Nachricht
12:39 Uhr, 09.09.2002

Das war die Biotechwoche

Flashback - W36 - 02.09.2002 bis 06.09.2002

Nasdaq Biotech: 03.09.02: 463,36; 06.09.02: 479,26; (+3,4%)

Amex Biotech: 03.09.02: 326,46; 06.09.02: 331,84; (+1,6%)

Nemax Biotech: 02.09.02: 33,68; 06.09.02: 31,73; (-5,8%)

Positive Impulse von den US-Börsen blieben am Montag wegen der Feiern zum Labour Day leider aus, so mussten sich die deutschen Börsen mit den schwachen Vorgaben des Wochenausklangs zufrieden geben. So ist es auch nicht verwunderlich, dass bei einem trägen Handel die Indizes zum Handelsschluss überwiegend im roten Terrain lagen, so auch der Biotechindex, der den ersten Handelstag 0,9% niedriger beschloss als er in den Tage gestartet war. Die schlechte Stimmung wurde vom europäischen Einkaufsmanagerindex noch verstärkt, denn wie Reuters berichtete, hinkt die deutsche Wirtschaft derzeit weit hinter den restlichen Europäern her. So wollte auch unter den Biotechs kein Optimismus aufkommen, Co.don war mit einem Minus von 7,7% Schlusslicht im Index, dicht gefolgt von MWG Biotech mit minus 4,8% und Sanochemia mit einem Verlust von 4%. Lediglich Biotissue und Eurofins Scientific konnten mit plus 6,5% und 6,3% überzeugen.
Nach dem Feiertag am Montag erlebten die Börsen am Dienstag weltweit einen rabenschwarzen Tag. Den Anfang hatte bereits der japanische Nikkei gemacht, der mit einem Verlust von 2,8% auf 9250 Zähler und damit auf den tiefsten Stand seit 18 Jahren fiel. Hinzu kam, dass der stagnierende US-Einkaufsmanagerindex erneut Bedenken über den Zustand der US-Wirtschaft verbreitete. Doch nicht nur die Zykliker waren von den immensen Abschlägen betroffen, auch die Biotech- und Pharmabranche musste riesige Verluste hinnehmen, der Amex rutschte mit einem Minus von fast 5,8% sogar unter die charttechnisch so wichtige Marke von 330 Punkten. Der Nasdaq
Biotechindex verlor ebenfalls 5,3%. Der Pharmawert Johnson & Johnson kam mit einem Abschlag von 3% gehörig unter Druck, Grund die Nummer eins der Biotechunternehmen Amgen, die laut eines Artikels im umstrittenen Anlegermagazin Barrons für Umsatzrückgänge bei J&J verantwortlich sein dürfte. Wie Barrons berichtete, wird Amgens Medikament Aranesp gegen Anämie dem Pharmariesen J&J in Europa unter Garantie wichtige Marktanteile streitig machen. Wegen ungenügender Kapazitäten bei der Produktion des Rheumamittels Enbrel verlor aber auch Amgen 5% an Wert. Einen weiteren Stoß versetzte Bristol-Myers Squibb J&J, indem es die bedingte Genehmigung zur Vermarktung des neuen Anti-Schizophrenikums Abilify durch die FDA bekannt gab. Das Produkt wird im Falle einer entgültigen Zulassung mit dem J&J Produkt Risperdal konkurrieren. Doch trotz dieser eher positiven Nachricht ging auch Bristol-Myers mit 95 cents Verlust aus dem Handel. Mit einem Abschlag von 9% musste Genelabs am Dienstag einen großen Teil der Freitagsgewinne wieder abgeben. Auch in deutschen Landen sorgten die schlechter als erwarteten US-Konjunkturdaten für Pessimismus an den Börsen und schickten den Biotechnologie Index des Neuen Marktes auf Talfahrt, zum Handelsschluss gab es ein dickes Minus von 4,1%, was bei lediglich drei Gewinnern unter den Einzelwerten keine Überraschung war. Nur November, Macropore und Rhein Biotech schafften mit 6,6%, 5,8% und 1,1% den Sprung in die Gewinnzone, die restlichen Unternehmen mussten erneut Abschläge verbuchen. Größte Verlierer mit 5,4% und 6,0% waren die Girindus AG sowie die Beteiligungsgesellschaft BB Biotech.

