Kommentar
12:12 Uhr, 14.04.2022

Das sind die Energiekosten des Krieges

Kriege sind teuer, auch für jene, die nicht direkt beteiligt sind. Auf die EU kommt eine große Rechnung zu.

Es sieht nach einem langen Krieg aus und keiner weiß, was von der Ukraine am Ende noch übrig sein wird. Das menschliche Leid und die Zerstörung bürden der Ukraine ganz klar die höchsten Kosten auf.

Der Krieg macht an den Grenzen der Ukraine nicht Halt. Die Kosten sind allerdings ganz andere und nicht vergleichbar. Der Westen ist geeint wie selten zuvor. Man ist entschlossen, zu tun, was man kann. Dazu gehört vor allem die Aushöhlung der russischen Wirtschaft.

Einer anderen Wirtschaft zu schaden, kostet. Im Falle von Russland sind diese Kosten besonders hoch. Ein Viertel des Öls, welches die EU importiert, kommt aus Russland. Bei Gas sind es 40 % und bei Kohle sogar fast 50 % (Grafik 1). Obwohl Kohle den höchsten Anteil hat, ist Kohle selbst ein Auslaufmodell. Man kann am leichtesten darauf verzichten.

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Die Kohleimporte kosteten in der Vergangenheit ungefähr 4 Mrd. EUR. Da der Kohlepreis stark gestiegen ist, liegt der aktuelle Wert deutlich höher. Kohlepreise sind derzeit sehr dynamisch. Zeitweise lag der Wert der jährlich importierten Kohle bei 12 Mrd. EUR. Aktuell sind es wieder weniger als 10 Mrd. EUR.

Im Vergleich zu den Öl- und Gasimporten ist das ein geringer Betrag. Zudem lässt sich Kohle über den Seeweg relativ einfach aus anderen Ländern beschaffen. Bei Gas, welches vor allem über Pipelines geliefert wird, ist es nicht so einfach. Daher wird die EU russisches Gas auch als letztes sanktionieren, falls es überhaupt dazu kommt.

Öl dürfte als nächstes sanktioniert werden. Die Mengen, die noch aus Russland bezogen werden, sind inzwischen gering. Ganz verzichten kann man auf russisches Öl noch nicht. Sobald dieses Ziel jedoch greifbar ist, sind Sanktionen wahrscheinlich.

Woher auch immer die fossilen Brennstoffe kommen, sie sind teurer als zu Jahresbeginn. Der globale Markt ist unterversorgt. Bereits vor Kriegsbeginn war die Lage kritisch. Jetzt ist alles knapp und teurer. Die Lage entwickelt sich von Tag zu Tag und niemand kann vorhersagen, wie sich die Preise genau entwickeln werden.

Auf Basis der letzten Preise ergibt sich jedoch eine hohe Rechnung. In den vergangenen Jahren machten Ausgaben für fossile Brennstoffe in der EU ungefähr 2 % der Wirtschaftsleistung aus. In diesem Jahr ist mindestens von einer Verdopplung auszugehen. Der Energiepreisschock ist damit deutlich größer als alle anderen seit den 70er-Jahren (Grafik 2).

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Die USA sind weniger stark betroffen. Sie können ihren Energiebedarf grundsätzlich aus eigener Produktion decken. Dadurch steigen die Ausgaben für fossile Brennstoffe in Europa erstmals über die in den USA, obwohl die USA einen höheren Pro-Kopf-Verbrauch haben.

Für die EU ist der Preisschock wirklich ein Schock. Bleiben die Preise so, wie sie sind, liegen die Mehrkosten bei ungefähr 400 Mrd. EUR in diesem Jahr. Wird russisches Gas zukünftig durch Flüssiggasimporte ersetzt, entstehen dort permanent höhere Kosten. Am Ende könnte die Rechnung höher ausfallen als für die Bewältigung der Pandemie.

Der Energiepreisschock wäre geringer, wenn die Politik die Energiewende früher mit mehr Entschlossenheit angepackt hätte. Da das nicht der Fall war, kommt es zu einer ungünstigen Ausgangslage. Erneuerbare Energien liefern noch nicht genug, während in den vergangenen Jahren zu wenig in fossile Energien, vor allem deren Förderung, investiert wurde.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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