Der Mann, der einmal über 20 Milliarden Dollar in Bitcoin hatte
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Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne – im Fall von Bitcoin auch jede Menge Stoff für Kriminalgeschichten. Einer dieser Protagonisten ist Michael Mancil Brown, im Bitcointalkforum unter dem Pseudonym “KnightMB” bekannt. Zwischenzeitlich besaß er zehn Prozent aller Bitcoin, gehörte zu den zehn reichsten Investoren, korrespondierte mit Satoshi Nakamoto, geriet dann mit dem Gesetz in Konflikt, und besitzt heute vermutlich: gar nichts mehr. Die verrückte Geschichte eines Glücksritters, der heute 21 Milliarden US-Dollar in Bitcoin besitzen würde.
Die wilden Bitcoin-Anfänge
Die Anfangstage von Bitcoin umgeben einen Hauch von Mythos. Viel Idealismus, wenig Kapitalismus. Ein eingeweihter Kreis, der sich austauschte, gegenseitig half und über allerlei Themen im Bitcointalkforum diskutierte. Einer von ihnen war Michael Brown.
2010 stieß er dazu, minte, damals noch mit handelsüblichem Rechner, sich zu aus heutiger Sicht unverschämten Reichtum. Pro Block gab es damals 50 Bitcoin – fast drei Millionen US-Dollar, nach heutigem Wert. Angesichts der überschaubaren Anzahl aktiver Miner häuften einige ein staatliches Vermögen an.
Daran war zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht zu denken. Als Brown aktiv wurde, krebste Bitcoin nicht einmal im Centbereich herum. Mining war ein Hobby aus Überzeugung, in kühnsten Träumen: eine Wette auf die Zukunft.
Aus dieser Zeit sind Nachrichtenverläufe zwischen ihm und Satoshi Nakamoto dokumentiert. Später deutete er auch an, persönliche Informationen über den mysteriösen Bitcoin-Erfinder zu haben. Er wüsste, welchen Computer Satoshi verwendet habe, und “in welchem Teil der Erde” er lebte.
Die legendäre Pizza-Bestellung im Mai 2010, die sich der Bitcoiner Laszlo Hanyecz 10.000 Bitcoin bei Domino’s Pizza kosten ließ, kommentierte Brown damals scherzhaft: “600 Dollar sind doch ein gutes Angebot für eine Pizza?” Bitcoin lag da bei ungefähr sechs Cent. Heute wären die 10.000 BTC über eine halbe Milliarde US-Dollar wert.
Michael Browns Aufstieg
Für Brown wurde Mining irgendwann mehr als ein Hobby. Früh legte er Geschäftssinn an den Tag. Im Juli 2010 pitchte er im Forum die Idee von Prepaid-Karten, die mit Bitcoin aufgeladen werden. Nach Browns Aussage arbeitete er “mit einer lokalen Bank” zusammen. Hier hätte sein Aufstieg beginnen können.
Er erhielt einen Scheck von 12.000 US-Dollar, der Auftrag: so viele Bitcoin kaufen und minen wie möglich. Recht schnell verloren die Geldgeber aber das Vertrauen in das Projekt. Brown machte einen Deal und kaufte alle bis dahin angehäuften Bitcoin ab: insgesamt 371.000 für 5.000 US-Dollar. “Ich denke, ich habe eine kluge Investition getätigt”, schrieb er – und sollte Recht behalten.
Sein Bitcoin-Schatz machte ihn zum Millionär. Und zu einem der zehn reichsten Bitcoiner überhaupt. Zehn Prozent der gesamten Umlaufmenge besaß er zeitweise. Zum Vergleich: MicroStrategy besitzt aktuell 226.000 Bitcoin, BlackRock 357.000.
Der Fall
Brown hätte heute mehr als ausgesorgt, doch privat häuften sich Probleme. Im November 2009 stürmte der Secret Service seine Wohnung, der Verdacht: Brown soll Kundendaten eines Versicherungsunternehmens im Internet gestohlen haben. Aus Mangel an Beweisen wurden Ermittlungen gegen ihn eingestellt.
2012 verschaffte sich die Strafverfolgungsbehörde erneut unsanft Zugang zu seiner Wohnung. Brown war Hauptbeschuldigter in einem Erpressungsfall um den damaligen republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten, Mitt Romney. Laut FBI und Staatsanwaltschaft soll Brown damit gedroht haben, angeblich gestohlene Steuerunterlagen des Politikers zu veröffentlichen. Dabei soll er Mitt Romney um eine Million Dollar in Bitcoin erpresst haben.
Der Fall sorgte international für Aufmerksamkeit. Es war eine der ersten großen Erpressungen im Zusammenhang mit Bitcoin. Im Bitcoin Magazine nahm sich ein damals noch unbekannter Redakteur dem Thema an: Vitalik Buterin.
Obwohl Brown seine Unschuld beteuerte, sah ein Gericht seine Schuld als erwiesen an. 2016 wurde Brown zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Danach wurde es still um ihn.
Was wurde aus den 371.000 Bitcoin?
Eine Frage bleibt jedoch: Wo sind die 371.000 Bitcoin verblieben, die heute über 20 Milliarden US-Dollar wert wären? Im Juni 2012, wenige Monate vor den Ermittlungen gegen ihn, schrieb Brown im Bitcointalkforum: “Egal, welche Legende sich gebildet hat, es ist nichts Erstaunliches oder Aufregendes mit den Bitcoins passiert, die ich einmal hatte. Ich habe kein Land gekauft und auch keine Inseln oder ähnliches. Stattdessen habe ich nur versucht, zu helfen, wo ich konnte. Das Einzige, was ich jetzt noch habe, sind alte Screenshots und leere Wallets”.
Laut seiner Aussage habe er einen Teil an Freunde verschenkt, “kleinere Schulden” beglichen und einen “großen Teil” an WikiLeaks gespendet. Gemutmaßt wurde auch, dass er die Bitcoin nutzte, um Gerichtskosten zu decken. Im Verfahren erhielt er eine Geldstrafe von 200.000 US-Dollar.
Heute scheint sich Brown aus dem Bitcoin-Geschehen zurückgezogen zu haben. Auch sein eigenes Projekt, Timecoin, ruht seit Jahren. Was bleibt, ist eine hollywoodreife Biographie, ein Zeitdokument früher, teils wilder Bitcoin-Tage. Auch wenn er selber wohl anderer Meinung ist, wie er selbst seinen Werdegang kommentierte: “ich hoffe, die Geschichte war nicht zu langweilig”.
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