DekaBank - Prognosen zur Volkswirtschaft
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USA: Die Konjunkturdaten der vergangenen Wochen lassen nur einen Schluss zu: Die amerikanische Volkswirtschaft befindet sich derzeit eindeutig auf Erholungskurs. Teilweise ist die verbesserte Konjunkturentwicklung bereits am Arbeitsmarkt angekommen, immerhin gab es im November zum vierten Mal in Folge einen Beschäftigungsaufbau. Die Stimmungsindikatoren haben sich weiter verbessert. In diesem Umfeld günstigerer Jobaussichten, einer höheren Zuversicht in die wirtschaftliche Erholung und steigender Aktienkurse werden die amerikanischen Haushalte eine Stütze der amerikanischen Konjunktur bleiben. Dem äußerst starken Anstieg des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal (+8,2 % qoq annualisiert) werden geringere, aber immer noch über dem Potenzialpfad liegende Zuwächse folgen. Für die erste Jahreshälfte 2004 sind wir weiterhin etwas optimistischer als die Markterwartungen. Eine leichte Eintrübung ist mit dem Auslaufen der Impulse von der Geldund Finanzpolitik zu erwarten, also ab dem kommenden Sommer.
Die Fed hat bei ihrem Zinsentscheid im Dezember behutsam angefangen, die Märkte auf die Zinswende vorzubereiten. Anfang nächsten Jahres sollte die Fed ihre Risikoeinschätzung hinsichtlich der Inflation auf neutral zu schalten. Trotz der positiven Konjunkturdaten und gegen die augenblickliche Marktmeinung sehen wir den ersten Zinsschritt nach oben erst für Spätsommer 2004. Denn um glaubwürdig zu bleiben, muss die Fed ihrer Selbstverpflichtung nachkommen, die Zinsen auf absehbare Zeit niedrig zu halten. Das starke Produktivitätswachstum, die Produktionslücke und die immer noch zu hohe Arbeitslosigkeit helfen ihr hierbei, denn diese Variablen halten den Inflationsdruck niedrig.
Revisionen: -
Euroland: So langsam tröpfeln die ersten guten realwirtschaftlichen Daten für das vierte Quartal herein, die Auftragseingänge und die Industrieproduktion in Deutschland lieferten erste Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft in Euroland mit etwas mehr Dynamik wächst. Hat im dritten Quartal noch der Außenbeitrag maßgeblich das Wirtschaftswachstum getragen, so nehmen mit dem immer stärker werdenden Euro jetzt wieder die Befürchtungen zu, dass die Exportwirtschaft schon bald unter der Aufwertung leiden könnte und die Erholung dadurch wieder gebremst wird, bevor sie richtig angefangen hat. Die Wachstumsverlangsamung wird nach unserer Prognose aber erst ab Mitte 2004 einsetzen und eher moderat ablaufen. Zu den Bremseffekten der Euro-Aufwertung gesellt sich in 2005 eine restriktive Fiskalpolitik, die zu einer weiteren Abflachung des Konjunkturpfades führen wird.
Die Inflationsrate liegt weiterhin über dem Bereich, den die EZB anvisiert, und deutlich höher als im Sommer erwartet. Dies reflektiert sich auch in den am Rentenmarkt eingepreisten Inflationserwartungen. Zwar führt die negative Produktionslücke auch in den kommenden Monaten dazu, dass der konjunkturelle Preiserhöhungsspielraum eingeschränkt bleibt. Die Erhöhung direkt administrierter Preise und von Tabak- und Energiesteuern in einigen Ländern, die höheren Ölpreise und die aufgrund des trockenen Sommers höheren Lebensmittelpreise überkompensieren aber die Entlastung, die sich aufgrund weiterhin sinkender Importpreise ergibt. Die EZB wird ihre Leitzinsen in den nächsten Monaten konstant halten. Im September 2004 erwarten wir die erste Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Der zweite Zinsschritt wird dann mit 25 BP etwas vorsichtiger ausfallen.
Revisionen: Auf Jahressicht erwarten wir nun Zinserhöhungen der EZB um insgesamt 75 Basispunkte (vorher 100 Basispunkte).
