Kommentar
23:00 Uhr, 17.09.2008

Der Crash des Bankensystems 2007/2008 - "Die Situation war und ist so zerbrechlich"

Das als Finanzkrise bezeichnete Drama ist inzwischen über ein Jahr alt und geht in seinen letzten Akt über. Mit der Insolvenz der Traditionsbank Lehmann Brothers und dem Verkauf von Merrill Lynch an die Bank of America gibt es jetzt nur noch 2 große unabhängige Investmentbanken in den USA: Goldman Sachs und Morgan Stanley.

Konsolidierung der Branche ist angesagt. Auch in Deutschland geht es heiß her. Deutsche plus Postbank auf der einen, Commerzbank und Dresdner Bank (mit der Allianz als Großaktionär im Rücken) bilden jetzt die Schwergewichte. Schiere Größe und v.a. auch Substanz sind jetzt entscheidend.

Wenn sich das Gewitter entladen hat, werden Aufsichten und Regierungen weltweit vieles zu überdenken haben. Von der Risikosteuerung hin zur Eigenkapitalunterlegung im Bankenbereich – auch im Kapitalismus kann man den Finanzsektor nicht sich selbst überlassen. Zu zentral ist dessen Rolle in einem Finanzsystem, das nur funktionieren kann, wenn die Bürger ihm vertrauen. Wenn ein Autohändler pleite geht oder ein Warenhaus dann ist das vielleicht bedauerlich – aber in keinster Weise bedrohlich, weil das Kollektiv dadurch nicht tangiert wird – Einzelschicksale.

Nicht so bei Bankenpleiten – sie führen sofort zu Vertrauensverlusten in die gesamte Branche. Es gibt momentan nichts wichtigeres als dieses ohnehin sehr fragile Vertrauen zu schützen, weshalb sogar die quasisozialistischen Eingriffe in den USA – was Freddie Mac und Fannie Mae angeht – in dieser Ausnahmesituation absolut richtig sind. Theoretisches Geschwafel, wonach man so etwas aus Gründen der Anreizsteuerung nicht tun dürfe, ist unverantwortlich.

Die Situation war und ist so zerbrechlich, dass bei weiterer Eskalation Schlangen von Abhebungswilligen vor den Banken zu befürchten gewesen wären – und mithin nicht weniger als der temporäre Zusammenbruch des Wirtschaftslebens. Für Lehrstücke in Sachen theoretisch idealer Kapitalismus ist jetzt einfach nicht die richtige Zeit. Danach allerdings wird wohl kaum ein Stein auf dem anderen bleiben.

Die goldenen Zeiten, in denen sich Banker weltweit durch Eingehen immenser Risiken die Taschen vollgestopft haben, sind vorbei. Und da ich gerade aus Berlin zurückkomme, stelle ich fest: "Das ist auch gut so!"

Viel Spaß beim Lesen wünscht Daniel Kühn - Chefredakteur vom TradersJournal

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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