Kommentar
15:00 Uhr, 01.09.2009

Deka-EZB-Kompass: Das Niveau bleibt niedrig

1. Der EZB-Kompass im August erneut leicht von 3,3 auf 4,6 Punkte angestiegen. Bemerkenswert ist, dass der Einkaufsmanagerindex inzwischen sogar seinen neutralen Wert von 50 Punkten erreicht hat. Von einer Trendwende kann inzwischen auch bei der Industrieproduktion gesprochen werden, die mit der annualisierten 6-Monatsrate in das Scoring-Modell eingeht. Sie weist mit -15,9 % zwar immer noch einen sehr niedrigen Wert auf, der sich aber inzwischen zum dritten Mal in Folge verbessern konnte. Die Outputlücke hat sich ebenfalls verbessert. Mit den von uns erwarteten Produktionsanstiegen im 3. Quartal 2009 sollte sie sich wesentlich schneller schließen als noch vor wenigen Monaten von uns erwartet. Die Konjunkturindikatoren werden sich gemäß unserer 6-Monatsprognose, vor allem aber auf 18-Monatssicht, weiter deutlich normalisieren. Bei den Inflationsindikatoren ist ein Anstieg dagegen noch nicht zu erkennen. Die Lohnkosten sinken weiter und die Preiserwartungen der Konsumenten auch. Letzteres ist insofern erstaunlich, da sie aus derselben Umfrage wie das Economic Sentiment stammen. Während das Economic Sentiment inzwischen 26 Punkte über dem Tiefstand von März steht, fallen die Preiserwartungen stetig weiter. Dies steht im auffälligen Unterschied zu den am Finanzmarkt gehandelten Inflationserwartungen, die sich mittelfristig ziemlich normalisiert haben. Für die nächsten 6 und 18 Monate erwarten wir nun einen stetigen Anstieg des EZB-Kompasses.

2. Der von uns prognostizierte Anstieg der Kompasswerte bleibt jedoch auf Sicht der nächsten sechs Monate auf Niveaus, bei denen keine Zinserhöhungen notwendig werden. Wir bleiben daher bei unserer Einschätzung, dass bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften eine Zinswende erst im 4. Quartal stattfinden wird.

3. Auf der Pressekonferenz wird Präsident Trichet auch die neuen Prognosen des EZB-Mitarbeiterstabs zum BIP-Wachstum und der Inflation für 2009 und 2010 bekannt geben. Wir erwarten, dass die Inflationsprognosen von zuletzt 0,3 % und 1,0 % für 2009 bestätigt und für 2010 leicht angehoben werden. Beim BIPWachstum dürfte die Anpassung stärker ausfallen. Die EZB liegt mit ihren Juni-Prognosen von -5,5 % und - 0,3 % inzwischen deutlich unter dem Konsens, der im August bei -4,3 % und 0,6 % lag. Wir gehen inzwischen sogar von Veränderungsraten von -3,8 % und 0,9 % aus.

4. Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Pressekonferenz dürfte die Ausgestaltung des Ende September anstehenden 12-Monatstenders sein. Der letzte 12-Monatstender wurde am 23. Juni ausgeschrieben und hatte eine Laufzeit von 371 Tagen vom 25.6.09 bis 1.7.10. Die Ankündigung, dass es eine unlimitierte Zuteilung zum Zinssatz des Hauptrefinanzierungsgeschäfts geben würde, erfolgte bereits mit dem Eingangsstatement zur Pressekonferenz am 7. Mai 2009 und lautete wie folgt: „we will conduct liquidityproviding longer-term refinancing operations with a maturity of 12 months. The operations will be conducted as fixed rate tender procedures with full allotment. The rate for the first of these operations, to be announced on 23 June 2009, will be the rate on the main refinancing operations at that time. Subsequently, the fixed rate may include a premium to the rate on the main refinancing operations, depending on the circumstances at the time.”

