Kommentar
09:09 Uhr, 23.10.2003

DekaBank - Prognosen zur Volkswirtschaft

USA: Die Konjunkturdaten der vergangenen Wochen sind zwar nicht immer den hohen Markterwartungen gerecht geworden, sie passen aber gut in unsere Prognose. Die realwirtschaftlichen Indikatoren wie Einzelhandelsumsätze und Industrieproduktion folgen weiter einem Expansionspfad. Vor allem der private Konsum hat aufgrund der im Juli und im August versendeten Steuerschecks für einen äußerst starken Anstieg des Bruttoinlandsprodukts gesorgt. Dass viele Stimmungsindikatoren derzeit eher seitwärts tendieren, stellt die konjunkturelle Aufwärtsentwicklung nicht in Frage. Vielmehr muss der Arbeitsmarkt sorgsam beobachtet werden. Dem positiven Signal aus dem September mit dem ersten Beschäftigungsaufbau seit Januar dieses Jahres müssen anhaltende Stellenzuwächse folgen, um im kommenden Jahr die auslaufenden geld- und finanzpolitischen Impulse zu kompensieren. Aufgrund des bemerkenswerten Produktivitätswachstums sind die Perspektiven für zusätzliche Beschäftigung freilich gedämpft.

Die Fed hat signalisiert, die Zinsen auf absehbare Zeit niedrig zu halten. Denn das starke Produktivitätswachstum, die Outputlücke und der schwache Arbeitsmarkt tragen dazu bei, dass keine Inflationsgefahren am Horizont zu sehen sind. Die Zinswende der Fed erwarten wir insbesondere wegen der Probleme am Arbeitsmarkt daher erst für Spätsommer 2004.

Revisionen: Die Steuerschecks haben den privaten Konsum stärker als zunächst gedacht beeinflusst, sodass wir unsere Prognose für das dritte Quartal spürbar angehoben haben und damit den jahresdurchschnittlichen Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts nunmehr bei 2,8 % (vorher 2,7 %) erwarten. Wir haben unsere Inflationsprognose vor dem Hintergrund des starken Produktivitätswachstums und der Probleme am Arbeitsmarkt für 2004 von 1,8 % auf 1,7 % herunterrevidiert.

Euroland: Noch verhindern Sonderfaktoren, dass die realwirtschaftlichen Zahlen die beginnende Erholung bestätigen. Der heiße August hat Einzelhandelsumsätze und auch die Industrieproduktion beeinflusst, in Deutschland kam eine untypische Häufung von Schulferien dazu. Doch der September und der Oktober werden zeigen, dass die Lage in Euroland langsam besser wird. Die Stimmungsindikatoren deuten weiter nach oben, insbesondere die Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe und für den Dienstleistungssektor sind in Euroland jetzt wieder im Expansionsbereich. Die Bremswirkungen von dem im Laufe der nächsten 12 Monate erstarkenden Euro werden gegen Ende 2004 in einer erneuten Verlangsamung des Wirtschaftswachstums sichtbar werden, die Erholung aber nicht abbrechen lassen.

Die Inflationsraten werden bis September um die 2 %-Marke pendeln bevor basiseffektbedingt das Inflationstief von etwa 1,1 % voraussichtlich im März 2004 erreicht wird. Die negative Produktionslücke wird auch in den kommenden Monaten den Preiserhöhungsspielraum der Unternehmen einschränken und mittelfristig den Inflationsdruck gering halten. Die EZB wird wegen der guten Inflationsaussichten den Leitzins konstant halten und die weitere konjunkturelle Entwicklung abwarten, sodass wir erst zum Ende des dritten Quartals 2004 mit einer ersten Zinserhöhung rechnen.

Revisionen: Aufgrund von Datenrevisionen und enttäuschenden Indikatoren haben wir die Frankreich-Prognose für 2003 nach unten revidiert auf 0,1 % (bisher 0,4 %).

