Kommentar
09:41 Uhr, 21.06.2022

Der größte Käufer von Aktien wird knausrig

Eine Investorengruppe kauft jedes Jahr um viele hundert Milliarden Dollar Aktien. Der Markt muss zukünftig mit deutlich weniger auskommen.

Bei der Gruppe handelt es sich um börsennotierte Unternehmen selbst. Vor allem in den USA geben Unternehmen viel Geld aus, um eigene Aktien zurückzukaufen. Gemessen an der Marktkapitalisierung des S&P 500 kaufen Firmen jedes Jahr zwischen 1 % und 4 % der Aktien zurück. Der positive Effekt ist offensichtlich. Aktienrückkäufe erhöhen zum einen die Nachfrage nach Aktien. Das allein stützt den Kurs. Zum anderen machen Rückkäufe die verbleibenden Aktien wertvoller. Kauft eine Firma eigene Aktien zurück, verbleiben diese zunächst in der Bilanz. Regelmäßig werden diese Aktien jedoch annulliert. Die Anzahl ausstehender Aktien wird dadurch reduziert. Der Gewinn verteilt sich nun auf eine geringere Anzahl an Aktien. Der Gewinn je Aktie steigt. Selbst wenn ein Unternehmen nicht mehr wächst, kann der Aktienkurs dadurch steigen, da der Gewinn je Aktie mit der Zeit ansteigt. Traditionell kaufen US-Unternehmen mehr Aktien zurück als etwa europäische Firmen.


Diese schütten Gewinne mehr über Dividenden aus. Die Dividendenrenditen in Europa liegen für viele Indizes im Bereich von 3 %. In den USA liegt sie für den S&P 500 heute bei gut der Hälfte. Das erklärt zum Teil die schlechtere Kursentwicklung in Europa. Auf Total Return Basis (Kurse und Dividenden) schneiden europäische Indizes gar nicht so schlecht ab.

Aktienrückkäufe sind sehr zyklisch. Die größten Beträge werden ausgegeben, wenn die Wirtschaft boomt und die Kurse hoch sind. Als Investor muss man bei einem solchen Verhalten die Nase rümpfen. Unternehmen sind keine besonders guten Investoren. Sie kaufen hoch und im Notfall, wenn der Kurs niedrig ist, geben sie neue Aktien aus. Das gleicht dem Prinzip hoch kaufen und tief verkaufen.

Derzeit dreht der Zyklus. Aktienkurse sind bereits gefallen. Inzwischen folgt auch das Sentiment der Firmenchefs. Schätzen diese die Lage erst schlecht ein, werden Aktienrückkäufe reduziert oder ganz ausgesetzt. Dadurch wird nicht mehr gekauft, wenn die Kurse attraktiver sind.

Andererseits halten Firmen so ihr Geld beisammen. Ein höherer Cashbestand ist gut, wenn man befürchtet, in eine Krise zu geraten. Ob die große Krise kommt, bleibt abzuwarten. Das Sentiment befindet sich im freien Fall und Aktienrückkäufe folgen diesem Trend (Grafik 2). Es ist davon auszugehen, dass das Rückkaufvolumen signifikant sinken wird.


Im ersten Quartal 2022 wurden Aktien im Wert von fast 300 Mrd. Dollar zurückgekauft. Das Sentiment lässt einen Einbruch der Rückkäufe um mindestens ein Drittel erahnen. Damit wird immer noch gekauft, allerdings deutlich weniger. In einem ohnehin schwachen Markt tut jede Milliarde weh, die nicht in den Markt fließt.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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