Wir erwarten, dass die Entscheidung über einen Zinsaufschlag am Donnerstag gefällt und kommuniziert wird. Theoretisch wäre auch ein späterer Termin möglich. Eine frühzeitige Kommunikation der Konditionen ist wichtig, damit die beteiligten Banken rechtzeitig sicherheitenfähige Papiere für die Tender erwerben oder bereitstellen können. Der Logik der Zinsentscheidungen folgend sollte die Entscheidung mit der Veröffentlichung des Zinsentscheides oder spätestens mit dem Eingangsstatement zur Pressekonferenz erfolgen. Die EZB hat in oben zitierter Passage klar gestellt, dass die 12-Monatstender zu einem festen Zinssatz bei voller Zuteilung erfolgen. Dies bedeutet, dass die EZB Veränderungen der langfristigen Liquiditätsversorgung nicht über die Menge, sondern über den Zins steuern möchte. Dies schließt zunächst einen Übergang zu einem Zinstender aus, bei dem die EZB einen Maximalbetrag ankündigen würde, den sie den Banken zur Verfügung stellen möchte und diejenigen Banken bedienen würde, die die höchsten Zinsen zu zahlen bereit sind.

Ein Zinstender würde auch nicht zu den bisherigen Bemühungen der EZB passen, keine Zweifel an der Liquiditätsversorgung der Banken aufkommen zu lassen. Eine Rationierung wird also über den Zinsaufschlag zum Hauptrefinanzierungsgeschäft erfolgen.

Wir erwarten keinen Zinsaufschlag im September. Zwar ließe sich argumentieren, dass eine gewisse Steilheit und eine Laufzeitenprämie auch am Geldmarkt angebracht seien. Die EZB erhebt allerdings auch keine höheren Zinsen bei ihren bisherigen Dreimonatsgeschäften als bei den einwöchigen Hauptrefinanzierungsgeschäften. Eine Prämie für die höhere Kursvolatilität enthält der Dreimonatszins nicht. Ein Zinsaufschlag beim 12-Monatstender würde daher zwangsläufig als Quasi-Ankündigung einer zukünftigen Zinserhöhung interpretiert. So würde ein Zinsaufschlag von 25 Bp für die Laufzeit von einem Jahr bedeuten, dass die EZB beispielsweise eine Kombination von konstanten Leitzinsen von 1 % für die nächsten 6 Monate und Leitzinsen von 1,5 % für die dann folgenden 6 Monate nicht für unerwünscht hielte. Eine sofortige Versteilung der Geldmarktkurve wäre die Folge. Dies wiederum käme dem erklärten Ziel der EZB in die Quere, auch die langfristigen Geldmarktsätze zu senken. Ein Zinsaufschlag von weniger als 25 Bp macht ökonomisch kaum Sinn. Alle Zinsaufschläge unabhängig von ihrer Höhe haben die sicherlich unerwünschte Implikation, dass sie den zukünftigen Handlungsspielraum der EZB nach unten einschränken. Bislang hat Trichet noch nicht bestätigt, dass der Leitzinstiefpunkt erreicht ist. Ein Zinsaufschlag käme einer solchen Bestätigung und dem Ausrufen einer Zinswende gleich. Dies halten wir für verfrüht, auch wenn wir von keinen weiteren Zinssenkungen ausgehen. Immerhin bleibt die Situation im Bankensektor unsicher. Auch kann die EZB derzeit noch nicht mit Sicherheit von einem sich selbst tragendem Aufschwung reden. Schließlich kann sie nicht ausschließen, dass die derzeitige Erholung lediglich eine Reaktion auf die übermäßig starke Korrektur der Lagerhaltung ist und mit Auslaufen der finanzpolitischen Stimulierungen wieder abebbt. Weitere Gründe gegen einen Zinsaufschlag sind die schwache Entwicklung der Kreditaggregate und die Notwendigkeit der Rekapitalisierung des Bankensystems. Die Zinsdifferenz zwischen Tagesgeldsatz und Leitzins ist überdies groß genug, um die Banken von einer über-mäßigen Inanspruchnahme des Tenders abzuhalten.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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