlung, die wiederum von der Wertentwicklung eines hier aus 15 europäischen Titeln bestehenden Aktienkorbs abhängt. Die jährliche Zielverzinsung beträgt dabei sechs Prozent und wird immer dann erreicht, wenn keiner der 15 Werte an den jeweils zwölf monatlichen Stichtagen mehr als 30 Prozent seines Startniveaus verloren hat. Bei jeder einzelnen Schwellenverletzung reduziert sich der Kupon um einen ganzen Prozentpunkt, was bedeutet, dass sechs Ausreißer bereits zu einem Zinsausfall führen würden, wenn es da nicht den besagten Auffüllmechanismus in Form einer nachträglichen Bonus-Zahlung geben würde, der ebenso viel Freude wie Kopfzerbrechen beim Anleger verursachen dürfte. So kommt es immer dann, wenn in einem Jahr nach einer niedrigeren oder gar keiner Kuponzahlung wieder ein höherer Zins vergütet wird, zum Bonus-Kick. Dabei werden von dem höheren Kupon jeweils die Werte für die geringeren früheren Kupons, sowie bereits gezahlter Boni abgezogen und dadurch der aktuelle Bonus errechnet. Die gegenseitige Aufrechnung macht das ganze Rechenexempel etwas kompliziert. Im Endeffekt hat der Nachholmechanismus aber den Vorteil, dass im Extremfall lediglich durch einen in der letzten Beobachtungsperiode erzielten Maximalkupon von sechs Prozent alle bis dahin ausgefallenen Zinsen nachgeholt werden können. So kann der Anleger insgesamt auf eine Renditeausbeute von 30 Prozent bei dem mit einem Ausgabeaufschlag von einem Prozent belasteten Produkt kommen.

Musste sich der Investor beim „MaxiZins“ noch mit 15 ganz unterschiedlichen Aktien herumschlagen und hoffen, dass keine zwölf Mal im Jahr unter das 70-Prozent-Niveau abrutscht, so hat er es bei der bis 20. Juli zeichenbaren Europa Portfolio-Anleihe 25/50 gleich mit 50 europäischen Werten zu tun, was eigentlich kein größeres Problem darstellen würde, da es sich dabei um die Zusammensetzung des Euro STOXX 50 handelt. Allerdings wird auch bei diesem 5-jährigen Produkt jeder Titel einzeln für sich betrachtet, was das Risiko entsprechend potenziert. Außerdem verfügt das unter der etwas irreführenden Bezeichnung „Anleihe“ verkaufte Produkt diesmal über keinerlei Kapitalschutz. Dafür hat sich der Emittent wieder etwas Besonderes für den Anleger ausgedacht. Zum einen wird der hier vierteljährlich ausgezahlte Kupon losgelöst von der Aktienkursentwicklung betrachtet und richtet sich nach der Höhe des 3-Monats-EURIBOR-Interbankenzinssatzes, beträgt aber mindestens 5,00 Prozent p.a. Die Performance des üppigen Aktienpakets spielt ihre Rolle vielmehr in Bezug auf die Rückzahlung des Nennbetrags bei Fälligkeit. Dabei wird die Barriere bei 50 Prozent der jeweiligen Startniveaus fixiert, was bedeutet, dass die Einzelwerte selbst noch bei einer Halbierung ihres Wertes ungeschoren davonkommen, wobei sowieso nur die Wertentwicklung vom anfänglichen bis zum finalen Stichtag bei Laufzeitende in die Berechnung eingeht. Um auch diese Hürde noch etwas zu entschärfen, vergeben die Franzosen zusätzlich 25 Joker, was bedeutet, dass erst die 26. Aktie, die unter der 50-Prozent-Schwelle notiert tilgungsrelevant wird. Dies aber wiederum mit gravierenden Auswirkungen, da sich die Rückzahlung für jeden aus der Reihe tanzenden Titel gleich um zehn Prozent reduziert. Sollten also insgesamt 35 Euro STOXX 50 Werte das Kriterium nicht einhalten können, würde der Investor ungeachtet des Kupons sogar einen Totalverlust erleiden. Auch wenn dieses Szenario nicht unbedingt wahrscheinlich erscheint, könnte es dennoch eintreten. Die Begründung der Société Générale für diesen eigenwilligen Rückzahlungs-Mechanismus, eine Finanzkrise damit laufzeitbedingt entweder im Vorhinein durch einen bis dahin aufgebauten Puffer oder durch die darauf folgende Erholungsbewegung unbeschadet überstehen zu können, klingt nur plausibel, wenn man die bislang bekannten Krisenverläufe zugrunde legt. Das Problem ist nur, dass die Finanzmärkte durch die kaum noch in den Griff zu bringende Schuldenspirale zunehmendes Neuland betreten.

Der BörseGo Tipp:

Zwei Produkte, ein Problem: Ein riesiger Basket, bei dem jede einzelne Aktie das Wunschszenario zu Fall bringen kann und das Ganze damit in Verbindung mit dem jeweiligen Kupon- bzw. Tilgungs-Mechanismus zu einem Lotteriespiel werden lässt, auch wenn hohe Puffer und wie bei der Portfolio-Anleihe zusätzlich 25 Joker das Risiko wieder reduzieren sollen. Beim mit seinen vielen Stichtagsbetrachtungen und Kuponberechnungen etwas komplizierten „MaxiZins“ kann der Anleger seinem Spieltrieb wenigstens noch mit einem Kapitalschutz freien Lauf lassen, während bei dem zweiten Produkt schon eher gepokert werden darf. Ob die moderate Zinsausbeute des Floaters allerdings das auf den ersten Blick zwar nur geringe aber durchaus vorhandene Kursrisiko rechtfertigt, sei dahingestellt.

MaxiZins-Anleihe

Emittent/WKN:

Société Générale / SG2CMZ

Laufzeit:

08.08.2016

Preis: (in Zeichnung bis 29.07.2011)

Ausgabepreis: 100 % (zzgl. 1 % Agio)

Europa Portfolio-Anleihe

Emittent/WKN:

Société Générale / SG2C25

Laufzeit:

27.07.2016

Preis: (in Zeichnung bis 20.07.2011)

Ausgabepreis: 100 % (zzgl. bis 2 % Agio)

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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