Kommentar
12:35 Uhr, 28.02.2003

Deka - Rentenmarktbericht Europa

Die deutsche Wirtschaftspolitik hat es geschafft: Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit befindet sich Deutschland in der zweiten Rezession innerhalb von zwei Jahren. Das weltwirtschaftliche Umfeld, die Geopolitik und die geplatzte Aktienmarktblase belasten sicherlich, aber andere Länder kommen trotzdem noch auf positive Wachstumsraten. Unerfreulich ist dabei, dass sich in Deutschland kein Grund finden lässt, warum es in den nächsten Jahren besser laufen könnte als zuletzt. Solange es nicht als peinlich oder verlogen gilt für den Erhalt von Kündigungsschutz, Ladenschlussgesetz, Kohlesubventionen, EU-Agrarsubventionen, Eigenheimpauschale, Renten- und Sozialleistungen jeweils in dem jetzigen Umfang einzutreten, und solange "neoliberal" und "besserverdienend" weiter unwidersprochen als Schimpfwort verwendet werden können, wird sich an den strukturellen Verkrustungen und der hohen Arbeitslosigkeit nichts ändern. Stagnation ist dann das Beste, was zu erwarten ist. Dies wird das Potenzialwachstum und auch die Renditen in Euroland mittelfristig auf einem niedrigeren Niveau als in den USA halten. Normale wirtschaftliche Schwächephasen gehen mit einem Rückgang der Inflationsraten einher, da die Preissetzungsmacht der Unternehmen auf den Produktmärkten und die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften auf dem Arbeitsmarkt sinkt. Letzteres scheint derzeit nicht der Fall zu sein. Daher steigen die Dienstleistungspreise weiterhin mit Raten weit oberhalb des Inflationszielkorridors der EZB an. Diese Lohnrigiditäten nehmen der EZB wiederum den Spielraum mit ähnlich starken Leitzinssenkungen wie die der Fed auf die wirtschaftliche Schwäche zu reagieren. Deflationsgefahren sehen wir weder für Euroland noch für Deutschland. Der lohnkosteninduzierte Dienstleistungspreisanstieg, der hohe Ölpreis und die durch die Steuerausfälle immer notwendiger erscheinenden Erhöhungen administrierter Preise werden den geringen und durch den gestiegenen Euro weiter gesunkenen Preisdruck bei produzierten Waren ausgleichen.

EZB wird Leitzins um weitere 50 Basispunkte senken

Trotz der enttäuschend hohen Inflationsraten erwarten wir weitere Zinssenkungen durch die EZB von 50 Basispunkten bis Mai. Sie wird damit argumentieren können, dass ihre Prognosen vom Dezember für das Wachstum zu optimistisch waren und dass der Außenwert des Euro stärker als erwartet angestiegen ist. Damit bleibt die Produktionslücke weiter im negativen Bereich.

Rentenmarkt kennt nur eine Richtung

Die Renditen am Rentenmarkt sind stärker gefallen als wir erwartet hatten. Eine Trendwende ist zudem nicht in Sicht. Solange der Irakkonflikt nicht gelöst ist, wird die Risikoaversion anhalten. Weitere Kursgewinne sind kurzfristig selbst auf dem derzeit sehr niedrigen Renditeniveau möglich. Angesichts der strukturellen Probleme in Euroland und der daraus resultierenden geringeren Erträge alternativer Vermögensklassen, haben wir unsere Renditeprognose für 10-jährige Staatsanleihen auf 3- und 12-Monatssicht auf 4,0 bzw. 4,4 % reduziert. Leitzinserhöhungen erwarten wir auf 12-Monatssicht nicht, was einen stärkeren Ausbruch der Renditen nach oben verhindern sollte.

Quelle: Deka

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