Kommentar
18:00 Uhr, 25.11.2007

DAX - Panikmache oder Anpassung an veränderte Gegebenheiten?

Erwähnte Instrumente

  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Fast unbemerkt kam in der letzten Woche die Meldung der Deutschen Bank, dass man seine Kunden vor einer weltweiten Rezession warne. Rezession bedeutet, dass die Wirtschaft nicht mehr wächst. Eine solche Rezession hat immer drastische Auswirkungen auf den Aktienmarkt gehabt. Im nachhinein betrachtet, begann der Aktienmarkt allerdings schon vor dem Erkennen einer Rezession zu fallen. Die Wahrscheinlichkeit sei eins zu drei, dass es einen Abschwung wie Anfang der 70er und 80er Jahre geben würde. Für eine Mini-Rezession sieht man sogar eine 50%-Möglichkeit. Das sagt die Deutsche Bank ihren Kunden, denen sie doch auch Aktien und andere Produkte verkaufen will. Andere Produkte sind zum Beispiel Zertifikate aller Art. Durch die jüngsten Rückschläge an den Märkten, kommen eine ganze Reihe der Aktien (Underlyings) dieser Zertifikate nun in die Nähe ihrer „knock out“- Schwellen, das heißt, sie werden entweder fällig und wertlos, oder man erhält statt einem Bonus, die Aktie geliefert. Wenn ein solches Underlying nun in der Nähe seiner Schwelle steht, kommt es häufig vor, dass es für kurze Zeit diese unterschreitet, um dann ganz normal weiter gehandelt zu werden. Ein Schelm wer Böses dabei denkt. Über die Bonität des Zertifikate-Herstellers haben wir dabei noch gar nicht nachgedacht. Diese Zertifikate-Emittenten sichern sich bzw. ihre Zertifikate gegeneinander ab. Das passiert meist nicht an einer Börse mit amtlichem Handel und Clearingstelle, sondern OTC, also im freien Handel untereinander. Was passiert eigentlich, wenn es zum Ausfall eines dieser Emittenten kommt? Eine Kettenreaktion ist dann nicht auszuschließen. So weit muss es nicht kommen, sollte man aber auch im Hinterkopf behalten.

Einen ganz anderen Aspekt der Weltwirtschaft möchte ich heute noch einmal kurz aufgreifen. Die Asiaten. Es ist schon beeindruckend, fast beängstigend, wie die Wirtschaft im asiatischen, speziell im chinesischen Raum wächst. Zuwachsraten, die auch in der Vergangenheit der westlichen Welt eher Seltenheitswert haben. Entsprechend boomen die Börsen. Wenn Sie sich einmal einen Chart des chinesischen Aktienmarktes oder auch der ganzen Region ansehen, werden sie leicht erkennen, dass es keine nennenswerten Reaktionen oder Korrekturen in den vergangenen Jahren gab. Bleiben Sie mir jetzt bitte mit der Aussage fern, dass hier ja alles ganz anders sei. Auch dort handeln Menschen, auch diese haben Emotionen und Ängste, auch diese wollen Wohlstand und Sicherheit und nicht zuletzt sind auch diese gierig. Nun frage ich Sie: Wie viele Crashs hat der Chinese bereits miterlebt? Wie oft hat der Chinese an der Börse sein gesamtes Geld verloren? Wie viele Chinesen kennen das Gefühl wegen Börsenverlusten vor dem Nichts zu stehen? Sicher sind das nicht viele. Und wenn, werden auch diese, von den Gewinnen geblendet, behaupten, dass die Wirtschaft ja intakt sei, die Unternehmen zweistellige Wachstumsraten aufweisen und schließlich diese Hausse mit denen der westlichen Welt ja überhaupt nicht zu vergleichen sei. Im Übrigen ist es dieses Mal ja etwas ganz anderes (Anmerkung von mir).

Glauben Sie, dass ein Crash in Asien auf den asiatischen Raum begrenzt bleiben könnte? Ich zweifle jedenfalls daran. Die Unsicherheit an den Märkten in den USA und Europa, haben mit solchen Ängsten noch lange nichts zu tun. Hier wird aktuell noch die Immobilienkrise „gespielt“. Die Angst vor einem Überschwappen auf die reale Wirtschaft ist nach wie vor riesengroß. Es wird nach jedem noch so kleinen Hinweis gesucht, ob es denn Auswirkungen gegeben hat. So wird jetzt ganz genau auf den vergangenen Freitag geschaut werden. Traditionell ist nämlich der Tag nach dem amerikanischen Erntedank–Fest ein Hinweis darauf, wie das Weihnachtsgeschäft laufen wird. Aber Hand aufs Herz, gerade der Amerikaner wird seinen Lieben ein schönes Weihnachtsfest bescheren wollen, gleichgültig, ob er seine Hypothekenzinsen zahlen kann oder nicht. Ich glaube nicht, dass das Weihnachtsgeschäft wesentlich schlechter ausfällt als in den vergangenen Jahren. Viel wichtiger erscheinen mir die nächsten Zahlen zu Kreditausfällen, Neubaubeginnen oder Bankeninsolvenzen.

Der DAX konnte in der vergangenen Woche nach anfänglicher Schwächeneigung zum Ende eine stabile Haltung einnehmen. Die 7.600er Marke erweist sich damit kurzfristig als haltbare Unterstützung. Es ist damit zu rechnen, dass es einen freundlichen Wochenstart gibt, da die US-Märkte nach dem Feiertag freundlich tendierten. Aber auch dabei ist zu beachten, dass es nur ein verkürzter Handel war und die allermeisten Marktteilnehmer im Urlaub waren. So konnten kleinere Interessens-Gruppen den Markt leicht nach oben ziehen (Aber das ist eine andere Geschichte, die heute den Rahmen sprengen würde). Mehr als eine Erholung an die alte Aufwärtstrendlinie erwarte ich für den DAX in der kommenden Woche nicht. Wenn Sie aufmerksam die Kommentare in der Presse verfolgen, werden sie feststellen, dass immer mehr technische Marken genannt werden, die in den kommenden Wochen ganz sicher halten werden. Es sind im Übrigen die Marken, die ich schon seit Wochen als Mindest-Korrektur-Ziele nenne.

Bitte werden Sie auf Grund kleiner Erholungsbewegungen, und weil der Markt ja schon so schön zurückgekommen ist, nicht leichtsinnig. Bleiben Sie weiterhin am Ball und sichern Sie Ihr Vermögen. Übrigens bekomme ich immer mal wieder zu hören, ich habe doch nur einen kleinen Teil zur Spekulation zur Verfügung, dass kann man doch nicht Vermögen nennen. Jedes noch so kleine Guthaben ist ein Vermögen und daher sichernswert!

Bis zur nächsten Woche

Ihr

Martin Marquardt

Anmerkung der Redaktion: Bei dem Namen "Martin Marquardt" handelt es sich um ein Pseudonym. Unter diesem Pseudonym schreibt ein charttechnischer Analyst eines größeren Bankhauses, der anonym bleiben möchte.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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