Kommentar
13:30 Uhr, 27.01.2008

DAX - Das war vielleicht eine Woche

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  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Sicher habe ich die letzten Monate über immer wieder gewarnt. Aber dass es so schnell und so heftig kommen würde, habe ich nicht erwartet. Aber vielleicht ist es so ja viel besser, als wenn die Märkte so langsam an die Unterstützungsmarken heran gelaufen wären. Auf jeden Fall haben die Marktteilnehmer mal wieder schmerzlich vor Augen geführt bekommen, dass Börse eben doch keine Einbahnstraße ist. Jetzt werden natürlich einige wieder sagen: wenn man nur lange genug Bär ist, bekommt man eben auch irgendwann einmal Recht. Ich halte dagegen, dass sich zumindest eine Schwächeneigung in den letzten Monaten schon abgezeichnet hat, als der DAX nicht mehr in der Lage war die Tops zu überspringen. Eine Korrekturbewegung nach unten war somit folgerichtig. Natürlich bedarf es dafür eines Auslösers und wie der aussieht oder wann dieser kommt, kann natürlich kein Mensch sagen. Auch ich maße mir nicht an, einen Crash vorher sagen zu können. Die Signale für einen Rückschlag habe ich aber immer wieder an dieser Stelle beschrieben. Auch wenn ich zugegeben etwas früh dran war mit meinen Warnungen, so stehen wir aktuell aber deutlich unter dem Niveau meiner ersten Hinweise.

Was ist genau passiert?

Aber was ist denn eigentlich passiert? Zunächst einmal war am Montag in den USA Feiertag, also die europäischen Marktteilnehmer waren unter sich. Im Laufe dieses Montags kam auf einmal Druck in den Markt und keiner konnte so recht erklären, woran das eigentlich lag. Die Abwärtstendenz wurde immer dynamischer und es wurde eine nach der anderen Chartmarke nach unten gebrochen. Die ersten sprachen von einem Crash und als Begründung wurde natürlich die amerikanische Immobilienkrise angeführt. Und plötzlich kamen die ganzen anderen längst bekannten und auch von mir immer wieder an dieser Stelle besprochenen Argumente zum Vorschein, die doch bislang so gar keine Rolle gespielt haben. Natürlich, was bleibt in Ermangelung besserer Informationen den Experten auch anderes übrig, als Erklärungen heranzuziehen, die sie kennen. Auch die US-Notenbank reagierte promt. Um einen Absturz der US-Börsen nach dem Feiertag zu verhindern (die in Europa gehandelten Futures hatten längst einen Absturz um über 800 Punkten im Dow Jones eingepreist), senkten sie kurzer Hand die Leitzinsen um sagenhafte 0,75 % Punkte. Das hat es schon sehr lange nicht mehr gegeben. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten und der Rückschlag fiel bei weitem nicht so stark aus, wie es auf Grund der Vorgaben zunächst zu befürchten war.

Dabei war doch alles ganz anders. Nicht die plötzlichen Ängste um die US-Konjunktur oder Rezessions-Ängste (einige behaupten wir sind ohnehin schon mittendrin) haben die Börsen in die Tiefe gerissen. Es war ein Händler der französischen Bank Société Générale. Dieser Händler hat in großem Stil Futures-Spekulationen, vermutlich auf steigende Märkte getätigt. Der Umfang der Positionen war weit größer, als es die Sicherheiten der Bank zugelassen hätten. Der Händler, mit den Sicherungsmechanismen bestens vertraut, umging diese und konnte so die Positionen aufbauen. Er selbst, so wird aktuell betont, habe sich nicht bereichert. Das ist den Märkten auch relativ egal. Den Bankmanagern war dies gleichwohl nicht egal ( Es wird inzwischen untersucht, ob die Bank sogar informiert war und nun nur ein „Bauernopfer“ gebracht wurde). Als die Position nun offiziell entdeckt wurde, suspendierte man den Herrn sofort und löste die Position unmittelbar auf. Ein bisschen schnell, wie es scheint. Verständlich aus der Sicht der Bank. Da die Positionen allerdings einen solch riesigen Umfang hatten, zogen sie die Futures-Märkte und damit natürlich auch die Kassamärkte nach unten. Dadurch wurden Chart-Marken gerissen, die ihrerseits wieder Stopp-Orders ausgelöst haben.

Alles also nicht so schlimm möchte man meinen. Sicher, wenn eine solche Sondersituation einen Kursrutsch auslöst, wird sie bald wieder bereinigt sein. Aber es darf nicht vergessen werden, dass sich nun schließlich die Trendbrüche in den Charts befinden und nicht mehr wegzuradieren sind, „nur“ weil es keine fundamentalen Gründe hatte. Hatte es keine fundamentalen Gründe? Oberflächlich betrachtet sicher nicht. Bei näherem Hinsehen haben sich die Probleme der vergangenen Monate ja nicht in Luft aufgelöst. Erst recht nicht durch die Zinssenkung der Notenbank.

Nun werden schon wieder die ersten Stimmen laut, die Notenbank habe überreagiert. Ein Zinsschritt wurde für die nächste Sitzung in der kommenden Woche ohnehin geplant. Ob diese nun 0,75 % oder nur 0,5 % betragen hätte ist nicht ausschlaggebend. Viel wichtiger ist, wie der Markt darauf reagiert hätte. Sell the facts, ist eine alte Börsenweißheit. Vielleicht hätte der Markt nach der Zinssenkung ohnehin, bestimmt nicht so heftig, nachgegeben. Wenn aber die Notenbank immer weiter die Zinsen senkt, wird sie damit unweigerlich die Inflation anheizen. Kurzfristig scheint die Lage etwas beruhigt zu sein, aber ich habe große Bedenken, dass das Problem nur in die Zukunft verschoben wurde.

Mein Szenario sieht nun wie folgt aus: 1. es bleibt in den kommenden 2 – 3 Wochen unverändert extrem volatil. 2. Die Märkte werden sich weiter leicht erholen, wenn es das in den letzten Tagen nicht schon gewesen ist. 3. Nach der Erholung wird noch einmal richtig Druck in die Märkte kommen. Ein mindest Korrekturziel sehe ich bei ca. 6.200 Punkten im DAX. Dann gibt es zwei Optionen A. die Marke hält, dann haben wir eine gute Chance, dass die Aufwärtstrends unterhalb der alten Trendlinie wieder aufgenommen werden. B. die Marke hält nicht. In diesem Fall müssen wir uns mit einer 5 an der ersten Stelle des DAX-Stands vertraut machen.

Soweit ist es aber noch nicht. Ich rechne für die kommende Woche mit einer leichten Aufwärtsbewegung im DAX die den Index an, oder auch über die 7.000er Marke führen wird.

Danach rate ich wieder verstärkt am Ball zu bleiben und das vorhandene Vermögen zu sichern.

Herzliche Grüße und einen guten Wochenstart bis zur nächsten Woche

Ihr
Martin Marquardt

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Anmerkung der Redaktion: Bei dem Namen "Martin Marquardt" handelt es sich um ein Pseudonym. Unter diesem Pseudonym schreibt ein charttechnischer Analyst eines größeren Bankhauses, der anonym bleiben möchte.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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