Kommentar
20:00 Uhr, 12.12.2007

Der Euro nach dem Zinsentscheid - Wie geht es 2008 weiter ?

Die US- Notenbank Fed hat am Dienstag ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,25% gesenkt und damit der Erwartung der Mehrheit der Marktteilnehmer entsprochen, die auf einen „kleinen Zinsschritt“ gesetzt hatten. Der Zinsschritt als solcher war nach den jüngsten Kommentaren von Fed-Präsident Ben Bernanke und seinem Vizegouverneur Donald Kohn keine Überraschung, die beide vor zunehmenden Wachstumsrisiken im Zuge der sich zuspitzenden Liquiditätskrise gewarnt hatten. Das knappe Drittel der Investoren hingegen, die auf eine noch stärkere geldpolitische Lockerung um 50 Basispunkte spekuliert hatten, wurde enttäuscht.

Die übertriebenen Zinssenkungserwartungen dieser Marktteilnehmer führten nach Bekanntgabe des Zinsentscheids zu deutlichen Kursabschlägen am US-Aktienmarkt, was wiederum EUR/USD unter Abgabedruck brachte. Besonders negativ wurde von vielen Investoren bewertet, dass die Fed auch den Diskontsatz nur von 5,00% auf jetzt 4,75% reduzierte und damit die Chance verpasste, für eine stärkere Linderung der durch die Finanzmarktturbulenzen verursachten Liquiditätsengpässe zu sorgen. Die Senkung der Differenz zum Leitzins auf 25 Basispunkte hätte dem aufgrund der US-Hypothekenkrise angeschlagenen Geldmarkt nach Ansicht vieler Ökonomen zur Stabilisierung verhelfen können. Zum Diskontsatz können sich US-Banken direkt bei der Fed Liquidität beschaffen, ohne den Weg über den Geldmarkt oder die Primärhändler nehmen zu müssen.

Die als „zu gering“ empfundenen Zinssenkungen der US-Notenbank schlugen sich in der Folge in der Auflösung risikoreicher Investments am Aktienmarkt sowie bei Hochzinswährungen nieder und stärkten damit den Greenback. Von seinem unmittelbar nach Bekanntgabe des Zinsentscheids erreichten Tageshoch bei 1,4744 fiel EUR/USD über 100 Pips zurück und sackte im Tief bis 1,4636 ab. Unter vermehrten Abgabedruck geriet das Währungspaar durch die sich dramatisch beschleunigenden Kursverluste am US-Aktienmarkt, wo der Dow Jones Index zeitweise über 300 Punkte einbüßte, was zu weiter steigender Risikoaversion und damit zu neuen Umschichtungen in den US-Dollar führte.

In den Hintergrund trat dabei fast schon die Tatsache, dass sich die Fed in ihrem Begleitstatement die Option für weitere Zinssenkungen offen hielt und ihren zuletzt als „neutral“ empfundenen Tonfall zugunsten eines stärkeren Zinspessimismus modifizierte. Die Aussage von Ende Oktober, dass Inflations- und Wachstumsrisiken in etwa gleich gewichtet seien, wurde aus dem Statement gestrichen und statt dessen betont, dass man weiter das Notwendige tun werde, um die Wirtschaft auf Wachstumskurs zu halten und die Inflation einzudämmen. In den Zinsfutures erhöhte sich daraufhin die Wahrscheinlichkeit einer weiteren US-Zinssenkung im Januar auf über 90%.

Auch die weiteren Aussagen in dem Begleitstatement stellten sich alles andere als dollarpositiv dar. So betonte die Fed die weiter herrschende ökonomische Unsicherheit in den USA und bekräftigte, dass sich die Korrektur am US-Häusermarkt noch beschleunigt habe. Dies wiederum dürfe zu einer Abschwächung der Ausgaben der US-Konsumenten sowie der Geschäftsinvestitionen führen, so die Fed. Die US-Notenbank berichtet außerdem von sich weiter verschlechternden Bedingungen am heimischen Finanzmarkt. Angesichts der unsicheren Konjunkturprognose solle die Zinssenkung helfen, in der Zukunft ein "moderates" US-Wirtschaftswachstum sicherzustellen, hieß es weiter.

Umgekehrt fielen die Aussagen von Bernanke und Co. zur Inflationsentwicklung auch nicht besorgt genug aus, um die Spekulationen auf weitere US-Zinssenkungen nennenswert zu dämpfen. So konstatiert das Begleitstatement, dass sich die US-Inflation in der Kernrate in diesem Jahr leicht verbessert habe. Allerdings gebe es Risiken mit Blick auf die Entwicklung der Teuerung, wobei besonders die Entwicklung bei den Energie- und Rohstoffpreisen für einen neuerlichen Anstieg sorgen könnte, hieß es.
Insgesamt läßt das konjunktur- wie zinspessimistische Statement der Fed auf mehrere weitere US-Zinssenkungen im Jahre 2008 schließen, womit – eine standhafte Haltung der EZB vorausgesetzt -, die langfristigen Aussichten für EUR/USD positiv bleiben. Auch wenn es in diesem Jahr zu keinem neuen Test der 1,50er-Marke kommen dürfte, ist oberhalb der zuletzt wieder überwundenen, nach Erreichen des Allzeithochs von 1,4967 etablierten kurzfristigen Abwärtstrendlinie bei 1,4660 das charttechnische Aufwärtsszenario intakt. Im kommenden Jahr sollte EUR/USD angesichts der sich weiter zuspitzenden US-Immobilienkrise sowie neu aufkeimender Rezessionsängste dann die 1,55er-Marke ins Auge fassen.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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