Zu einer breit angelegten Rallye setzten am Mittwoch Pharma- und Biotechbranche an, der Amex Pharmaindex zog angetrieben von Wyeth, dass Bedenken bezüglich seiner Hormonersatztherapie aus dem Weg räumen konnte, um 3,3% an. Um 6% ging es mit Wyeth nach oben, nachdem das Unternehmen bekannt gegeben hatte, die Etikettierung für die Hormonersatztherapien Premarin und Prempro korrigiert zu haben. Auf Grund der bestehenden Risiken in Zusammenhang mit einer Langzeitstudie, weist das Etikett nun darauf hin, dass Präparat nur solange zu verabreichen, wie sich der gewünschte Behandlungserfolg einstellt. Seit Studienergebnisse im Juli Befürchtungen einer Krebsentstehung durch Hormonersatztherapien geschürt hatten, war auch Wyeth Aktienkurs kontinuierlich gen Süden gezogen, weshalb man sich nun für die neue Etikettierung entschlossen hat. Diese Maßnahme dürfte nun dazu beitragen, dass die Verkaufszahlen nicht wie ursprünglich angenommen im nächsten Jahr um 50% sondern lediglich um 26% zurückgehen dürften. Auch der Biotechsektor konnte mit 3,1% im Amex Biotechindex und 3,3% im Nasdaq Biotechindex einen Teil der Vortagesverluste wieder gutmachen. Größter Sieger die Aktie von Biopure, die auf Grund einer Finanzspritze von fast $1 Million durch die US-Armee, um 27% nach oben zog. Die Forschungsförderung soll für die klinische Weiterentwicklung des Blutersatzstoffes Hämopur bei schweren Verletzungen dienen. Demnächst wird sich auch die FDA dazu äußern, ob sie Hämopur für eine Zulassung in Betracht ziehen wird. Einen Absturz von 22% gab es wegen einer Umsatzwarnung und höheren Verlusten als ursprünglich prognostiziert bei Incyte Genomics zu beklagen. Der heimische Markt gab sich hingegen erneut pessimistisch, der Branchenindex verlor nach einer rasanten Achterbahnfahrt 1,1%. Ohne besondere Meldungen verloren insbesondere Cybio mit minus 8,9% und Sanochemia mit einem Abschlag von 8,8%, leicht im Plus lagen hingegen Biotissue mit 1,8% und Genescan mit 1,5%.