UK: Die britische Konjunkturlokomotive hat im Sommerquartal deutlich an Schwung gewonnen. Die Stimmung im Dienstleistungsgewerbe ist so gut wie seit Januar 2001 nicht mehr. Für die zweite Jahreshälfte 2003 erwarten wir eine deutliche Beschleunigung der Bruttowertschöpfung in diesem Sektor. Aus der Baubranche werden die gewohnt guten Signale gemeldet. Im Verarbeitenden Gewerbe steigen Stimmung und Bestelleingänge, sodass im laufenden Jahr die Bremserrolle in der Wirtschaft aufgegeben wird. Die Bank of England sieht den Protokollen des letzten Zentralbanktreffens zufolge stärkere Inflationsgefahren. Der private Konsum und auch der Immobilienmarkt zeigen sich stärker als erwartet, sodas die Binnenkonjunktur die starken geldpolitischen Impulse nicht mehr in dem bisherigen Ausmaß benötigt. Im Zuge der Erstellung des neuen Inflationsberichtes im November sollte dies zu einer ersten Zinserhöhung führen.

Revisionen: Aufgrund von Datenrevisionen haben wir die UK-Prognose für 2003 von 1,7 % auf 2,0 % und für 2004 von 2,3 % auf 2,5 % nach oben revidiert. Wir erwarten nun eine Zinserhöhung der Bank of England im November 2003 um 25 Basispunkte und weitere Erhöhungen um 75 Basispunkte in 2004.

Japan: Einige Konjunkturdaten sind zuletzt überraschend negativ ausgefallen. Dennoch sprechen die globale wirtschaftliche Belebung, insbesondere auch die hohe Dynamik in den asiatischen Nachbarstaaten, dafür, dass die in den verbesserten Stimmungsindikatoren zum Ausdruck kommende Zuversicht in die weitere konjunkturelle Entwicklung gerechtfertigt ist. Zwar gehen wir in den kommenden Quartalen von geringeren Zuwächsen des realen Bruttoinlandsprodukts aus, aber die japanische Volkswirtschaft expandiert weiter. Die Exportperspektiven sind derzeit gut und sollten eine entsprechend positive Investitionstätigkeit nach sich ziehen. Die jüngste Yen-Stärke, die sich unserer Prognose nach fortsetzen dürfte, belastet aber vor allem im kommenden Jahr die japanischen Exporte.

Die Stabilisierung der Verbraucherpreise hat sich auch im August fortgesetzt, obwohl sie weiterhin, wenn auch nur moderat, rückläufig sind. Mitglieder der Bank of Japan haben in verschiedenen Reden in der letzten Zeit darauf hingewiesen, dass die Notenbank die Nullzinspolitik so lange fortsetzen werde, bis nachhaltig positive Inflationsraten zu verzeichnen seien. Um diese verbale Lockerung der Geldpolitik mit Taten zu untermauern, hat sie auf ihrer letzten Sitzung die Liquiditätsversorgung der Wirtschaft noch einmal ausgeweitet. Die Aufwertung des Yen sorgt jedoch dafür, dass der im Zuge des jüngsten Ölpreisanstiegs erwachsende externe Preisdruck abgemildert wird. Inflation muss daher von der Binnenkonjunktur erzeugt werden.

Revisionen: Aufgrund der neuen Prognose einer spürbaren Aufwertung des Yen, die die Exporte zeitverzögert belasten werden, haben wir die erwartete Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts in 2004 leicht auf 1,6 % reduziert (vorher 1,7 %).

Emerging Markets: In einem überraschenden Schritt hat Moody's das Rating Russlands um zwei Stufen auf Baa3 angehoben. Damit hat Russland bei Moody's investment grade-Status. Uns stellt sich Russland als Land mit zwei Seiten dar. Auf der einen Seite stehen solide makroökonomische Kennzahlen, insbesondere in Bezug auf reales Wachstum, Leistungsbilanz- und Haushaltssaldo. Auf der anderen Seite hat das Land im Bereich der mikroökonomischen Reformen noch eine gehörige Wegstrecke vor sich, will es sich dauerhaft im Feld der mit investment grade bewerteten Länder festsetzen. Im Dezember finden in Russland Parlamentswahlen statt, im März kommenden Jahres steht die Präsidentschaftswahl ins Haus.