UK: Die ersten, das vierte Quartal betreffenden harten Konjunkturdaten (Einzelhandelsumsätze und Industrieproduktion) sind ausgesprochen gut ausgefallen. Die vorlaufenden Indikatoren zeigen, dass in den nächsten Quartalen alle Sektoren der Wirtschaft zum Wachstum beitragen werden.
Das neue Inflationsziel der Bank of England hat einen Wert von 2,0 % gemessen am HVPI. Wir erwarten, dass zur Erreichung dieses Ziels weitere Zinserhöhungen nötig sein werden. Die erste sollte im Februar erfolgen, wenn erstmals ein Inflationsbericht mit Prognosen für den HVPI erstellt wird.
Revisionen: Die etwas stärkere Dynamik zur Jahreswende 2003/04 schiebt unsere BIP-Prognose für 2004 von +2,5 % auf +2,7 %.
Japan: Die jüngsten Konjunkturdaten sind relativ gut ausgefallen. Vor allem die Stimmungsindikatoren legen den Schluss nahe, dass die Yen-Aufwertung noch keine unmittelbar wirksame Belastung ist. Sicherlich werden aufgrund von Wirkungsverzögerungen im Laufe des kommenden Jahres die japanischen Exporte gebremst. Aber derzeit steht die weltwirtschaftliche Erholung im Vordergrund, sodass etwa in der Tankan-Umfrage der Notenbank mehr Optimismus als zuvor zum Ausdruck gekommen ist. Wir gehen von einer anhaltenden gesamtwirtschaftlichen Expansion in Japan aus. Die Prognoseänderung rührt einmal mehr von der sehr revisionsanfälligen amtlichen Statistik her und nicht von einem veränderten Konjunkturbild. Die Bank of Japan hat erneut versichert, ihre Politik der "quantitativen Lockerung" so lange aufrecht erhalten zu wollen, wie die Inflationsrate nachhaltig nicht bei mindestens Null liegt. Der Deflationsdruck hat im Zuge der konjunkturellen Erholung zwar etwas abgenommen, die Bank geht aber weiterhin davon aus, dass im Fiskaljahr 2004 eine Jahresinflationsrate von -0,2 % bis -0,5 % zu erwarten ist. Diese Einschätzung halten wir für realistisch.
Revisionen: Aufgrund der abermals spürbaren Revision in der amtlichen Statistik erwarten wir nunmehr einen jahresdurchschnittlichen Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts in 2003 von 2,1 % (vorher 2,6 %) und in 2004 von 1,6 % (vorher 1,9 %).
Emerging Markets: Bei der Parlamentswahl in Russland hat die Partei "Einiges Russland", die Präsident Putin unterstützt, einen deutlichen Sieg errungen. Der Umstand, dass die beiden liberalen Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind, stellt einen Rückschritt bei der Entwicklung einer pluralistischen Demokratie sowie eine Hypothek für die weitere marktwirtschaftliche Orientierung des Landes dar. In Ungarn ist der Forint abermals in erhebliche Turbulenzen geraten. Wir halten das Ziel der ungarischen Regierung, bereits im kommenden Jahr dem Wechselkursmechanismus II beizutreten, für unvereinbar mit der derzeitigen fiskalischen sowie außenwirtschaftlichen Verfassung des Landes.
In Brasilien steht nach der Rentenreform nun die Abstimmung zur Steuerreform im politischen Fokus. In der Realwirtschaft hofft man auf die Fortsetzung der expansiven Geldpolitik, was sich auch vollziehen sollte: In 2004 rechnen wir mit Zinssenkungen um etwa 450 Basispunkte. China vollzieht derweil erste Schritte zur Restrukturierung des Bankensystems: Dabei sollen auch verstärkt ausländische Institute zum Zug kommen, was wir als sinnvolle Maßnahme erachten. Gleichzeitig wird in der ersten Jahreshälfte 2004 auch die Debatte über eine Wechselkursanpassung wieder an Dynamik gewinnen.
Märkte
Renten: Die Rentenmärkte warten auf die Zinswende der großen Notenbanken Fed und EZB. Hat die EZB aufgrund Erhöhungen administrierter Preise 2004 leichte Schwierigkeiten ihr Inflationsziel einzuhalten, so sieht nun auch die Fed die Inflationsrisiken als fast ausgeglichen an. Das Risiko einer zu starken Disinflation in den USA ist damit praktisch nicht mehr existent. Zinserhöhungserwartungen und unterschwelliger Inflationsdruck sollten die Rentenmärkte tendenziell belasten. Geankert werden die Renditen allerdings durch die anhaltende Niedrigzinspolitik, die sich beide Notenbanken zumindest noch im ersten Halbjahr 2004 wegen schwacher Arbeitsmärkte und noch nicht geschlossener Produktionslücken leisten können. Inflationsängste und mögliche Konsolidierungsbemühungen der Finanzpolitik können die Diskussion an den Rentenmärkten neben der Debatte über die Zinswende in den nächsten Monaten bestimmen.
Revisionen: -
Währungen: Der Euro setzte seine Aufwertung gegenüber dem US-Dollar fort. Daran änderten die günstigen US-Konjunkturdaten nichts. Das hohe US-Leistungsbilanzdefizit ist Hauptursache der Dollar-Schwäche. Die japanische Regierung versucht immer wieder, durch Devisenmarktinterventionen zu Lasten des Yen eine Aufwertung des Yen zu verhindern, was ihr aber nicht nachhaltig gelingt. Der gesamte Dollar-Block ächzt unter der Aufwertung seiner Währungen gegenüber dem US-Dollar.
Revisionen: Auf Jahressicht erwarten wir nun eine stärkere Aufwertung des Euro gegenüber dem USD auf 1,30 USD/EUR (vorher 1,24 USD/EUR).
Rohstoffe: Am Ölmarkt ist weiterhin keine Entspannung in Sicht. Nach der Entscheidung der OPEC, die Förderquoten auf dem aktuellen Niveau zu belassen, ist davon auszugehen, dass die Angebotssituation in den Wintermonaten eng bleiben wird. Vorübergehende Kälteeinbrüche werden in den nächsten Wochen und Monaten immer wieder zumindest kurzfristige zu einem noch stärkeren Überschießen des Ölpreises führen.
Revisionen: -
Konjunktur - Zinsen - Währungen (Szenarien)
Basisszenario (70%)
Die konjunkturelle Entwicklung weist in der ersten Jahreshälfte 2004 ein spürbar höheres Expansionstempo auf als in den vorangegangenen Quartalen, und die Aufwärtsentwicklung wird auch darüber hinaus bis in das Jahr 2005 grundsätzlich anhalten. Nach dem Platzen der Aktienmarktblase im Jahre 2000 haben die daraus resultierenden Anpassungsmechanismen zum Teil deutlichen Einfluss auf die Lage der Weltwirtschaft gehabt. Die Aufräumarbeiten mit der Bereinigung von Überkapazitäten sind insbesondere im Unternehmenssektor gut vorangekommen. Aber es verbleiben einige Ungleichgewichte wie die Verschuldung der privaten Haushalte, die durchgängig in den Industrieländern zu beobachtenden Haushaltsdefizite sowie das Leistungsbilanzdefizit in den Vereinigten Staaten. Diese Ungleichgewichte und deren Umkehr lassen die Entwicklung der Weltwirtschaft einer Gratwanderung ähneln. Immerhin sind insbesondere in den USA die Produktivitätssteigerungen weiterhin hoch. Die Entwicklung an den Arbeitsmärkten verbessert sich allmählich. Bislang sind die expansive Geld- und Finanzpolitik in die Bresche gesprungen. Im kommenden Jahr jedoch werden deren Impulse sukzessive auslaufen und die gesamtwirtschaftliche Aktivität wird gegen Ende 2004 auf eigenen Beinen stehen müssen. Über Investitionen, die Beschäftigungszuwächse nach sich ziehen, erwarten wir die Einkommenssteigerungen, die eine anhaltend positive Konsumtätigkeit nähren. Ein als höher empfundenes Kreditvergaberisiko dämpft noch die Entwicklung der Kreditaggregate und erhöht teilweise die Kreditmargen. Dies belastet die Investitionstätigkeit zusätzlich, stellt aber keine Kreditklemme dar. In Euroland führt die deutliche und voraussichtlich weiter voranschreitende Euro-Aufwertung zu leichten konjunkturellen Bremseffekten. Der Rohölpreis ist nach unten fundamental abgesichert, sodass wir kein tiefes Durchsacken des Ölpreises sehen, was einen kräftigen positiven Impuls für die Weltwirtschaft bereithalten würde.
