Kommentar
10:27 Uhr, 20.09.2004

Deka erwartet Anhebung der US-Leitzinsen

1. Diesen Dienstag wird sich der Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank zu seiner turnusmäßigen Sitzung zusammenfinden und aller Wahrscheinlichkeit nach die Leitzinsen um 25 BP auf ein Niveau von dann 1,75 % erhöhen. Wir erwarten für Ende 2005 ein Niveau von 3,75 %. Dieser Wert entspricht in etwa dem Niveau, der von unserem Prognoseinstrument DekaBank-Fed-Indikator1 angezeigt wird. Der Scoring-Wert blieb - bedingt durch die gedämpftere Konjunkturentwicklung - in diesem Monat auf dem Niveau des Vormonats verharren.

Die Basis der Zinsentscheidung

2. Die Diskussion im FOMC sollte durch drei Fragen bestimmt sein: Erstens, weitet sich der von Notenbankchef Greenspan schon im Juni angesprochene "soft patch", also die leichte Schwäche der Realwirtschaft seit Juni, zu einer anhaltenden Schwächeperiode aus? Zweitens, drohen von Seiten der Ölpreise Gefahren für die Realwirtschaft und die Preisstabilität? Drittens, wenn die realwirtschaftliche Entwicklung gedämpfter verlaufen sollte, muss und kann dem durch eine Pause im Zinserhöhungszyklus Rechnung getragen werden?

Der Hintergrund der Zinsentscheidung

3. Realwirtschaftlich hat der Aufschwung an Fahrt verloren: Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktsprodukts im zweiten Quartal wurde von bereits enttäuschenden 3,0 % qoq (ann.) auf 2,8 % herunterrevidiert. Insbesondere der Konsum zeigte sich durch die hohen Ölpreise getroffen. Dagegen war der Arbeitsmarktbericht vom August mit 144 Tsd. zusätzlich geschaffenen Stellen wieder etwas freundlicher, nach den enttäuschenden Zahlen vom Juli (+32 Tsd. Stellen). Gegeben die massiven geld- und fiskalpolitischen Impulse ist eine solche Zahl dennoch nicht zufriedenstellend, benötigt die Wirtschaft doch jeden Monat rund 150 Tsd. neue Stellen, um die durch das Bevölkerungswachstum bedingten zusätzlichen Arbeitsplätze in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Daten des dritten Quartals werden zeigen, ob die konjunkturelle Schwäche länger anhält als bislang erwartet. Fed-Chef Greenspan zeigte sich zuletzt hinsichtlich der konjunkturellen Entwicklung optimistischer als noch im August-Statement zum Zinsentscheid: "...the expansion has regained some traction.".

4. Hinsichtlich der Inflationsentwicklung schlug Greenspan trotz des massiven Anstiegs der Ölpreise in den letzten Wochen und Monaten ebenfalls einen optimistischen Ton an. Die Verbraucherpreise befanden sich im August in einem Bereich, in dem sich die Fed sehr wohl fühlt: Die Kernrate des CPI lag bei lediglich 1,7 %, der auf das Jahr hoch gerechnete Sechsmonatsdurchschnitt der Kerninflation ist wieder im Sinken begriffen, die Headline Inflation befindet sich bei nur 2,7 % - und dies trotz Ölpreisanstieg. Die Fed hat somit mit ihrer Prognose vom Frühjahr, dass der enorme Anstieg der Inflationsrate im ersten Halbjahr 2004 nur temporärer Natur ist, recht gehabt.

5. Die Fed steht dennoch vor einem Dilemma: Einerseits wirken die hohen Ölpreise wie eine Besteuerung des Konsums, so dass die damit einher gehenden Belastungen für die Konjunktur die Fed vorsichtiger an der Zinsschraube drehen lassen sollten. Andererseits erhöht der Anstieg der Ölpreise die Inflationsgefahren und damit die Notwendigkeit für die Fed, die Zinsen stärker anzuheben. Eine Zentralbank, die als wenig glaubwürdig bei der Bekämpfung von Inflation gilt, muss den zweiten Punkt fokussieren. Eine Zentralbank, die über eine hohe Glaubwürdigkeit besitzt, die Preisniveaustabilität zu sichern, kann hingegen den ersten Punkt ernster nehmen. Wir erwarten zwar, dass die Ölpreise nachhaltig hoch bleiben werden. Da die Fed aber auf ihre hohe Glaubwürdigkeit als "inflation fighter" setzen kann, wird sie ihre Zinspolitik vor allem zur Stabilisierung der Konjunktur einsetzen. Eine längere Pause sollte das FOMC im Zinserhöhungszyklus aber nicht einlegen. Dafür sind die zins- und ölpreisbedingten Inflationsrisiken dann doch zu groß und die Konjunkturrisiken zu gering.