Argentinien hat ein Angebot zur Restrukturierung der Anleihen vorgelegt: Dabei verlangt die Regierung von ausländischen Gläubigern einen Verzicht auf 75 % des Nettobarwerts. Wir erwarten hier langwierige Verhandlungen. Brasilien sorgt für positive Stimmung, da nach der Rentenreform nun auch die Steuerreform die Unterhausabstimmungen erfolgreich passierte. Auch setzt sich die makroökonomische Stabilisierung fort. Die Region Asien zeigt sich weiterhin als dynamischste Ländergruppe weltweit. China bleibt wegen seiner Wechselkurspolitik unter Druck, kurzfristig sind aber keine Anpassungen zu erwarten.

Märkte

Renten: Gemischte US-Konjunkturdaten und das Versprechen der Notenbanken, die Zinsen niedrig zu halten, halten die Rentenmärkte weiter in Atem. Die günstigen Inflationsaussichten geben der US-Notenbank und der EZB den Spielraum für eine anhaltende Niedrigzinspolitik. Die Risiken für die Bondmärkte liegen aber klar bei den steigenden Staatsdefiziten, dem Willen der US-Notenbank, eher einen Inflationsanstieg als einen weiteren Fall der Inflationsrate zuzulassen, und den positiven Konjunkturerwartungen. Die Zinswende der Notenbanken erwarten wir für das 2. Halbjahr 2004.

Revisionen: Wir haben unsere 12-Monatsprognosen aufgrund der positiven Konjunkturdaten für die meisten Währungsräume leicht nach oben angepasst.

Währungen: Das G7-Treffen hat überraschend für heftige Bewegungen an den Devisenmärkten gesorgt. Das beherrschende Thema war sicherlich die deutliche Aufwertung des japanischen Yen gegenüber dem US-Dollar. Lange Zeit hatte das japanische Finanzministerium einen Korridor von 115-120 JPY/USD erfolgreich verteidigt. Dieser konnte nach den Aussagen der wichtigsten Industrienationen hinsichtlich der Flexibilität von Wechselkursen nicht mehr gehalten werden. Trotz anhaltender Beteuerungen der US-Regierung scheint die Politik des starken Dollar nun endgültig der Vergangenheit anzugehören.

Revisionen: Aufgrund der Niveauverschiebung haben wir unsere Yen-US-Dollar-Prognose deutlich angehoben. Wir erwarten auf Sicht von sechs Monaten einen Wechselkurs von 100 JPY/USD.

Rohstoffe: Die überraschende Quotensenkung der OPEC auf ihrem Treffen im September hat für einen erneuten Ölpreisanstieg gesorgt. Sollte sich bis Ende Oktober abzeichnen, dass vor allem die Heizöllagerbestände für die Heizperiode im Winter nur unzureichend aufgebaut werden, besteht die Gefahr eines weiteren Anstiegs auf über 30 USD/bbl in den Wintermonaten.

Revisionen: Für das vierte Quartal 2003 haben wir unsere Prognose für Brent Blend bzw. WTI von durchschnittlich 27 USD/bbl bzw. 29 USD/bbl leicht auf 28,5 bbl bzw. 29,5 USD/bbl angehoben.

Basisszenario (70%)

Die konjunkturelle Entwicklung weist in der zweiten Jahreshälfte ein spürbar höheres Expansionstempo auf als in den letzten Quartalen. Zu beachten bleibt, dass fundamentale belastende Faktoren einer nachhaltig überschäumenden Konjunkturerholung entgegen stehen: Das Platzen der Aktienmarktblase im Jahre 2000 und die daraus resultierenden Anpassungsmechanismen haben zwar einen abnehmenden, aber immer noch nicht ganz überwundenen Einfluss auf die Lage der Weltwirtschaft. Die Bereinigungsphase hinsichtlich der Überkapazitäten ist auf Unternehmensseite ein gutes Stück vorangekommen. Zwar kommt die Investitionstätigkeit wieder in Gang, sie bleibt jedoch immer noch hinter derjenigen vorangegangener Zyklen zurück. Insbesondere in den USA sind die Produktivitätssteigerungen weiterhin hoch. Die schwache Entwicklung an den Arbeitsmärkten wird sich daher erst allmählich verbessern. Bislang sind die expansive Geld- und Finanzpolitik in die Bresche gesprungen. Im kommenden Jahr jedoch werden deren Impulse auslaufen und die gesamtwirtschaftliche Aktivität wird stärker auf eigenen Beinen stehen müssen. Über Investitionen, die Beschäftigungszuwächse nach sich ziehen, erwarten wir die Einkommenssteigerungen, die eine anhaltend positive Konsumtätigkeit nähren. Ein als höher empfundenes Kreditvergaberisiko dämpft noch die Entwicklung der Kreditaggregate und erhöht teilweise die Kreditmargen. Dies belastet die Investitionstätigkeit zusätzlich, stellt aber keine Kreditklemme dar. In Euroland führt die deutliche und voraussichtlich weiter voranschreitende Euro-Aufwertung zu leichten konjunkturellen Bremseffekten. Der Rohölpreis ist nach unten fundamental abgesichert, sodass wir kein tiefes Durchsacken des Ölpreises sehen, was einen kräftigen positiven Impuls für die Weltwirtschaft bereithalten würde.

