Der Mandant befindet sich in "Schockstarre"
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Sehr geehrte Privatanleger, ein Mandant sagte mir, dass er sich in einer Schockstarre befinde und erst einmal gar nichts tun werde. Dieser Mandant hat ein für seine Lebensführung durchaus reichliches Vermögen, das auf Termingeldanlagen, Einzelaktien, Fonds und Immobilien verteilt ist. Nach dem Kurseinbruch vom März 2008 haben wir begonnen, Aktien zu kaufen.
In den letzten Monaten bekam ich regelmäßig Vorwürfe zu hören, dass die Aktien, die wir gekauft haben, gefallen seien. Ich antwortete immer dasselbe: dass ich die Qualität und die Bewertung etlicher Titel einigermaßen zuverlässig bewerten könne, aber überhaupt nicht die Bewegungen der Börse, die kurzfristig von emotionalen Faktoren getrieben würden.
Als wir dann das Depot mündlich besprochen haben, stellte sich heraus, dass die empfohlenen Titel durchschnittliche 25 Prozent im Minus standen. Nicht schön, aber angesichts der schlimmsten Börsenbaisse seit 1931 auch keine Katastrophe. Im Durchschnitt gab es zudem fünf Prozent Dividende. Der Anleger hatte seit Monaten nicht mehr ins Depot geschaut. Prinzipiell ist das gut, aber in dieser Zeit hatte er sich enorme Verluste zusammenphantasiert – und die gibt es nicht.
Eigentlich ist dieser Mann ein rationaler Mensch und ein erfolgreicher Kaufmann und Geschäftsführer dazu. Als ich ihn fragte, ob denn die „Schockstarre“ eine rationale Antwort sei, bekam ich zunächst einmal keine Antwort – ein Hinweis darauf, dass das Argument seine Wirkung nicht verfehlte. Wann denn, wenn nicht jetzt, sollte man Aktien nachkaufen?
Ich komme noch einmal zu Buffetts Aussage zurück, dass diejenigen, die derzeit Termingeld oder kurz laufende Anleihen halten, sich zwar gut fühlen, dies aber nicht tun sollten, da sie einen für die Langfristanlage schrecklichen Vermögensgegenstand gekauft haben. Langfristig haben sich Anleihen und Festgeld immer schlechter entwickelt als Aktien. Und während Sie mit der deutschen Staatsanleihe im letzten Jahrhundert mehrfach Totalverlust erlitten hätten, gibt es die Daimler-Aktie immer noch.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Inflation anzieht: In den USA beträgt sie aktuell fünf Prozent. Aber die Statistik erzeugt Schub nach oben.
Die Jahresrate wird durch die letzten zwölf Monate bestimmt. Vor einem Jahr lagen die Monatsraten in den USA bei null oder sogar darunter. Die "guten" Monate fallen jetzt schrittweise aus der Berechnung heraus. Hinzu kommen die höheren Raten der letzten Monate. Damit scheint ein Anstieg der Inflation auf sechs oder sieben Prozent in den USA sicher. Bereits jetzt verlieren die Besitzer von US-Staatsanleihen jeden Monat real Geld. Sie erhalten Renditen von etwa vier Prozent und müssen mit einer Inflation von sieben Prozent leben – macht real drei Prozent Verlust. In Deutschland wird derzeit gerade der Inflationsausgleich geschafft.
Viele Schwellenländer haben bereits zweistellige Inflationsraten. Und ich halte das auch für die USA nicht für unwahrscheinlich. In der jetzigen Ausnahmesituation ist das richtig und gut. Die Notenbanken versuchen derzeit um jeden Preis, Inflation zu machen. Ich hoffe, dass ihnen das gelingt, denn es ist, im Vergleich zu einer weltweiten Deflation, das weitaus geringere Übel.
Vermögen muss in dieser Krise vernichtet werden, da es zu viel Papiervermögen gab. Da ist Inflation wirklich das kleinere Übel. Unternehmen werden anfangen, die gestiegenen Preise an die Kunden weiterzugeben. Aktien von Unternehmen mit derartigen Preisspielräumen sind also inflationsgeschützt. Der Run auf die niedrig verzinslichen Staatsanleihen wird aufhören, die Staaten werden viel höhere Renditen bieten müssen, um sich überhaupt noch zu verschulden.
Wenn Sie Anleihen kaufen wollen, dann kaufen Sie Unternehmensanleihen, die sich derzeit, durch die allgemeine Unsicherheit, mit hohen Renditen rentieren (siehe auch Artikel in dieser Ausgabe). Wenn Sie Ihr Geld nur parken wollen, dann in Fest- oder Termingeldern. Sichern Sie sich durch Gold ab. Und vergessen Sie nicht, Ihren Aktienanteil kräftig aufzustocken, jetzt, wo Aktien noch billig sind.
Auf gute Investments,
Ihr Prof. Dr. Max Otte
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