Kommentar
13:59 Uhr, 14.11.2002

Deka erwartet Zinssenkung in Europa

Der EZB-Monatsbericht wiederholt in weiten Teilen das Statement von Duisenberg auf der letzten Pressekonferenz fast wörtlich. Insgesamt weist der Monatsbericht auf die Unsicherheiten bezüglich des Wachstumsausblicks hin. Diese Unsicherheiten sollten mit den neuen Projektionen im Dezember schwinden und einem schlechterem Wachstumsbild Platz bereiten. Eine Zinssenkung wäre dann die logische Konsequenz. Die EZB weist darauf hin, dass angesichts der Geldmengen- und der Lohnentwicklung Vorsicht angebracht ist. Wir erwarten daher lediglich eine Zinssenkung von 25 Basispunkten. Unsere Analyse zeigt, dass auch bisher Wachstumsaussichten, die Zinsentscheide stark beeinflusst haben.

1. Die EZB hat die mit der letzten Pressekonferenz eingeläuteten und durch die Interviews von Issing, Duisenberg und Welteke fortgesetzten verbalen Vorbereitung einer Zinssenkung mit dem Monatsbericht intensiviert. In weiten Teilen folgt das Editorial des Monatsberichtes den Formulierungen der Pressekonferenz wörtlich. So berichtet sie, dass auf der letzten Sitzung eine Zinssenkung diskutiert wurde und dass die Abwärtsrisiken für das Wachstum in Euroland und ihre mittelfristigen Auswirkungen auf die Preisstabilität genau beobachtet werden müssen. Sie weist auf die derzeit hohen geopolitischen und weltwirtschaftlichen Unsicherheit hin. Der Außenwert des Euro und das gegenwärtige weltwirtschaftliche Umfeld würden den Inflationsdruck begrenzen. Es wäre allerdings wichtig, dass die Rohölpreise nicht wieder deutlich anziehen und dass der Aufwärtstrend bei den Lohnkostenindikatoren nicht anhält. Vorsicht wäre also angebracht. Seit der EZB-Sitzung am 7. November ist der Außenwert des Euro ziemlich konstant geblieben, während sich der seit Mitte Oktober zu beobachtende Trend sinkender Ölpreise fortgesetzt hat. Er liegt nun 22 % unter dem Niveau des 1. Oktobers, so dass nachhaltige Auswirkungen für den HVPI zu erwarten sind.

2. Statt Januar erwarten wir nun eine Zinssenkung im Dezember. Unsere bisherigen Erwartungen einer Zinssenkung spätestens - aber voraussichtlich - im Januar ziehen wir auf Dezember vor. Dies liegt daran, dass die EZB wiederholt auf die Unsicherheiten ihrer Prognosen hinweist. Die neuen Staff-Projektionen werden ihr im Dezember vorgelegt und sollten die Unsicherheit zugunsten eines sichereren aber schlechteren Konjunkturbildes zurückdrängen. Die EZB dürfte damit von ihrer bisherigen Praxis abweichen, keine Zinsänderungen an Terminen zu beschließen, auf denen die neuen Staff-Projektionen, die auf konstanten Zinssätzen basieren, vorgelegt werden. Gegen eine Zinssenkung spricht auch nicht mehr der Absatz bezüglich des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, in dem die EZB auf das von ihr am 24. Oktober veröffentlichte und im Monatsbericht abgedruckte Statement hinweist.

3. Warum keinen Zinssenkung von mehr als 25 BP? Zusätzlich zu den Ausführungen der Pressekonferenz findet sich im Monatsbericht ein Abschnitt, in dem die EZB darauf hinweist, dass der Inflationsdruck zwar zurückgegangen wäre, gleichzeitig die Geldmengen- und die Lohnentwicklung zur Vorsicht mahnten. Diese Entwicklungen müssten genau beobachtet werden. Dies spricht insgesamt für einen eher graduellen Ansatz. Eine weitere Zinssenkung um 25 BP erwarten wir, falls es zu einem Irak-Krieg kommt. Für eine "kleine" Zinssenkung spricht auch eine Analyse innerhalb des Monatsberichtes über die Entwicklung der realen Kreditvergabe. Bei dieser kommt die EZB zu dem Schluss, dass die Kreditvergabe an den privaten Sektor unter Berücksichtigung der zyklischen Situation nahe ihrem langfristigem Durchschnitt liegt, was für eine stetige Entwicklung der Kreditvergabe - und damit gegen eine Kreditklemme - spräche.

4. Die verbale Vorbereitung durch die schlechteren Wachstumsperspektiven stellen keine Abkehr von er bisherigen Politik der EZB dar. Entgegen ihrem Ruf hat die EZB unserer Ansicht nach die zyklische Position der Wirtschaft in Euroland auch bislang stark berücksichtigt. Dies wird nicht nur daran deutlich, dass eine Reihe von Zinssenkungen durchgeführt wurden, obwohl seit 1999 der Referenzwert von M3 in 35 der veröffentlichten 45 Monaten und die Grenze des HVPI-Korridors bis 2,0 % in 26 von 46 Monaten überschritten wurde. Untenstehende Grafik zeigt das Umfeld der EZB-Zinsentscheidungen seit 1999. Dabei haben wir die an den Markt gehandelten Inflationserwartungen, gemessen an französischen inflationsindexierten Bonds, dem Business Climate Indicator gegenübergestellt. Dabei fällt auf, dass alle Zinserhöhungen bei einem positiven Business Climate stattfanden und bei Inflationserwartungen von über 1,5 %. Mit der Ausnahme des überraschenden und zur allgemeinen Verwirrung mit der M3-Revision begründeten Zinsschritts von Mai 2001 haben alle Zinssenkungen in einem Bereich stattgefunden, in dem das Business Climate negativ und die Inflationserwartungen unter 1,5 % lagen. Dies spricht dafür, dass die EZB tatsächlich die Inflationserwartungen und auch das Wachstum stark berücksichtigt. Derzeit liegt der Business Climate Indicator bei -0,4 und die Inflationserwartungen bei 1,2 %.

Quelle: Deka

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