6. Der Forschungsstab der Fed sollte bei diesem Meeting insbesondere eruieren, wie sich die nachhaltig hohen Ölpreise auf die Inflationsentwicklung und die Konjunktur auswirken. Weiterer Fokus der Prognosen sollten zusätzliche adverse Effekte auf die Realwirtschaft sein: Denn die Erwartung, dass die Fed die Zinsen sukzessive erhöhen wird, sollte die Auflösung sogenannter "carry trades" (Verschuldung am kurzen Ende und Kauf langfristiger Staatsschuldtitel) durch die Finanzinstitute provozieren. Der damit einhergehende Zinsanstieg würde die hoch verschuldeten Konsumenten belasten. Zumal eine Abschwächung des Wachstums in China die Exportentwicklung der USA dämpfen wird. Auch wenn sich das US-Leistungsbilanzdefizit auf einem Rekordhoch befindet, und das FOMC das damit einher gehende Risiko einer massiven Abwertung auf seinem letzten Meeting diskutiert hat, so wird es doch keinen Einfluss auf die morgige Entscheidung haben, da es eher ein Problem für die mittlere Frist darstellt.

Das voraussichtliche Statement

7. Für das Statement zum Zinsentscheid sind kaum Änderungen zu erwarten. Im letzten Statement im Juni 2004 stand: "The Federal Open Market Committee decided today to raise its target for the federal funds rate by 25 basis points to 1-1/2 percent. The Committee believes that, even after this action, the stance of monetary policy remains accommodative and, coupled with robust underlying growth in productivity, is providing ongoing support to economic activity." Dieser Teil des Statements sollte unverändert beibehalten werden.

8. "In recent months, output growth has moderated and the pace of improvement in labor market conditions has slowed. This softness likely owes importantly to the substantial rise in energy prices. The economy nevertheless appears poised to resume a stronger pace of expansion going forward. Inflation has been somewhat elevated this year, though a portion of the rise in prices seems to reflect transitory factors ." Möglich ist, dass der Satzteil "[t]he economy nevertheless appears poised to resume a stronger pace of expansion going forward" ersetzt wird durch "...the expansion has regained some traction."

9. "The Committee perceives the upside and downside risks to the attainment of both sustainable growth and price stability for the next few quarters are roughly equal." Die Risikoeinschätzung sollte beibehalten werden.

10. "With underlying inflation still expected to be relatively low, the Committee believes that policy accommoda- tion can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability." Dieser Teil sollte ebenfalls beibehalten werden.

Der zweistufige Zinserhöhungszyklus

11. Das FOMC befindet sich momentan auf der ersten Stufe eines zweistufigen Zinserhöhungsprozesses hin zu einem geldpolitisch neutralen Niveau der Leitzinsen. In der ersten Phase ist es das Ziel des FOMC, die Leitzinsen vom "Deflationsniveau" von 1% auf ein Niveau von etwas 2 % zu erhöhen. Bei einer Kerninflationsrate für den Preisindex der Konsumausgaben PCE von 1,5 % würden sich die realen Leitzinsen damit nicht mehr in negativem Terrain befinden und damit inhärenten Inflationsdruck implizieren. Wir erwarten, dass die erste Phase nach dem Meeting am 10. November mit zwei Zinserhöhungen um jeweils 25 BP morgen und im November abgeschlossen sein sollte. Für Dezember erwarten wir aufgrund des geringen Handelsvolumens an den Märkten und damit starken Effekten von Zinsänderungen auf die Märkte eine Pause im Zinserhöhungszyklus.

12. Die häufige Betonung des Satzteiles "accomodative monetary policy" (expansive Geldpolitik) in den Reden der Fed-Vertreter deutet darauf hin, dass das FOMC ein Zinsniveau von 2 % bis 2,5 % als ein Zinsniveau ansieht, das mindestens erreicht werden muss. Grund ist, dass das FOMC erst begann, von einer akkomodierenden Geldpolitik zu sprechen, als es die Leitzinsen im Januar 2002 von 2 % auf 1,75 gesenkt hatte. Bei einem Wert von 1,75 % würden sich die Leitzinsen mit ausreichendem Abstand über dem impliziten Inflationsziel der Fed von 1,5 % für den Kernpreisindex der persönlichen Konsumausgaben PCE befinden. Zudem benötigt das FOMC Spielraum, adversen Schocks zu begegnen.

13. Im neuen Jahr beginnt dann die zweite Phase des Zinserhöhungszyklus, die wesentlich von den Konjunktur- und Inflationsdaten abhängen wird. Ziel in dieser Phase wird ein geldpolitisch neutrales Niveau von 3 % bis 5 % der Leitzinsen sein, bei dem sich die Wirtschaft weder überhitzt noch unterkühlt. Je näher das FOMC der unteren Grenze des neutralen Zinsniveaus von 3 % kommt, desto geringer wird die Dringlichkeit weiterer Zinserhöhungen werden.

14. Entscheidend für die Zinsentwicklung in diesem und im nächsten Jahr werden die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, dem Ölmarkt sowie die geopolitische Lage sein: Für den US-Arbeitsmarkt ist für die Zukunft eine weitere Besserung zu erwarten. Für den Ölmarkt ist dagegen weiter mit hohen Ölpreisen zu rechnen. Beides zwingt die Notenbank zu höheren Leitzinsen. Und je höher das Leitzinsniveau, desto mehr Spielraum hat die Notenbank, die Zinsen zu senken, um den adversen Folgen eines Terroranschlags zu begegnen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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