Neben den strukturellen Problemen bestimmen zyklische Faktoren die Weltwirtschaft. Positive Impulse gehen dabei von der Geldpolitik und von der insbesondere in den USA expansiven Finanzpolitik aus, die im Lauf des kommenden Jahres langsam auslaufen. Da in einigen Staaten im Konjunkturboom 2000 keine ausreichenden Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung gemacht wurden, sind die finanzpolitischen Spielräume hier sehr begrenzt. Die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche führt zu hohen Budgetdefiziten und Problemen mit der entsprechenden 3 %-Grenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Die weiterhin aus den Überinvestitionen der Zeit der Aktienmarktblase resultierenden gesamtwirtschaftlichen Überkapazitäten implizieren zurückgehende Inflationsraten. Momentan besteht aber sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Deutschland keine Deflation, sondern Preisniveaustabilität. Die Deflationsgefahren steigen zwar bei niedrigen Inflationsraten an, es bedürfte aber eines negativen ökonomischen Schocks, dass wir eine Deflation für die USA oder Deutschland als realistisch einschätzen würden. Für 2003 und 2004 gehen wir statt dessen von stabilen, aber niedrigen Inflationsraten aus. Vor dem Hintergrund der starken Produktivitätssteigerungen und des dadurch günstigen Inflationsumfeldes rechnen wir erst im Spätsommer nächsten Jahres mit Leitzinserhöhungen.

Prognoserisiken (20 % - 10 %)

RISIKO 1 (Wahrscheinlichkeit 20 %): Ein positiveres Szenario baut darauf auf, dass die Anpassungen der US-Wirtschaft an die Post New Economy-Ära bereits vollzogen sind und der Investitionszyklus wieder kräftig anspringen kann mit positiven Effekten für den Arbeitsmarkt. Damit würde das Bruttoinlandsprodukt in den USA auch in den kommenden Quartalen beständig mit über 4 % stärker als das Potentialwachstum ansteigen, Euroland würde aus der konjunkturellen Stagnation herausfinden. Eine weitere Chance bestünde für Euroland darin, dass sich der Euro nicht in dem Maße aufwerten wird, wie wir das prognostizieren. Daraus ergäbe sich vom Außenhandel ein stärkerer Wachstumsimpuls für Euroland als bisher angenommen.

RISIKO 2 (Wahrscheinlichkeit 10 %): Eine schlechtere Entwicklung als in unserem Hauptszenario beschrieben kann insbesondere daraus resultieren, wenn der Arbeitsmarkt überhaupt nicht anspringt und die ausbleibenden Beschäftigungszuwächse nicht nur das Verbrauchervertrauen, sondern auch die Einkommen dämpfen. Die Belastungen aus steigenden Zinsen könnten so nicht kompensiert werden, sodass schlussendlich der private Konsum in den Vereinigten Staaten doch noch einknicken könnte. Überdies kann das dortige Doppeldefizit (Staatshaushalt und Leistungsbilanz) zu einem Vertrauensverlust bei internationalen Anlegern in den US-Dollar und damit zu einem noch stärkeren Anstieg des Eurokurses führen, was die Konjunktur- und Inflationsentwicklung in Euroland weiter dämpfen könnte. Auch ein unerwarteter Einbruch der Immobilienpreise ist als Risiko zu beachten. Ein erhöhtes Deflationsrisiko sehen wir nur, wenn unsere Konjunkturprognosen enttäuscht werden sollten oder der Immobilienmarkt zusammenbrechen würde.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 122 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands.

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