Kommentar
12:00 Uhr, 18.09.2008

Das vorläufige (!) Finale der Bankenkrise ? - Finger weg von Shorts!

Erwähnte Instrumente

  • S&P 500
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    Aktueller Kursstand:   (Cboe)
  • DAX
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    Aktueller Kursstand:   (XETRA)

Liebe Leserinnen und Leser, die Kreditkrise in den USA zieht ihre Kreise, die Aktienmärkte stehen unter Abgabedruck, die Volatilität ist anhaltend hoch, die Nerven der Anlegerschaft jeglicher Coleur werden aufs Äußerste strapaziert. Gerade auch die geballte Ladung negativer Nachrichten vom Wochenende lassen die Stimmung der Marktteilnehmer und -beobachter auf einen Tiefpunkt sinken.

Angst, Ärger, Panik, das sind die Emotionen

... , die das Gros der Anleger derzeit umtreibt. Ich möchte Sie etwas beruhigen. Genau diese "massen-emotionale" Situation bildet oftmals die Grundlage für eine (temporäre) Bodenbildung.

Der VIX Indikator zeigt Ihnen, wieviel Angst und Panik im Markt ist

Schauen Sie sich den Vergleich der Kursverläufe von DOW Jones und dem VIX (US Volatilitätsindex) an.

Der VIX ist ein exzellenter Indikator, um Marktstimmungen quantifizieren zu können. Er zeigt mit seinem Verlauf die Angst und Gier der Marktteilnehmer an. Steht der VIX sehr tief, herrscht Euphorie unter den Marktteilnehmern. Steht der VIX hingegen sehr hoch, geht die Angst um.

Zwischen VIX und DOW Jones liegt eine gegenläufige Korrelation vor.

Steigt der VIX an, fällt der DOW Jones. Fällt der VIX, steigt der DOW Jones. Dreht der VIX im oberen Extrembereich nach unten, geht dies zeitgleich mit einem Boden im DOW Jones einher und die Kurse beginnen wieder zu steigen.

Schauen Sie sich die markanten Tiefpunkte im Kursverlauf vom DOW Jones seit August 2007 an. Der VIX bildete jeweils Peaks im oberen Extrembereich aus.

Wenden wir uns der aktuellen Situation zu. Sie sehen, der VIX weist absolute obere Extremwerte auf. Gleichzeitig rutscht der DOW Jones seit mehreren Wochen nach unten ab und bildet neue Tiefs aus.

Sie erahnen es,

... in dieses VIX Peak dürfte der DOW Jones bald seinen temporären (!) Boden ausbilden können. Der Abwärtstrend, die Korrektur seit Oktober 2007 ausgehend von 14.700 Punkten ist im DOW Jones intakt, innerhalb dessen bzw. derer ist die Wahrscheinlichkeit für eine kurz- bis mittelfristige Erholung aber stark gestiegen.
Als tendenzielle Standortbestimmung ist der VIX Indikator sehr nützlich. Lassen Sie sich allerdings als neuer Nutzer nicht von der Darstellung zu sehr blenden. In der finalen Peakphase kann der DOW Jones kurzfristig nochmals deutlich nach unten wegrutschen.

Die Bankenkrise ist seit einigen Tagen in eine weitere heiße Phase übergangen.

Komplett oder partiell kommt es reihenweise zu Übernahmen im Finanzsektor. Bear Stearns ging an J.P. Morgan, die IKB ging an Lone Star, die Dresdner Bank an die Commerzbank, die Postbank an die Deutsche Bank, Merrill Lynch an die Bank of Amerika, die beiden Hypothekenbanken mit den zauberhaften Comicnamen gingen an den Staat, ebenso wie der Versicherer AIG. Morgan Stanley ist als Übernahmekandidat ebenso im Gerede wie Washington Mutual und HBOS.

