Kommentar
14:30 Uhr, 08.10.2007

Das ist 100% Populismus.

Vor einigen Tagen bin ich über einen interessanten Artikel gestolpert. Es ging um die Auswirkungen von chronisch schwachen Wechselkursen auf die jeweiligen Volkswirtschaften. Dabei stellte sich heraus: Waren die Ökonomien erst am Anfang ihrer Entwicklung, profitierten sie im erheblichen Maße von der Schwäche ihrer Währungen. Waren sie dagegen sehr weit entwickelt, war eher das Gegenteil der Fall. Das kann man auch gut begründen: Ökonomien im Anfangsstadium haben mit zahlreichen Wettbewerbsnachteilen zu kämpfen. Sie können eigentlich nichts besser als die anderen, ihr einziger Trumpf sind niedrige Kosten (komparativer Kostenvorteil). Dabei werden die relativ niedrigen Löhne durch die schwachen Devisenkurse noch verabsolutiert. Die Schwäche der Währung steht dabei der rapiden Entwicklung der Wirtschaft zunächst nicht im Weg.

Anders bei voll entwickelten Volkswirtschaften. Hier verleitet die Möglichkeit, die eigene Währung schwach zu halten dazu, sich zurückzulehnen und den Sozialstaat voll aufzudrehen. Beispiele dafür sind Frankreich und Italien. Deutschland dagegen führte zwar auch massiv den Sozialstaat ein, die starke D-Mark zwang aber die exportgetriebene Wirtschaft dazu, ständig besser zu werden, sprich produktiver.

Der Tag der deutschen Einheit brachte mich wieder zum Nachdenken: Hätte es damals die Möglichkeit gegeben, zwei deutsche Währungen beizubehalten – wäre dann der Angleichungsprozess wesentlich schneller vorangeschritten? Vermutlich ja – aber nur, wenn es keine simple Übersiedlungsmöglichkeit gegeben hätte. Unter den Bedingungen von zwei Währungen und einer Staatsbürgerschaft wäre die Aussiedlungswelle aus der ehemaligen DDR vermutlich noch dramatischer gewesen. Es gab also vermutlich keine andere realistische Möglichkeit – und als Ausgleich des Nachteiles der harten Währung wurde in das „Entwicklungsland“ DDR eine Unmenge harter DM und Euro gesteckt – bis heute…17 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es noch immer den Solidaritätszuschlags, welcher zwar nicht zweckgebunden ist, aber über den Solidarpakt dann doch in den Osten fließt ,der inzwischen auf 2/3 des Niveaus des Westens angekommen ist. Hier findet immer noch eine massive Fehlallokation von Kapital statt.

Innerdeutscher Themenwechsel: Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist auf einem Niveau angelangt, welches so niedrig ist wie ist seit der Vereinigung nicht mehr. Neben der erfreulichen Entwicklung der Weltwirtschaft ist das auch den Reformen unter Rot/Grün geschuldet. Umso trauriger, dass Schröders Parteifreunde, angeführt von SPD-Chef Beck, jetzt zurückrudern wollen. Das ist 100% Populismus. Das ist, wie wenn sie einem Alkoholiker die Flasche weggesperrt haben, und kaum geht es ihm ein bisschen besser lassen sie ihn daran nippen. Der Sozialstaat deutscher Prägung ist nicht mehr als eine ständige Benebelung der darunter liegenden Probleme. Ihn jetzt wieder stärker machen bedeutet, im nächsten Wirtschaftsabschwung wieder schlechter dazustehen als zuvor. Leider sind Politiker so wenig lernfähig wie Schwerstalkoholiker.

Daniel Kühn - Chefredakteur ForexReport.de

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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