Kommentar
17:12 Uhr, 29.08.2012

Der Bonus für den ganz Schnellen?

Erwähnte Instrumente

  • Capped Bonus auf den DAX
    Aktueller Kursstand:  
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Der Zertifikatemarkt erstreckte sich Ende Juli über ein Angebots-Spektrum von unglaublichen 940.381 Anlage- und Hebel-Produkten. Wer da noch einigermaßen den Überblick behalten möchte, ist „auf Gedeih und Verderb“ auf das eine oder andere im Internet verfügbare möglichst unabhängige Auswahltool angewiesen. Einen Anhaltspunkt können auch sogenannte „Rennlisten“ mit den aktuellen Tops oder Flops bzw. den meistgesuchten bzw. umsatzstärksten Produkten sein, die viele Finanzportale bieten.

Zu letzteren gehört an der EUWAX aktuell ein Bonus-Kurzläufer von Goldman Sachs auf den DAX (GT2AMS), von dem fast 20.000 Stücke in einem Wert von mehr als drei Millionen Euro gehandelt wurden. Ausgestattet mit einer Restlaufzeit von nur noch einem Monat bietet das ursprünglich 3-monatige Produkt dem Anleger bei einem Puffer von gut zehn Prozent eine mehr als stolze Seitwärtsrendite von 5,59 Prozent oder knapp 85 Prozent p.a. Wer dem deutschen Leitindex im anstehenden als Crashmonat gefürchteten September nur ein begrenztes Abwärtspotential zubilligt, könnte hier eigentlich immer noch zugreifen, wenn es da nicht das Problem mit einem vielfach unterschätztem Parameter gäbe, dem sogenannten Aufgeld, das angibt, um wie viel Prozent das jeweilige Papier aktuell teurer als der Basiswert notiert. Bei dem angesprochenen Capped-Bonus-Produkt beträgt dieser Wert sogar 123 Prozent. Dabei muss für den unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses von 0,01 normalerweise bei etwa 70 Euro notierenden Basiswert strukturbedingt ein Preis von 156,33 Euro gezahlt werden, da der für den Bonus verantwortliche Down-and-out-Put ausgehend von einem Strike bei 16.500 Indexpunkten bereits weit im Geld liegt. Ein Spiel mit dem Feuer, da sich im Falle einer September-Korrektur der gesamte Aufschlag sofort in Luft auflösen würde. Würde der Index bei Fälligkeit beispielsweise genau auf Höhe der Barriere von 6.300 Punkten notieren, entspräche dies schon einem Verlust von etwa 60 Prozent beim Zertifikat. Dadurch ergibt sich hier ein sehr ungünstiges Chance-Risiko-Verhältnis, das sich wenn überhaupt allein durch die geringe Restlaufzeit in Kombination mit einem schier unerschütterlichen Optimismus rechtfertigen lässt, so dass es sich bei dem großen Deal an der EUWAX wohl eher um einen vorzeitigen Verkauf als einen Neueinstieg eines Institutionellen gehandelt haben könnte. Das Beispiel zeigt insbesondere das Problem von nur noch kurz laufenden Bonus-Zertifikaten mit einer auf dem ersten Blick äußerst attraktiven Ausstattung. Investoren können dabei fast sicher davon ausgehen, dass sie die Seitwärtsrendite dann mehr oder weniger teuer bezahlen, wenn es tatsächlich zum Schwellenereignis kommen sollte. Denn schließlich kocht man auch am Zertifikatemarkt nur mit Wasser.