Die schönen Gewinne des Vortages gaben die Biotechindizes am Donnerstag wieder ab, der Amex Biotechindex verlor 4,6%, der Nasdaq Biotechindex lag mit 3,6% im Minus. Einer der Hauptverlierer mit einem Verlust von 7% war am Donnerstag Genzyme, nachdem neue Daten eines Wirkstoffes des Konkurrenten Transkaryotic Therapies scheinbar bestätigen konnten, dass das Konkurrenzprodukt zur Behandlung einer seltenen Erkrankung, dem von Genzyme überlegen ist. Bei dem Produkt handelt es sich um einen Wirkstoff gegen das Fabry Syndrom, eine sehr seltene aber schwere Erkrankung, die zu Nieren- und Herzversagen führen kann. Sowohl Genzyme als auch Transkaryotic Therapies verfügen bereits über die Zulassung ihrer Produkte in Europa, doch wie sich nun herausstellte, ist Transkaryotics Produkt Replagal wirksamer als das von Genzyme entwickelte Fabrazyme. Beide Unternehmen erhoffen sich noch in diesem Monat die US-Zulassung für ihre Produkte. Auch Idec Pharmaceuticals musste wegen der Einstellung der Entwicklung von Idec-114 gegen die Hautkrankheit Psoriasis einen Verlust von 4% realisieren. Der Verlust hielt sich jedoch in Grenzen, da der experimentelle Wirkstoff für eine mögliche non-Hodgkin Therapie weiterentwickelt werden soll. Schwache US-Vorgaben und schwache Auftragseingänge der deutschen Industrie, 0,9% weniger Neubestellungen gingen vor allem wegen abnehmender Auslandsaufträge, ein. So gab es auch für den Biotechsektor des NM keinen Grund zur Freude, der Index ging 3,2% leichter aus dem Handel, wofür vor allem Evotec mit einem satten Minus von 8,3%, sowie Genescan und Rhein Biotech mit Abschlägen von 6% und 4,7% verantwortlich waren. Unter den kaum erwähnenswerten Pluszeichen stach besonders Lion mit plus 6,6% hervor.
Zum Wochenausklang sorgte die FDA für eine gesunde Zunahme der Indizes. Nach der Bekanntgabe, man wolle die Zulassung von biotechnologischen Wirkstoffen in Zukunft beschleunigen, zogen Amex Biotechindex und Nasdaq Biotechindex mit 3,3% und 3,9% deutlich an. Auch die Arbeitslosenrate in den USA, die überraschenderweise zwei Prozent geringer ausfiel als prognostiziert, trug zur positiven Stimmung nicht nur im Biotechsektor bei. Vor allem die Indexschwergewichte Amgen, dass 4% zulegen konnte, und Genzyme mit einem Plus von 3% sowie Biogen, dass immerhin noch 1,8% höher aus dem Freitagshandel ging, zogen die Indizes deutlich in den grünen Bereich. Die Reorganisation der Zulassungsbehörde ist nun also amtlich und wird in Zukunft eine deutlich schnellere Vermarktung neuer Wirkstoffe ermöglichen, dazu soll die Überprüfung der Zulassungsanträge nicht mehr wie bisher durch eine eigene, sehr langsam agierende Abteilung der Behörde durchgeführt werden, sondern durch die Abteilung Center for Drug Evaluation and Research, die auch konventionelle Wirkstoffe zulässt. Die Abteilung Biologica wird sich in Zukunft nur noch auf Vakzinen sowie die Sicherheit der Produkte zur Blutversorgung konzentrieren. Bereits im Januar sollen die neuen Regeln greifen und für einen beschleunigten Zulassungsprozess sorgen. Wegen der Zulassungsverzögerung des Epilepsiewirkstoffes Pregabalin befand sich Pfizer am Freitag mit einem Abschlag von 4% deutlich auf der Seite der Verlierer. Anstelle noch wie geplant in diesem Jahr, werde man die Zulassung des Produktes nun erst 2003 beantragen, dies würde die Möglichkeit eröffnen wichtige zusätzliche Daten für die neue Therapie bereitzustellen. Zwar entschied sich das Beraterkomitee der FDA, die dessen Empfehlungen meist folgt, die Zulassung eines neuen Pfizer Medikamentes gegen obstruktive Lungenerkrankung zu befürworten, doch diese Entscheidung reichte leider nicht, um den Kurs der Aktie nochmals zu liften. Auch am Neuen Markt gaben sich die Optimisten am Freitag nicht geschlagen und ließen den Biotechindex mit einem Plus von 2,6% abheben, doch von einer nachhaltigen Trendwende kann in der Branche wohl noch nicht die Rede sein. Die Lage an den Börsen ist im Augenblick wahrlich nichts für schwache Nerven. Jederzeit können Kriegsangst oder befürchtete Terrorattacken neue Verkaufswellen auslösen. Doch auch die konjunkturelle Entwicklung stellt einen großen Unsicherheitsfaktor an den weltweiten Börsen dar. Doch am Freitag sorgten Genescan und Lion Bioscience mit zweistelligen Zuwächsen von 41,3% bzw. 16,7% erst einmal für gute Laune. Bei Lion sorgte die Nachricht, man wolle sich vom Geschäftsbereich Wirkstoffforschung trennen und sich auf seine Kernkompetenz, IT-Lösungen für die Life Science Industrie, konzentrieren für eindeutige Zustimmung unter den Anlegern. Damit will Lion doch noch das Kunststück bewerkstelligen, im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2003/2004 den Break-Even zu erreichen.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen