Kommentar
10:04 Uhr, 07.05.2003

Deka erwartet keine Zinssenkung der EZB

Vom EZB-Kompass kommen keine neuen Signale. Er liegt in einem Bereich, der nach der bisherigen Strategie eine Zinssenkung nicht nahelegen würde. Auch wenn unsere Prognose der Kompass- Komponenten einen leicht abwärts gerichteten Verlauf aufweist, müssen daraus keine weiteren Zinssenkungen resultieren. Das Leitzinsniveau ist bereits jetzt als sehr expansiv zu bezeichnen. Die Realzinsen liegen nur knapp über Null und sind in einigen Ländern von Euroland sogar negativ. Der monetäre Überhang, der sich an der in den letzten Monaten weiter gestiegenen realen Geldlücke ausmachen lässt, deutet zwar auf keine akuten, wohl aber auf potenzielle Inflationsgefahren hin. Wenn die EZB in unverminderter Weise von einem Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte ausgeht, dann sollte sie die Zinsen nicht mehr senken.

Wir zweifeln aber an einer stärkeren konjunkturellen Belebung in den nächsten Quartalen. Dies macht sich durch die Seitwärtstendenz bei der Prognose des Economic Sentiments und durch die Prognose eines weiterhin sinkenden Outputgaps bemerkbar. Bei der monetären Teilsäule gehen wir davon aus, dass sich das extrem starke Geldmengenwachstum in den nächsten Monaten normalisieren wird, wenn das Vertrauen der Anleger in den Aktienmarkt zurückkehrt und sie weniger als bislang in die liquidesten Anlageformen fliehen. Auch die Aufwertung des Euros spricht - sollte sie andauern - dafür, dass die EZB ihre Leitzinsen noch einmal senken könnte. Sie hat bislang jedoch nie kurzfristig auf Marktbewegungen reagiert, sondern immer abgewartet, ob sich Marktveränderungen als nachhaltig herausstellen. Auf der Mai- Sitzung erwarten wir folglich auch keine Änderung des Leitzinses. Eine Zinssenkung in dieser Woche ist zudem deshalb unwahrscheinlich, da auf der Sitzung im Juni auch die neuen Staffprognosen präsentiert werden, die einen guten Anlass für eine fundamentale Neubewertung der konjunkturellen Lage und der notwendigen Zinspolitik darstellen.

Für die weitere Zinspolitik - wie auch für die Konstruktion und die Analyse des EZB-Kompass - werden die Evaluationsergebnisse der EZB-Strategie entscheidend sein. Der EZB-Kompass wurde gemäß der bisherigen Strategie konstruiert, die nach offiziellen Verlautbarungen der Entwicklung der Geldmenge und der monetären Säule eine zentrale Rolle beimisst. Sollte nach den Erfahrungen, die mit der Geldmenge in den letzten Jahren gemacht wurden, M3 keine solch prominente Rolle mehr erhalten, so wird sich das in der Zusammensetzung des Kompass sofort bemerkbar machen. Neben der Neugewichtung der ersten und zweiten Säule erwarten wir auch eine Neuformulierung des Inflationsziels. Bislang waren wir bei der Bewertung der einzelnen Inflationsindikatoren von einem impliziten Inflationsziel der EZB von 1,75 % ausgegangen. Wir halten es für wahrscheinlich und begrüßenswert, dass die EZB ein symmetrisches Inflationsziel von 2,0 % anvisieren wird. Auch dies würde dann zu einer Anpassung des EZB-Kompass führen.

Wichtiger als die Zinsentscheidung diesen Monat wird folglich die Bekanntgabe der weiteren Strategie sein, die auf dieser oder der in zwei Wochen folgenden EZB-Ratssitzung bekannt gegeben werden sollte. Sollte die erste Säule ein geringeres Gewicht erhalten und der bisherige Inflationskorridor angehoben werden, dann erhält die EZB automatisch und unabhängig von der Entwicklung des Wechselkurses und der konjunkturellen Daten mehr Zinssenkungsspielraum. Der Zinssenkungszyklus muss daher noch nicht zu Ende sein.

Quelle: Deka

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