Wer sich ausgehend von dem angesprochenen Fall noch einige Alternativen vergegenwärtigen möchte, könnte wie unten aufgeführt, das ein oder andere Ausstattungskriterium variieren, wie z.B. den Bonus-Level. Begnügt man sich beispielsweise hier (GT2BPX) mit einer Seitwärtsrendite von gut zweieinhalb Prozent, würde das Aufgeld ceteris paribus mit etwa 41 Prozent zwar noch immer hoch, aber immerhin deutlich niedriger ausfallen. Kann der Anleger auch noch einen Monat dranhängen, sind bei ähnlich hohen Aufgeldern schon deutlich zweistellige Renditen drin. Erhöht man bei der 2-monatigen Laufzeit zusätzlich den Puffer auf gut 15 Prozent und macht bei der Rendite einige Abstriche, kann man auch bei dieser etwas sichereren Variante noch ansonsten höhere Aufgelder vermeiden.

Bonus-Zertifikate auf den DAX:

WKN

Emittent

Typ

Barriere

Bonus-Level/Cap

Puffer

Seitwärts-Rendite (p.a.)

Fälligkeit

Aufgeld

GT2AMS

GS

Bonus Capped

6.300

16.500/16.500

10,18%

5,59% (84,96%)

21.09.12

122,78%

CZ055L

COBA

Bonus Capped

6.300

13.500/13.500

10,18%

3,97% (63,07%)

20.09.12

85,16%

GT2BPX

GS

Bonus Classic

6.250

10.150

10,88%

2,56% (38,88%)

21.09.12

41,13%

GT2A4N

GS

Bonus Capped

6.250

15.900/15.900

10,88%

13,19% (92,59%)

19.10.12

100,48%

GT2A4L

GS

Bonus Capped

6.300

11.250/11.250

10,18%

10,96% (76,91%)

19.10.12

45,05%

BP5A7Q

BNP

Bonus Capped

5.900

10.400/10,400

15,58%

4,48% (31,45%)

19.10.12

42,42%

Der BörseGo Tipp:

Extrem kurz laufende Bonus-Strukturen lassen sich ihre attraktive Rendite sehr teuer bezahlen, so dass man vom Chance-Risiko-Profil her zumindest auf eine etwas längere Laufzeit ausweichen sollte. Ganz wichtig ist dabei generell, nicht unbedingt das in der „Rennliste“ immer ganz oben stehende Produkt sofort ohne weitere Prüfung auszuwählen, sondern insbesondere die Kosten in Form des Aufgeldes genau mit den weiteren Ausstattungs-Merkmalen und der individuellen Markt- bzw. Risikoeinschätzung abzuwägen. Denn geht die kurzfristige Bonus-Spekulation schief, sind damit auch immer deutlich höhere Verluste verbunden als dies mit einem einfachen Index-Tracker der Fall wäre.

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/zertifikate

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Armin Geier
Armin Geier

Armin Geier beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren sehr intensiv mit Anlage-Zertifikaten. Begonnen hat sein berufliches Interesse im Jahr 2000, als er bei einem Münchner Internet-Portal über mehrere Jahre die erste Datenbank für diese spezielle Materie aufbauen konnte und dadurch die rasante Entwicklung dieser Spezies damals noch ganz hautnah Produkt für Produkt mitbekam. Wie sehr sich die Zeiten seitdem verändert haben, kann man allein an der Explosion der Produktzahl von anfangs nicht einmal 3.000 auf heute über eine Million Stück erkennen. Bei seinen nächsten Stationen wechselte er dann ganz in den journalistischen Bereich über, ohne seine Vorliebe für die diversen Produktstrukturen aufzugeben, an denen ihm nach wie vor gerade wegen ihrer asymmetrischen Chance-Risiko-Profile sehr gelegen ist. Insbesondere interessiert ihn dabei die Möglichkeit, aus Einzelansätzen langfristig funktionierende Strategien zu entwickeln. Leider wird dieser Zielsetzung seit Lehman vor dem Hintergrund einer immer kurzfristigeren Denkweise an den Märkten von Emittentenseite immer weniger entsprochen. Bei der BörseGo AG/Godmode-Trader ist Armin Geier seit sechs Jahren mit journalistischen Beiträgen in diversen Rubriken und Publikationen als Experte für Anlage-Zertifikate präsent.

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