Deka-EZB-Kompass sinkt auf neues Allzeittief
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1. Der EZB-Kompass, der die wichtigsten makroökonomischen Einflussgrößen auf die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank zusammengefasst darstellt, ist im Dezember erneut deutlich auf 19,3 Punkte gefallen. Der Vormonat wurde von 30,3 auf 27,8 Punkte herabrevidiert. Der Indikator hat damit den niedrigsten Stand seit Beginn der Währungsunion erreicht. Der Einkaufsmanagerindex, das Economic Sentiment, die Outputlücke sowie die Industrieproduktion befinden sich derzeit auf Allzeittiefs. Allein die Kernrate der Erzeugerpreise weist einen Score auf, der aktuell über dem neutralen Wert von 50 liegt. Auf Sicht von sechs Monaten ist aber auch bei den Erzeugerpreisen mit einem deutlichen Rückgang zu rechnen. Die Inflationserwartungen des Consensus waren bislang nur im März 1999 tiefer. Bei dem Großteil der Indikatoren erwarten wir neue Tiefstände in den nächsten Monaten, sodass der EZB-Kompass auf 6-Monatssicht auf einen Wert von 12,3 Punkten abrutschen sollte. Auf Sicht von 18 Monaten, die die EZB für ihre Geldpolitik als relevanten Zeitraum bezeichnet, dürfte der Kompass wieder über dem aktuellen Niveau liegen, da wir ab dem 4. Quartal wieder eine leichte Konjunkturerholung unterstellen.
2. Die einstürzenden Kompasswerte machen klar, dass eine schnelle Leitzinssenkung durch die EZB dringend notwendig ist, um eine noch stärkere Rezession zu verhindern. Derzeit ist eine Zinssenkung um 50 Bp am Donnerstag allerdings nur zu 87 % eingepreist. Für Juli ist immerhin noch ein Leitzinsniveau von 1,55 % erwartet. Ein Grund für die unserer Einschätzung nach zu hoch eingepreisten Leitzinsen am Geldmarkt mag die Kommunikation der EZB sein. Nach der Zinssenkung um 75 Bp hat sie teilweise signalisiert, im Januar erstmal eine Pause machen zu wollen. Als Begründung gaben EZB-Ratsmitglieder an, dass sich die Datenlage in der Zwischenzeit nicht wesentlich ändern könnte. Die Ergebnisse des EZB-Kompasses zeigen das Gegenteil. Dieses Argument spricht eher für eine Pause im Februar, da zwischen der Januar- und Februarsitzung tatsächlich nur drei Wochen liegen.
Zusätzlich ist als Argument für eine Pause im Januar zu hören, dass die EZB erst einmal abwarten sollte, ob die ab 21. Januar wirksame Ausweitung der Differenz zwischen dem Einlagenzins und dem Refinanzierungszins auf 100 Bp zu einer Belebung der Geldmärkte führt. Die EZB hat allerdings immer klar zwischen der Geldpolitik und der Liquiditätsversorgung der Geldmärkte getrennt. Diese Trennung nun aufzuheben, wenn das ökonomische Umfeld so klar für niedrigere Leitzinsen spricht, wäre merkwürdig.
Folglich erwarten wir eine Zinssenkung um mindestens 50 Bp am Donnerstag. Dieser sollte eine weitere Senkung um 50 Bp auf 1,5 % im März sowie Zinssenkungen auf 1,0 % bis Juli folgen. Die Wiederanhebung der extrem niedrigen Leitzinssätze steht derzeit sicherlich nicht auf der Agenda, wir haben allerdings ab Frühjahr 2010 wieder eine langsame Normalisierung der Leitzinsniveaus in unseren Prognosen unterstellt.
3. Die schlechten Konjunkturdaten würden vermutlich auch Leitzinsen von unter 1 % rechtfertigen. Wir gehen davon aus, dass die EZB dies allerdings vermeiden möchte und interpretieren ihre aktuelle Kommunikation als Versuch, von den Geldmärkten nicht zu noch stärkeren Zinssenkungen gedrängt zu werden. Dies hat allerdings nicht damit zu tun, dass dies zu negativen Realzinsen führen würde. Negative Realzinsen sind in der aktuellen Situation vollkommen angemessen, das sie zu einer Erholung der Investitionstätigkeit führen würden. Auch ließe sich das Problem der Zinsdifferenz zwischen Einlagen- und Refinanzierungsfazilität lösen. Problematischer wäre es aber, sich vorzustellen, welche praktischen Politikoptionen die EZB nach Erreichen der Null-Zinsgrenze hätte. Sie hat sicherlich die Möglichkeit eine Politik der quantitativen Lockerung durchzuführen. Dies wäre aber vermutlich in der Praxis schwieriger als in anderen Währungsräumen. Würden nämlich wirklich Wertpapiere angekauft und nicht nur beliehen werden, würde die Auswahl der Papiere schnell zum Politikum zwischen den Staaten. Die Auswahl nach der nun spanische Cedulas, griechisches Covered Bonds, finnländische Credit Backed Bonds oder deutsche Pfandbriefe bzw. die Staatsanleihen der einzelnen Länder angekauft würden, betrifft zu viele einzelstaatliche Interessen, in denen sich die EZB nicht ohne Not verstricken sollte. Die EZB wird folglich versuchen, ihr „Zinssenkungspulver“nicht so schnell zu verschießen, wie das andere Notenbanken tun. Davon ist sie aber auch noch weit entfernt, sodass derzeit noch nichts gegen weiter sinkende Leitzinsen spricht. Dies sollte in den nächsten Wochen zu einer weiter freundlichen Tendenz am Geldmarkt und einer steileren Bundkurve führen.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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