Die Tatsache, dass sich das Gros all dieser Zusammenschlüsse und Übernahmen in einem engen Zeitfenster abspielt, zeigt auf, dass hinter den Kulissen der breiten Öffentlichkeit, dirigierende Kräfte am Werk sind. Normalerweise findet eine erhöhte Übernahmefrequenz im Bereich eines Marktbodens statt. Sie können davon ausgehen, dass die übernehmenden Bankinstitute ihre Konkurrenten nicht aus Nächstenliebe übernehmen, sondern weil sie sich deren Zwangslage zunutze machen. Wie Hyänen ziehen sie derzeit um das stark geschwächte Wild herum und machen Beute, wobei im vorliegenden Fall auch die Hyänen selbst nicht in bester Verfassung sind.

Vergleichbar mit einem "Selling climax"

Die erhöhte Übernahmeaktivität kann mit folgender Situation am Aktienmarkt verglichen werden. Anbei sehen Sie den Kursverlauf der Wells Fargo Aktie seit Oktober 2007. Im Zuge des Abverkaufs im Juni/Juli dieses Jahres stieg das Volumen mit den fallenden Kursen an. Wir Charttechniker nennen eine solche Situation einen "Ausverkauf" ("Selling Climax"). Stark fallende Kurse und gleichzeitig stark steigende Volumina zeigen eine verstärkte Marktaktivität an. Natürlich kommt auf jeden Käufer ein Verkäufer und umgekehrt, aber es ist klar, dass die Aktivität während des Kursverfalls stark zunimmt. In dieser Phase wechseln die Aktien von schwachen, zittrigen Händen in starke Hände.

Die Angebotsseite wird komplett ausgelöscht. Ein solcher Ausverkauf stellt demzufolge eine Marktbereinigung dar. Zumindest temporäre Böden können sich auf diese Weise bilden, was bei der Wells Fargo (wie Sie sehen) tatsächlich geschehen ist.

Massive staatliche Eingriffe = Schwerwiegende Krise ?

Die massiven staatlichen Eingriffe in den Kreislauf des Marktgeschehens sind ein gutes Indiz dafür, für wie gefährlich die staatlichen Behörden in den USA die Krisensituation einschätzen. Gerade die US-Amerikaner als die Verfechter freier Marktgesetze schlechthin, greifen massiv in den Markt ein. Sowas passiert nur, wenn die Hütte wirklich Feuer gefangen hat und lichterloh brennt.

Die Frage ist aber die, ob man den Amerikanern das Lösen einer solchen Lage zutraut oder nicht. Derzeit lesen sich viele Kommentare der Gestalt "Die Krise ist überbordent ... eine Lösung wird scheitern ... das System steht am Rande des Zusammenbruchs ..." Das ist aber normal. Bei fallenden Kursen wertet der Mensch als emotionales Wesen die fundamentale Lage eher als ausweglos. Wenn die Börsen ein paar Wochen ansteigen sollten, würde es mich nicht wundern, wenn sich wieder die Stimmen mehren, die die Krise als beendet erklären.

Können Sie sich an die erste Liste von 19 Bankaktien erinnern, auf die von der US Bankaufsicht SEC ungedeckte Leerverkäufe ("naked shorts") verboten wurden ? Darunter fanden sich zahlreiche Namen europäischer Bankhäuser. BNP Paribas, Barclays, HSBC Holdings, Royal Bank of Scotland, Credit Suisse, UBS, Deutsche Bank, Allianz und auch 2 japanische Institute, nämlich Mizuho Financial Group und Daiwa Securities. Wieso kümmert sich die SEC um nicht-amerikanische Bankaktien ? Vielleicht auch deswegen, weil alle großen Marktteilnehmer eingesehen hatten, dass alle in ein und demselben Boot sitzen ?

Herzliche Grüße,
Ihr Harald Weygand - Head of Trading bei GodmodeTrader.de

GodmodeTrader ist ein Service der BörseGo AG : http://www.boerse-go.ag/

LINK : GodmodeTrader.de - Wichtige Hinweise für Sie

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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