Deka - OPEC behält Förderquoten bei
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Die OPEC hat heute bei ihrem regulären Treffen in Doha (Katar) beschlossen, die Förderquoten unverändert auf dem Niveau von 25,4 Millionen Barrels am Tag (mbd) zu belassen. Sie hat allerdings für Ende Juli ein weiteres außerordentliches Treffen angekündigt. Überdies erklärte sie, die Produktion gegebenenfalls zu drosseln, sobald der Irak in der Lage ist, genug zu produzieren, um die reguläre Exporttätigkeit wieder aufzunehmen. Derzeit werden zwar bereits für Juni erste Rohölexporte erwartet, dabei handelt es sich um Rohöl, das bereits vor Kriegsausbruch produziert wurde, und seither im Hafen von Ceyhan (Türkei) lagert. Es wird vermutlich noch Monate, wenn nicht sogar ein Jahr, dauern, bis der Irak seine Produktion auf das Vorkriegsniveau hochfahren kann. Zwar wurden die Förderanlagen während der Kriegs kaum in Mitleidenschaft gezogen, seither sind sie allerdings von starken und andauernden Plünderungen betroffen. Abgesehen davon scheint die schierige Sicherheitslage eine rasche Wiederaufnahme der Produktion nahezu unmöglich zu machen.
Die Entscheidung der OPEC wurde vom Markt weitgehend erwartet. Innerhalb der Organisation herrscht offiziell die Meinung vor, der Markt sei ausreichend mit Rohöl versorgt. Wahrscheinlicher erscheint jedoch, dass die OPEC-Mitgliedsstaaten mittlerweile Gefallen an einem Ölpreis am oberen Ende des Zielkorridors von 22 bis 28 USD pro Barrel (bbl) gefunden haben. Zudem herrscht immer noch die Angst vor, eine Produktionsausweitung könnte die Spekulanten dazu animieren, auf fallende Preise zu spekulieren, wodurch sie den Ölpreis automatisch nach unten drücken würden. Derartigen Spekulationen will die OPEC vermutlich durch die Beibehaltung ihrer Politik vorbeugen.
Wirft man einen genaueren Blick auf die tatsächliche fundamentale Angebot- und Nachfragesituation, so lässt sich diese kaum mit den Befürchtungen der OPEC, es bestünde das Risiko eines Überangebots, vereinbaren. Verwendet man die Lagerbestände an Rohöl und Rohölprodukten als Näherungswert für das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage (ist die Nachfrage höher als das Angebot, sinken die Lagerbestände; ist das Angebot höher als die Nachfrage, fallen die Lagerbestände), so zeigen diese sehr deutlich, dass wir weit von einem Überangebot entfernt sind.
Seit dem Generalstreik in Venezuela Ende letzten Jahres befinden sich die Lagerbestände vor allem in den USA, aber auch in den restlichen OECD-Staaten, auf historisch niedrigen Niveaus. Bis vor wenigen Wochen herrschte jedoch die weitverbreitete Meinung vor, dass diese Bestände nach dem Ende des Irak-Kriegs ohne weiteres wieder aufgebaut werden könnten. Begründet wurde dies weitestgehend durch die fehlende Quotendisziplin der OPEC-Mitgliedsstaaten und durch die Annahme, dass der Irak spätestens Mitte Juni wieder auf Vorkriegsniveaus produzieren würde.
Wir hatten allerdings schon vor Monaten darauf hingewiesen, dass ein derartiges Szenario sehr unwahrscheinlich ist. Mittlerweile hat sich diese Überzeugung auch am Markt durchgesetzt, wie dies die jüngsten Preisanstiege in Reaktion auf die Veröffentlichung der Lagerbestandsdaten belegen. Die Lagerbestände befinden sich immer noch auf historisch niedrigen Niveaus. Hinzu kommt, dass am Memorial Day (26. Juni) die sogenannte "Driving Season" begonnen hat, die bis zum Labor Day (1. September) dauern wird. In dieser Periode steigt der Benzinverbrauch und damit auch der Rohölbedarf, da in der Feriensaison das Auto traditionell sehr stark in Anspruch genommen wird. Es ist deshalb fraglich, wie die Lager in den kommenden Wochen und Monaten aufgebaut werden sollen, wenn die Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot steigt. Ein derartiger Lageraufbau wäre allerdings dringend notwendig, um keinen zusätzlichen Preisdruck aufkommen zu lassen.
Das Problem an der derzeitigen Situation ist schlichtweg, dass das gesamte System ausgesprochen anfällig für Schocks ist. Bei Lagerbeständen auf normalem Niveau würden vorübergehende Produktions- oder Importstörungen kaum Preisdruck auslösen, da diese ohne Probleme durch einen leichten Lagerabbau absorbiert werden könnten. Dadurch, dass sich die Lagerbestände aber bereits auf äußerst niedrigen Niveaus befinden, würde ein weiterer Lagerabbau weitaus größeren Preisdruck hervorrufen, da Befürchtungen aufkommen könnten, eine reibungslose Ölversorgung könne nicht mehr gewährleistet werden. Als gestern beispielsweise bekannt wurde, dass im Süden der USA zwei Raffinerien brannten, und dadurch deren Produktion lahmgelegt wurde, hat dies unweigerlich den Preis nach oben getrieben, obwohl die tatsächlichen physische Ausfälle vergleichsweise gering sind. Sollte unter diesen Umstände beispielsweise ein Hurrikan die gesamte Produktion und Importtätigkeit an der Golfküste lahm legen, wie dies im vergangenen Herbst der Fall war, würde dies binnen Tagen einen kräftigen Preisanstieg auslösen.
Was bedeutet die heutige OPEC-Entscheidung für die weitere Ölpreisentwicklung? Sollte es in den nächsten Monaten zu keinen unvorhergesehenen Produktions- oder Importunterbrechungen kommen, gehen wir davon aus, dass sich der Preis für Rohöl der Sorte Brent Blend im dritten Quartal bei durchschnittlich 29 USD pro Barrel (USD/bbl) einpendeln wird. Für Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) erwarten wir einen Durchschnittpreis von 31,50 USD/bbl. Im vierten Quartal rechnen wir aufgrund des zu erwartenden langsamen Hochfahrens der irakischen Produktion mit einem leichten Rückgang auf durchschnittlich 26,70 USD/bbl für Brent und 30 USD/bbl für WTI. Unvorhergesehene Ereignisse, wie ein sehr heißer Sommer (erhöhter Energiebedarf durch Klimaanlagen) oder eine Beeinträchtigung des operativen Betriebs in den Produktions- und Lagerstätten durch Hurrikans oder andere Umwelteinflüsse, könnten allerdings sehr schnell für starken Preisdruck nach oben sorgen. Dann ist nämlich anzunehmen, dass vor allem Spekulanten, welche derzeit nur leicht Long positioniert sind1, wieder größere Long-Positionen aufbauen. Dass dies innerhalb sehr kurzer Zeit starke Preisbewegungen verursachen kann, hat die Erfahrung aus dem Irak- Krieg gezeigt: Im März haben vor allem die Hedge-Fonds innerhalb weniger Wochen ihre Positionierung von ursprünglich sehr Long auf Short gedreht. Diese Aktion wurde von einem Preiseinbruch von mehr als 10 USD/bbl begleitet.
Quelle: Deka
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