Neben den strukturellen Problemen bestimmen zyklische Faktoren die Weltwirtschaft. Positive Impulse gehen dabei von der Geldpolitik und von der insbesondere in den USA expansiven Finanzpolitik aus, die jedoch im Lauf des kommenden Jahres langsam auslaufen. Da in einigen europäischen Staaten im Konjunkturboom im Jahr 2000 keine ausreichenden Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung gemacht wurden, sind die finanzpolitischen Spielräume hier sehr begrenzt. Die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche führt zu hohen Budgetdefiziten und Problemen mit der entsprechenden 3 %-Grenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Die weiterhin aus den Überinvestitionen der Zeit der Aktienmarktblase resultierenden gesamtwirtschaftlichen Überkapazitäten implizieren zurückgehende Inflationsraten. Momentan besteht aber sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Deutschland keine Deflation, sondern Preisniveaustabilität. Die Deflationsgefahren steigen zwar bei niedrigen Inflationsraten an, es bedürfte aber eines neuerlichen erheblichen negativen ökonomischen Schocks, dass wir eine Deflation für die USA oder Deutschland als realistisch einschätzen würden. Für das Jahr 2004 gehen wir statt dessen von stabilen, aber niedrigen Inflationsraten aus. Vor dem Hintergrund der starken Produktivitätssteigerungen und des dadurch günstigen Inflationsumfeldes rechnen wir erst im Spätsommer nächsten Jahres mit Leitzinserhöhungen.
Prognoserisiken (15 - 15%)
RISIKO 1 (Wahrscheinlichkeit 15 %): Ein positiveres Szenario baut darauf auf, dass die Unternehmer mehr oder weniger uneingeschränkt zuversichtlich in die Zukunft schauen, sie ihr Zögern bei der Produktion aufgeben und der Investitionszyklus wieder kräftig anspringt mit entsprechend positiven Effekten für den Arbeitsmarkt. Dies würde auch Euroland schneller und stärker mitziehen. Eine weitere Chance bestünde für Euroland darin, dass sich der Euro nicht in dem Maße aufwerten wird, wie wir das prognostizieren. Daraus ergäbe sich vom Außenhandel ein stärkerer Wachstumsimpuls für Euroland als bisher angenommen.
RISIKO 2 (Wahrscheinlichkeit 15 %): Eine schlechtere Entwicklung als in unserem Hauptszenario beschrieben kann insbesondere daraus resultieren, dass der Arbeitsmarkt nicht richtig anspringt und die ausbleibenden Beschäftigungszuwächse nicht nur das Verbrauchervertrauen, sondern auch die Einkommen dämpfen. Die Belastungen aus steigenden Zinsen könnten so nicht kompensiert werden, sodass schlussendlich der private Konsum in den Vereinigten Staaten doch noch einknicken könnte. Überdies kann das dortige Doppeldefizit (Staatshaushalt und Leistungsbilanz) zu einem Vertrauensverlust bei internationalen Anlegern in den US-Dollar und damit zu einem noch stärkeren Anstieg des Eurokurses führen, was die Konjunktur- und Inflationsentwicklung in Euroland weiter dämpfen könnte. Auch ein unerwarteter Einbruch der Immobilienpreise ist als Risiko zu beachten. Ein erhöhtes Deflationsrisiko sehen wir nur, wenn unsere Konjunkturprognosen stark enttäuscht werden sollten.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.
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